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Gesundheit: Fachhochschüler: Promotion mit Untiefen

Der Weg zum Doktorhut ist für Fachhochschul-Absolventen steinig: Die Suche nach Doktormutter oder -vater gleicht der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Und an vielen Unis müssen die Fachhochschüler einen ganzen Katalog von zusätzlichen Leistungen abarbeiten.

Der Weg zum Doktorhut ist für Fachhochschul-Absolventen steinig: Die Suche nach Doktormutter oder -vater gleicht der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Und an vielen Unis müssen die Fachhochschüler einen ganzen Katalog von zusätzlichen Leistungen abarbeiten. "Für FH-Absolventen ist es nach wie vor schwierig zu promovieren", resümiert Ansgar Keller von der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW). Der Leiter des "Steinbeis-Transferzentrums" an der FHTW hat eine 140-seitige Studie zum Thema "Promotionsmöglichkeiten von Fachhochschul-Absolventen" verfasst. Er untersuchte die Promotionsbedingungen an 115 Fachbereichen und Fakultäten von 50 Universitäten in Deutschland.

Es stellte sich heraus, dass die Fachhochschul-Absolventen im Osten Deutschlands auf überdurchschnittlich gute Zugangsbedingungen stoßen. Unter den fünf Unis, die am häufigsten Fachhochschüler aufnehmen, finden sich drei ostdeutsche Hochschulen. Auf Platz Eins rangiert die Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg. Keller führt diese Tatsache auf den "frischen Wind" zurück, der hier nach der Wende eingezogen ist. Die Humboldt-Universität liegt auf dem siebenten Platz, gefolgt von der Technischen Universität Berlin. Die Freie Universität findet sich mit dem 14. Platz noch im vorderen Mittelfeld. Die Zugangsmöglichkeiten variieren stark von Universität zu Universität.

Vier Semester Vorlauf

In der Regel gilt, dass ein FH-Diplom mit dem Prädikat "sehr gut" abgeschlossen sein sollte. Außerdem muss der oder die Promotionswillige in der Regel zusätzliche Prüfungen in verschiedenen Fächern absolvieren oder andere Studienleistungen erbringen, die Teil der Diplomprüfung sind. Keller berichtet, dass einzelne Promotionsordnungen auch ein zeitliches Limit für diese zusätzlichen Leistungen setzen. An einigen Universitäten wird nicht nur eine bestimmte Anzahl zusätzlicher Leistungsnachweise gefordert, sondern auch deren Abschluss mit einer Mindestnote von 2,4 und besser. Drei bis vier Semester können so ins Land gehen, bevor das Promotionsverfahren beginnt.

Ein weiteres Problem ist die Suche nach einem Doktorvater oder einer Doktormutter. Davon kann Petra Hülsmann ein Lied singen: Die Absolventin der Wirtschaftswissenschaften an der Fachhochschule Dortmund machte sich 1998 auf die Suche nach einem Betreuer. Zu 30 Professoren nahm sie Kontakt auf, schrieb insgesamt fünf Exposés zu unterschiedlichen Themen. Schließlich war ihre Suche von Erfolg gekrönt: Seit vorigem Jahr hat sie die Zusage eines Professors, sie zu betreuen und ist an der Fakultät Gesundheitswissenschaften der Uni Bielefeld eingeschrieben. Dort absolviert sie derzeit die promotionsvorbereitenden Studien. Ihre Erfahrungen nutzt Petra Hülsmann als Leiterin der Arbeitsgruppe FH-Promotion im Doktoranden-Netzwerk "Thesis". In dieser Funktion berät sie promotionswillige FH-Absolventen. Neben Informationen im Internet bietet das Netzwerk eine eigene Im Rahmen des Netzwerkes tauschen sich die Mitglieder aus und geben Informationen weiter.

