zum Hauptinhalt

Gesundheit: Es gibt keine Eliteuniversitäten

Von George Turner, Wissenschaftssenator a. D.

Etwa dreißig Jahre ist es her, dass die ersten Ranglisten deutscher Universitäten auftauchten. Das waren reichlich hilflose Versuche, in der Regel nach nur einem Kriterium (zum Beispiel Zitationsindex, Anzahl ausländischer Gastwissenschaftler) eine Rangfolge zu bestimmen. Mit der Zeit merkte man, dass nur fachliche Bereiche und nicht ganze Institutionen miteinander verglichen werden können. Auch Versuche, mehrere erhobene Kriterien zu gewichten und dann ein Gesamtergebnis zu finden, scheiterten. Wie will man eine schlechte Bibliotheksausstattung und überfüllte Hörsäle, d. h. schlechte Studienbedingungen, mit einem hohen Ansehen der wissenschaftlichen Leistung der Professoren zueinander in Beziehung setzen?

Erhobene Daten können für konkrete Fragestellungen (zum Beispiel Ausstattung sächlicher und finanzieller Art, wissenschaftliche Auszeichnungen und Preise, Forschungsprojekte, Drittmittel, Stipendien, Ansehen der Fakultät, Akzeptanz der Absolventen) durchaus von Bedeutung sein. Die Bildung eines Gesamturteils durch Gewichtung und Verrechnung hat sich als seriös nicht machbar herausgestellt.

Das hat auch das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) nach anfänglichen Irrwegen erkannt. Das von ihm in Zusammenarbeit mit der „Zeit“ entwickelte System der getrennt erfassten Daten ergibt Ranglisten innerhalb der konkreten Fragestellungen, also etwa welche Fachbibliothek am besten ausgestattet ist oder wo die Studiendauer besonders kurz ist usw. Der Vergleich zeigt dann, dass Fakultäten an ganz unterschiedlichen Hochschulen die Nase vorn haben. An manchen Universitäten sind es mehr als an anderen. Niemals aber ergibt sich daraus, dass eine bestimmte Zahl von erstklassigen Universitäten als Ganze existiert.

Die Exzellenzinitiative mit dem Ziel, „bis zu zehn“ Universitäten als Spitzeneinrichtungen zu deklarieren, tut aber so, als seien Gesamturteile möglich. Dabei konnte den Auserwählten bisher nur bescheinigt werden, dass sie „die zeitgeistschlüpfrigsten Bewerbungsanträge zu formulieren vermochten“, wie Hubert Markl, früherer Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft, es treffend formuliert hat. Im Grunde können das CHE und die „Zeit“ ihre wertvolle Arbeit einstellen, wenn sie so demonstrativ negiert wird. Schade drum.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-mail schicken: g.turner@tagesspiegel.de

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false