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Joggerin

© Thilo Rückeis

Gesundheit: Außen dünn, innen dick

Fett, das sich im Körper ansammelt, kann ein Gesundheitsrisiko sein – auch für Schlanke. Denn diese bemerken die Fettschichten oftmals gar nicht. Forscher sprechen in diesem Fall von einer "Zeitbombe".

Angeblich zählt in unserer jugendverliebten und mediengeprägten Zeit nur das Äußere. Wer schlank ist, macht eine gute Figur und lebt dazu noch gesund. Wirklich? Ein Forscherteam aus London mahnt jetzt den Blick nach innen an. Und entlarvt unter den äußerlich Schlanken einige „falsche Dünne“. „Menschen können schlank und gesund aussehen, obwohl ihre inneren Organe von Fett umgeben sind. Sie tragen dann eine Zeitbombe mit sich“, mahnt Jimmy Bell vom Imperial College in London.

Sein Mitarbeiter John McCarthy erläuterte jetzt bei einer Konferenz von Nachwuchs-Medizinern in Berlin (siehe Kasten), wie das gemeint ist. Und schockte damit seine jung und gesund aussehenden Zuhörer, die mehrheitlich nicht zur wachsenden Gruppe der Übergewichtigen zählten.

Doch wer von ihnen kann ausschließen, ein „TOFI“ zu sein? Bell und McCarthy haben diesen neuen Typ des Fettleibigen mit der Tarnkappe entdeckt: „Thin outside, fat inside“ (außen dünn, innen fett), oder kurz TOFI. Sie haben im Londoner Hammersmith Hospital Freiwillige im Magnetresonanz-Tomographen (MRT) untersucht und dabei Männer und Frauen ausfindig gemacht, die wenig oder zumindest nicht auffallend viel Unterhautfettgewebe haben, um deren innere Organe sich aber mehrere Liter Fett angelagert haben. Dieses viszerale (um die Eingeweide angelagerte) Fett ist besonders stoffwechselaktiv und gilt als Risikofaktor für Diabetes, hohen Blutdruck und damit auch Herz-Kreislaufleiden.

Schon länger mahnen Mediziner, das Gewicht sei nicht das Maß aller Dinge, der Body Mass Index (Gewicht geteilt durch Größe in Zentimetern im Quadrat) ein zu grobes Raster. Beim Bodybuilder ist er mit großer Wahrscheinlichkeit höher als beim leicht übergewichtigen Couch Potatoe. Trotzdem lebt der Sportler gesünder. Und man weiß umgekehrt, dass Menschen mit einer Lipodystrophie ein deutlich erhöhtes Diabetes-Risiko haben. Menschen also, die unter einer Fettverteilungsstörung leiden, die dafür sorgt, dass Fett nur in viszeraler Form gespeichert wird. Diese Veränderung tritt häufig im Zuge einer Behandlung von HIV mit Medikamenten auf, die die Retroviren in Schach halten sollen.

„Bei gleichem Gewicht tragen Menschen ganz unterschiedlich große Gesundheitsrisiken“, sagt McCarthy. Auch digitale Präzisionswaagen sind also in gesundheitlicher Hinsicht ungenaue Messinstrumente. Ein „Birnentyp“ zu sein, der das Fett eher an Po, Hüfte und Oberschenkel ansammelt, gilt als gesünder als zu den „Äpfeln“ mit der stärkeren Körpermitte Gehörende. Mehr als 102 Zentimeter Taillenumfang sei für Männer, mehr als 88 für Frauen bedenklich, sagen inzwischen die einschlägigen Fachgesellschaften.

Die Briten finden auch das Bandmaß als Werkzeug noch zu ungenau. Denn nicht immer macht sich die Fettanlagerung im Inneren in einem stattlichen Bauchumfang bemerkbar. Die Forscher haben zum Beispiel ein untergewichtiges Model in ihren Scanner gesteckt, das weit mehr Fett rund um die inneren Organe herum angelagert hatte, als eine Athletin mit einem deutlich höheren BMI.

Spätestens hier zeigt sich, dass Bell und McCarthy keineswegs unerbittliche Magerkost-Propagandisten sind. Im Gegenteil: Sie setzen nicht auf Diät, sondern auf Bewegung. Ein Extrembeispiel dafür, was die bringen kann, sind Sumo-Ringer. Sie haben einen deutlich erhöhten Body Mass Index, aber sie haben selten Diabetes, weil bei ihnen der Körper seine Empfindlichkeit für das Insulin behält. In einer Studie konnten die Briten zeigen, dass ein leichtes Fitnesstraining, dreimal in der Woche für eine Stunde angesetzt, das innere Fett deutlich dezimiert. Die hohe Stoffwechselaktivität des viszeralen Fettgewebes hat nämlich auch Vorteile: Man kann es relativ gut und schnell loswerden.  

Adelheid Müller-Lissner

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