Wie leicht der Promotionswunsch an der erfolglosen Suche nach einem Betreuer scheitern kann, zeigt das Beispiel des Diplom-Betriebswirts Elmar Holschbach. Mit einem Notendurchschnitt von 1,6 war er der Jahrgangsbeste der Fachhochschule der Wirtschaft in Paderborn. Insgesamt schickte er sein Exposé an 25 Universitäten. Doch einen gegeigneten Doktorvater fand er nicht. Oft hörte er die Antwort, der betreffende Hochschullehrer sei überlastet. Doch ihm wurde auch gesagt: "FH-Absolventen genügen unseren Ansprüchen an theoretisches Fachwissen nicht." Der 27-Jährige hat seinen Promotionswunsch inzwischen ad acta gelegt.

Trotz all dieser Probleme entschließen sich immer mehr FH-Absolventen zur Promotion. Dies geht aus zwei Umfragen der Hochschulrektorenkonferenz hervor. Während zwischen 1996 und 1997 lediglich 423 Anträge auf Promotion von FH-Absolventen im gesamten Bundesgebiet gestellt wurden, hat sich die Zahl in den Jahren 1999 und 2000 mit 873 mehr als verdoppelt. Wurden bei der ersten Umfrage nur 16 Promotionen erfolgreich abgeschlossen, so stieg ihre Zahl während der zweiten Umfrage auf 109. Im Jahr 1996/97 wurden 98 Anträge abgelehnt, im Jahr 1999/2000 waren es 200.

In der Umfrage von 1999/2000 zeigt sich, dass die meisten Promotionsanträge von Ingenieuren und Technikern gestellt werden. Ihre Zahl lag bei 277, also bei knapp einem Drittel. Im Bereich der Sprach- und Kulturwissenschaften wurden 189 Anträge gestellt (21,6 Prozent). Überdurchschnittlich viele Anträge gab es laut der Umfrage im Osten Deutschlands. Die Hochschule mit den meisten Anträgen - nämlich 95 - ist die TU Dresden. Bei der FU lagen in der gleichen Zeit zehn Anträge vor, bei der TU Berlin zwölf.

Selbsthilfe

Unterdessen bemühen sich immer mehr Fachhochschulen, ihren Absolventen bei der Promotion unter die Arme zu greifen. Die Alice-Salomon-Fachhochschule (ASFH) für Sozialpädagogik in Berlin bietet gleich in doppelter Hinsicht Hilfe an. Zum einen ist an der ASFH jetzt die Broschüre "Fachhochschul-AbsolventInnen promovieren! Ein Leitfaden für SozialarbeiterInnen und PflegewirtInnen" erschienen. Sie gibt Tipps von der Zulassung bis zur finanziellen Förderung. Zum anderen bietet die Fachhochschule mit dem Alice-Salomon-Stipendienprogramm eine spezifische Förderung für FH-Absolventinnen, die Sozialarbeit, Sozialpädagogik oder Pflegewissenschaft studiert haben und promovieren wollen. Daneben offeriert die ASFH mit Workshops und Seminaren ein Begleitprogramm, in dem die Forschungsvorhaben der Stipendiatinnen unterstützt werden. Zurzeit werden acht Stipendiatinnen gefördert.

An der Dortmunder Fachhochschule wurde Anfang dieses Jahres das "Doktoranden Competence Center" (DCC) für Nordrhein-Westfalen gegründet. Dort sollen künftig einschlägige Informationen über Promotionsmöglichkeiten für FH-Absolventen gesammelt werden. Neben der Datenbasis soll ein Pool von Fachleuten entstehen. Die verschiedensten Kontakte der Hochschullehrer und Promovierenden sollen sich zu einem Netzwerk verbinden, um so dem Promotionswilligen bei der Suche nach der für ihn passenden Uni oder nach einem aufgeschlossenen Doktorvater zu helfen. Doch DCC-Gründer Ralf Brickau warnt vor zu hohen Erwartungen: "Wir können nicht alle Probleme lösen."

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