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Gesundheit: Gleich zu Beginn ins Leichenschauhaus

Wahrheiten aus der Flimmerkiste: Kriminalkommissare sind rechtschaffen bis auf die Knochen.Sie werden von Terminen, Vorgesetzten und Verbrechern gehetzt.

Wahrheiten aus der Flimmerkiste: Kriminalkommissare sind rechtschaffen bis auf die Knochen.Sie werden von Terminen, Vorgesetzten und Verbrechern gehetzt.Tag und Nacht im Einsatz trinken sie unentwegt Kaffee, rauchen wie die Schlote oder lecken überzuckerte Lollies.Was bleibt, sind Frust, Tränensäcke, Magengeschwüre, Diabetes und der Griff zur Wumme.

"Wer sich für diesen Beruf entscheidet, nur weil er Krimis toll findet, hat kaum eine Chance", erzählt Helmut Janker.Er ist Strafrechtler und Chef der Ausbildung zum Polizeivollzugsdienst an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (FHVR) in Alt-Friedrichsfelde."Dieser Beruf bringt große Belastungen mit sich.Denken Sie nur an Kindesmißhandlungen.Ohne Idealismus sind Enttäuschung und Unzufriedenheit vorprogrammiert." Helmut Janker und seine Kollegen haben rund 1200 Studenten unter ihren Fittichen.In der Fachhochschule erhalten sie ihr theoretisches Rüstzeug für den gehobenen Dienst bei der Kripo.Das Studium dauert sechs Semester, die Studenten sind Polizeibeamte auf Widerruf.

Früher saß die FHVR im Kudamm-Karree, 1994 bezog sie die Gebäude der früheren Bezirksverwaltung des Minsteriums für Staatssicherheit in Alt-Friedrichsfelde.Hinter der drohenden Trutzburg geht es tatsächlich zu wie an jeder anderen Hochschule, von Uniformen oder steifen Anzügen keine Spur.Sechs Semester sind nicht viel Zeit, um zu lernen, was notwendig ist: Jede Menge Technik, Gerichtsmedizin, Verhaltenstrainings, Psychologie und natürlich das Fach selbst - die Kriminologie, die Lehre vom Aufspüren des Täters.Bis 1995 standen auch Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaft auf dem Studienplan."Aber das haben wir herausgenommen, dafür bilden wir verstärkt im Recht aus", erläutert Verwaltungsleiterin Marion Sklarek.

Zwei Semester sind für Praktika reserviert.Zum Studium in den Räumen der FHVR kommen noch Schießübungen und Polizeisport.Der Führerschein wird bei der Auswahl der Anwärter vorausgesetzt oder kann im ersten Semester gemacht werden, zu marktüblichen Preisen."Im ersten Semester besuchen wir auch ein Leichenschauhaus und lassen Obduktionen vornehmen", berichtet Marion Sklarek."Zum praktischen Teil gehört ebenso die Funkausbildung." Gelehrt wird in Seminaren und Projekten, Anwesenheit ist Pflicht.Die Prüfungen nehmen die Senatsverwaltung für Inneres und die FHVR gemeinsam ab.Am Ende steht der Abschluß als Diplomverwaltungswirt (FH).

Noch übernimmt die Berliner Polizei alle Absolventen.Bei Studenten der allgemeinen Verwaltung, der Rechtspflege und bei Steuerbeamten gilt diese Garantie schon lange nicht mehr."Wir suchen uns die Leute genau aus", erklärt Jürgen Wieworra, Sachgebietsleiter im Einstellungsreferat des Polizeipräsidiums.Die Eignungsprüfung besteht aus mehreren Teilen.Zu Beginn müssen die Interessenten ein Diktat schreiben, das ihre schriftlichen Fähigkeiten beweisen soll.Dann folgen ein Intelligenztest sowie einhundert Fragen zum staatbürgerkundlichen Wissen.60 davon müssen richtig beantwortet werden.Anschließend hören die Bewerber einen Text, den sie inhaltlich wiedergeben sollen, Steno ist nicht erlaubt.Dann wird gehechelt: 2000-Meter-Lauf nach Zeit.Die männlichen Bewerber dürfen nicht kleiner als 1,65 Meter sein, bei Frauen liegt das Limit bei 1,60 Metern.

Für das kommende Herbstsemester liegen bereits über 1000 Bewerbungen vor, darunter erstmals mehr als die Hälfte von Frauen.Nur etwa 30 Leute werden angenommen."Haben die Bewerber unsere Tests bestanden, folgen noch die polizeiärztliche Tauglichkeitsuntersuchung und die Überprüfung des Leumunds", so Jürgen Wieworra."Mit Bewerbern aus Berlin und dem Umland führen wir Informationsgespräche."

An der FHVR treffen sich junge Leute aus allen Bundesländern.Auch Wieworra weist daraufhin, daß Illusionen über den Job fehl am Platze sind: "Da kriegt man sehr viel soziales Elend mit.Und Dank bekommt man auch nicht" Brauchen Einsteiger für das Studium das Abitur, so können die sogenannten Aufstiegsbeamten der Schutzpolizei nach zehn bis fünfzehn Jahren aus dem mittleren Dienst in die höhere Laufbahn wechseln.Sie stellen etwa zehn Prozent der Studenten, in ihrem Studienplan sind Praktika nicht vorgesehen.Nach dem Studium und der entsprechenden Berufserfahrung steht den Absolventen auch das Tor zum höheren Dienst offen: ein Lehrgang an der Polizeiführungsakademie in Münster.

Der Berliner Polizeidienst befindet seit einigen Jahren im Umbau.Seit 1995 wird für die Schutzpolizei der mittlere Dienst weitestgehend eingeschränkt, die ehemalige Landespolizeischule Spandau ging teilweise an die FHVR über.Die Kripo kennt schon seit 1974 nur noch gehobene oder höhere Beamte.Die uniformierten Schupos übernehmen mehr und mehr Aufgaben der Kripo, die sich stärker auf die Fälle und die Fahndungen konzentrieren soll.Deshalb studieren die künftigen Schutzpolizisten und Kriminalbeamten das erste Semester gemeinsam.Seit 1974 hat die FHVR 3830 Beamte des gehobenen Dienstes bei der Kripo ausgebildet.

Informationen zum Studium der Kriminalistik erteilt die Allgemeine Studienberatung der FHVR unter 5161 - 4101.FHVR-Campus, Raum 1.204,6, Alt-Friedrichsfelde 60, 10315 Berlin.

HEIKO SCHWARZBURGER

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