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Gesundheit: Fortpflanzungsmedizin: "Ich fordere die Gleichstellung der Gameten"

Die Zeit scheint ihnen reif: Nach zehn Jahren Erfahrung mit dem ersten deutschen Embryonenschutzgesetz fordern Mediziner nun eine Überarbeitung der Bestimmungen. Die Berliner Wissenschaftliche Gesellschaft organisierte daher für Mittwoch eine Podiumsdiskussion zum Thema "Fortpflanzungsmedizin - aktuelle Entwicklungen und Kontroversen".

Die Zeit scheint ihnen reif: Nach zehn Jahren Erfahrung mit dem ersten deutschen Embryonenschutzgesetz fordern Mediziner nun eine Überarbeitung der Bestimmungen. Die Berliner Wissenschaftliche Gesellschaft organisierte daher für Mittwoch eine Podiumsdiskussion zum Thema "Fortpflanzungsmedizin - aktuelle Entwicklungen und Kontroversen". Neben möglichen Gesetzesänderungen standen der Umgang mit der Prämiplantationsdiagnostik (PID) und die Chancen und Probleme der embryonalen Stammzellentransplantation im Mittelpunkt der Veranstaltung.

Heribert Kentenich, Chefarzt an den DRK-Kliniken (Deutsches Rotes Kreuz) Berlin, stellte in dem randvollen Hörsaal der Kaiserin-Friedrich-Stiftung in Berlin verschiedene Vorschläge für eine Gesetzesänderung zur Diskussion. Der Gynäkologe forderte unter anderem eine "Gleichstellung der Gameten" in Deutschland. Bei einer künstlichen Befruchtung ist hier zu Lande bisher nur die Samenspende erlaubt. Das Spenden von Eizellen ist dagegen in Deutschland verboten. Frauen, deren Eileiter beispielsweise operativ entfernt wurden, müssen daher für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) ins Ausland fahren. "Es gibt aber keinen Grund für eine unterschiedliche gesetzliche Behandlung von Samen und Eizellen", sagte Kentenich und befürwortete daher zusammen mit Michael Ludwig, Oberarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität Lübeck, eine Legalisierung der Eizellspende.

Kentenich kritisierte außerdem, dass die Behandlung lesbischer Paare gegenwärtig nicht gesetzlich geregelt ist. Dies geschehe in Deutschland "hinter vorgehaltener Hand". Ein neues Fortpflanzungmedizingesetz sollte daher diese Behandlungsmöglichkeit einschließen. In diesem Punkt meldete Christiane Woopen vom Institut für Geschichte und Ethik in der Medizin der Universität Köln Bedenken an. Bisher sei die IVF nur als eine Ersatztechnik für Paare betrachtet worden, die aufgrund krankhafter Veränderungen keine Kinder bekommen können. "Bei gleichgeschlechtlichen Paaren handelt es sich aber nicht um eine Substitution, sondern um eine additive Lifestyle Technologie", sagte sie. Hier werde eine Grenze überschritten und man müsse überlegen, wie dann in anderen Grenzbereichen künftig argumentiert werden solle.

Als weitere Änderung wünschte Kentenich die Freigabe der Selektionsmöglichkeiten für Embryonen. Hätten die Ärzte die Chance besonders geeignete Embryonen für eine IVF auszuwählen, könnte dadurch die Erfolgsrate erhöht und das Risiko von Mehrlingsgeburten gesenkt werden. Auch die PID schaffe bessere Voraussetzungen für eine erfolgreiche künstliche Befruchtung. "Aufgrund empirischer Daten anderer Länder gehen wir davon aus, dass die Erfolgsrate von gegenwärtig etwa 20 Prozent auf 50 Prozent erhöht werden könnte", sagte Karl Sperling, Leiter des Institut für Humangenetik der Humboldt Universität Berlin.

Manuela Röver

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