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Gesundheit: Falsche Propheten an der Börse

„Ich bin Börsenhändler. Ich investiere das Geld anderer Leute“, lässt Woody Allen einen seiner Charaktere erklären.

„Ich bin Börsenhändler. Ich investiere das Geld anderer Leute“, lässt Woody Allen einen seiner Charaktere erklären. „Bis es weg ist.“ Auch die Wissenschaft stellt den Experten, die uns beim Reichwerden helfen sollen, ein Armutszeugnis aus: Im Experiment machten Börsenprofis schlechtere Voraussagen über Aktienkurse als Laien – und legten eine erhebliche Selbstüberschätzung an den Tag.

Stellt man die Prognosen von Börsenprofis in Versuchen auf die Probe, kommen immer wieder Trefferquoten auf Zufallsniveau ans Tageslicht. Die beiden Stockholmer Psychologen Gustaf Törngren und Henry Montgomery haben nun zum ersten Mal die Kursvorhersagen der Experten gegen die von Laien ins Rennen geschickt („Journal of Behavioral Finance“, Band 5, Seite 148).

43 Börsenprofis (Fondsverwalter, Analysten, Berater) und 56 Nichtkundige erhielten die Aufgabe, für den Verlauf eines Monats die Kursentwicklung von 20 Wertpapieren vorherzusagen. Außerdem sollten sie eine Prognose abgeben, welche von zwei vorgestellten Aktien in diesem Zeitraum ein besseres Ergebnis erzielen würde. Schließlich machten Profis und Laien Angaben darüber, für wie treffsicher sie ihre eigenen und die Vorhersagen der Gegengruppe hielten.

Wie die Ergebnisse zeigen, machten die Börsianer ihrer Zunft auch diesmal keine Ehre. Sie lagen mit ihren Spekulationen weiter daneben als die Laien, die zumindest ein Ergebnis auf Zufallsniveau verbuchen konnten. So tippten die Amateure in 50 Prozent ihrer Wetten korrekt auf den Gewinner unter zwei Aktien, während die Experten mit 40 Prozent Treffern schlechter abschnitten, als sie es durch pures Würfeln getan hätten. Die Profis hoben sich allerdings von den Laien durch ein höheres Maß an Selbstüberschätzung ab. Beide Gruppen litten unter einem ungerechtfertigten Vertrauen in ihre Prognosen, aber die Experten hatten noch größere Rosinen im Kopf. Sie waren zum Beispiel überzeugt, 67 Prozent ihrer Wetten zu gewinnen, während sich die Laien „nur“ eine Trefferquote von 59 Prozent ausrechneten. Übrigens hingen auch die Laien dem Irrglauben an, dass die Profis viel bessere Propheten seien als sie selbst.

„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Profis gegenüber Laien keinerlei Vorteile genießen“, schließen die Forscher aus ihren Daten. „Der Nutzen von Erfahrung und Wissen, über den die Experten ja angeblich verfügen, wird offensichtlich überschätzt.“ Falsches Vertrauen in das eigene Wissen ist vermutlich der wichtigste Grund für Fehlspekulationen, deuten die Aussagen der Profis an. Sie gaben an, sich bei ihren Voraussagen hauptsächlich auf ihr Fachwissen zu verlassen, während die Laien offen zugaben, zu raten. Experten wiegen sich nach den Befunden der Forschung oft in falscher Sicherheit, wenn sie mehr Information erhalten, selbst wenn diese keinen Zuwachs an brauchbaren Kenntnissen enthält. Bissiges Fazit der Autoren: „Sogar ein Schimpanse hätte die Profis bei dieser Studie schlagen können.“

Rolf Degen

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