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Gesundheit: Gespalten und gerettet

In der Berliner Staatsbibliothek: Bachs restaurierte Notenschriften

„Der Zersetzungsprozess ist gestoppt. Die Bach-Handschriften sind für die kommenden Generationenen gerettet.“ Stolz präsentiert der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Klaus-Dieter Lehmann gestern die Rettungsaktion aus dem Geiste bürgerlichen Engagements, die dieses kleine Wunder möglich machte. Die Autographen von Johann Sebastian Bach in der Staatsbibliothek zu Berlin bilden eine der bedeutendsten Sammlungen des musikalischen Weltkulturerbes. Sie umfasst etwa 80 Prozent der erhaltenen Notenhandschriften von Bach, darunter die Originalblätter zu den großen zyklischen Werken. Ein Glanzstück der Staatsbibliothek – und zugleich eine schwere Last. Denn die Bach-Autographen waren vom Tintenfraß schwer angegriffen und dem Untergang geweiht.

Schon seit den 1920er-Jahren wird um die Erhaltung des Bestandes gerungen. Aber erst nachdem in den 80er-Jahren die chemische Ursache des Tintenfraßes entdeckt wurde, war es möglich, sich intensiver um eine geeignete Restaurierungsmethode zu bemühen. In Frage kommt nach Auffassung der Experten für eine solide Restaurierung nur das neu entwickelte Verfahren der Papierspaltung. Dabei wird das Originalblatt in Vorder- und Rückseite gespalten und ein hauchdünnes Papier als neuer Kern eingelegt. Eine aufwändige Prozedur, die rund 350 Euro pro Blatt kostet.

Für die Restaurierung des Bach-Nachlasses war der Betrag von 1,8 Millionen Euro aufzubringen. Eine Summe, die den laufenden Etat der Staatsbibliothek gesprengt hätte und für die die Stiftung Preußischer Kulturbesitz auch keine zusätzlichen Mittel freimachen konnte.

Der Verein der Freunde der Staatsbibliothek rief daher im November 1999 das „Bach-Patronat“ ins Leben, um die nötigen Mittel für die Restaurierung als Spenden einzuwerben. Eine Handvoll Firmen, Stiftungen und Großspender sowie rund 1100 Bach-Liebhaber aus aller Welt brachten seitdem fast 2 Millionen Euro auf, um die Rettung der Bach-Autographen zu finanzieren.

3579 schwer geschädigte Blätter der von Bach handgeschriebenen Kompositionen wurden in den vergangenen vier Jahren von eigens ausgebildeten Restauratorinnen dem Papierspaltungsverfahren unterzogen. In der Staatsbibliothek, Haus Unter den Linden, wurde zu diesem Zweck mit 2,5 Millionen Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eine speziell ausgerüstete Restaurierungswerkstatt eingerichtet.

Damit Spender und Bach-Freunde sich ein Bild vom Erfolg der Restaurierung machen können, stellt die Staatsbibliothek jetzt einige der Autographen in einer Sonderausstellung vor. Zu den Exponaten gehören Originalblätter der Matthäus-Passion, der Johannes-Passion sowie des Weihnachtsoratoriums. Eine Bild- und Textdokumentation erläutert das Spaltverfahren. Am Abend sollte die Ausstellung mit einem Festakt im Beisein von Bundespräsident Johannes Rau eröffnet werden.

Herz und Mund und Tat und Leben. Die Restaurierung der Autographen von Johann Sebastian Bach, 1. bis 4. April, Staatsbibliothek, Potsdamer Str. 33, 11 bis 18 Uhr .

Gerwin Klinger

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