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Gesundheit: Green Card: "Deutschland ist ebenso einladend wie die USA"

"Endlich ist die Entscheidung gefallen. Die deutsche Industrie muss jetzt nur noch klar sagen, welche Fachkräfte verlangt werden", sagt Hari Saraff von der englischen Softwarefirma Mabledon Solutions.

"Endlich ist die Entscheidung gefallen. Die deutsche Industrie muss jetzt nur noch klar sagen, welche Fachkräfte verlangt werden", sagt Hari Saraff von der englischen Softwarefirma Mabledon Solutions. Der Computerfachmann aus Indien ist erleichtert. Die deutsche "Green-Card"-Regelung ist beschlossene Sache, und er gehört zur informellen "Vorhut" der zunächst 10.000 ausländischen IT-Fachkräfte, die die Bundesregierung ins Land holen will.

Denn zur selben Zeit, als das Kabinett die von der CDU kritisierte Regelung beschloss, wurde nicht weit entfernt vom Regierungsviertel deren Umsetzung schon praktiziert: im Rahmen einer Konferenz. Im Berliner Institut für Software- und Systemtechnik (ISST) der Fraunhofer-Gesellschaft gingen am Mittwoch rund 50 indische und deutsche IT-Fachleute auf Tuchfühlung.

Die Diskussion werde zu eingleisig geführt, hatte das Institut erkannt. Nur die deutsche Perspektive der Möglichkeiten und Rahmenbedingungen sei bislang dargestellt worden. "Inder haben jedoch eine indische Sicht." Und die müsse einem deutschen Fachpublikum erst einmal vermittelt werden.

Indische Wissenschaftler und Branchenkenner skizzierten im sechsten Stock des Fraunhofer-Komplexes in Mitte ein Bild des IT-Arbeitsmarktes auf dem Subkontinent, seiner Perspektiven und der möglichen Synergieeffekte auf Europa, "den größten Nachfragemarkt für IT-Dienstleistungen und Produkte." Von dem wollen auch die Inder profitieren. Wer Wissen über den deutschen Markt erwirbt, öffnet diesem auch in seinem Heimatland die Türen. Indien wiederum könne sich nur an der IT-Weltspitze behaupten, wenn es im europäischen Markt Fuß fasse, resümiert das Fraunhofer Institut die positive Wechselwirkung.

Und auch Deutschland "braucht das Know-how aus dem Ausland, um bei den Veränderungen an der Spitze mit marschieren zu können", sagte Herbert Weber, der Leiter des ISST. Weber begrüßte die Greencard-Regelung, die am 1. August in Kraft tritt, denn auch als wichtigen Schritt: "Der branchenübliche Austausch der Fachleute ging bislang an Deutschland vorbei." Nun müssten die Infrastrukturen zur Akquise der Fachkräfte schnell geschaffen werden.

Drehscheibe Berlin

Das Institut in Berlin will dabei als Drehscheibe fungieren: Interessierte deutsche Unternehmen sollen angesprochen und indische Spezialisten nach Deutschland vermittelt werden, sobald die im Kabinett verabschiedete Regelung für die Green Card in Kraft getreten ist. Auf der ISST-Website können sich bereits ab dem 15. Juni sowohl indische Bewerber als auch deutsche Unternehmen melden, die an Fachkräften aus Indien interessiert sind. Und in Indien betreibt das Fraunhofer Institut ein vorbereitendes Studienprogramm für indische IT-Experten, schult und examiniert die Kandidaten, die anschließend einheitliche Zertifikate erhalten, "anhand derer den möglichen deutschen Arbeitgebern die Beurteilung der Bewerber erleichtert wird."

Dabei arbeitet man mit indischen Institutionen zusammen, etwa dem "Institut für soziale Sicherung und Management" in Kalkutta, einer mit dem ISST vergleichbaren indischen Einrichtung. Diese ist Anlaufpunkt für Green-Card-Aspiranten. "Auch in Indien", sagt ihr Direktor Ashoke Dutta, "hat die Regierung lange Zeit zu sehr auf traditionelle Industrien gesetzt. Jetzt haben wir den politischen Spielraum, den wir brauchen."

"Cyber-Law"

Mit einem im Mai erlassenen "Cyber-Law" genannten Gesetz zur Informationstechnologie sei auch dort "eine weitere Grundlage für den IT-Boom geschaffen" worden - mit fünfzigprozentigen Wachstumsraten und einem Software-Exportvolumen von derzeit zwei ein halb Milliarden US-Dollar. Indien verfüge über 4,1 Millionen IT-Experten, zu denen sich jährlich rund 200 000 Studienabsolventen hinzugesellen. Geradezu winzig mutet daher die Zahl der indischen Experten an, die sich bislang bei der deutschen Zentralstelle für Arbeitsvermittlung gemeldet haben: rund 1200. Dutta geht von 3000 bis 4000 Bewerbern aus.

Frauen machen dabei gerade einen Anteil von 20 Prozent aus. "Sie bleiben traditionell eher in indischen Unternehmen und wachsen mit diesen, statt Jobs in aller Welt zu suchen", sagt Dutta. Die meisten derjenigen, die im Ausland Karriere machen - rund 40 Prozent - seien in den vergangenen Jahren in die USA gegangen.

Doch "Deutschland ist mindestens ebenso einladend", sagt Amar Sadhu vom Indischen Technologie Institut in Kharagpur. Während die USA Experten für die Software-Entwicklung bräuchten, würden in Deutschland Fachkräfte für den Anwendungsbereich gesucht. "IT ist ein globales Business", sagt Sadhu, der die beschlossene Fünf-Jahres-Regelung grundsätzlich begrüßt, jedoch mehr zeitliche Flexibilität fordert. Denn "wenn Entwicklungsprojekte auf mehr als fünf Jahre angesetzt sind, kann es doch Probleme geben"; so der IT-Fachmann. Die indischen Profis könnten jedoch "auch durch eine zeitlich befristete Tätigkeit in Deutschland ihren Marktwert in Indien erhöhen", sagt ISST-Leiter Weber.

"Die Fachleute kommen als Kosmopoliten nach Indien zurück und gründen bei uns ihre eigenen Unternehmen", sagt Sadhu. "So profitieren beide Seiten von dem Austausch." Den Synergien steht also nichts im Wege - jetzt müssen die Arbeitskräfte nur noch kommen.

Christoph Rasch

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