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Gesundheit: Gutes Fett, das böse wird

Transfettsäuren sind ein Gesundheitsrisiko – trotzdem gibt es in Europa keinen Grenzwert

Es gibt gute Fette, böse Fette und – Transfette. Transfette? Von den guten ungesättigten Fetten und den bösen gesättigten hat jeder schon gehört, aber Transfette?

Sie führen ein eher unscheinbares Dasein in unserer Nahrungskette – und das haben sie nicht verdient, schließlich handelt es sich bei ihnen um „die schädlichste Substanz in unserer Diät“, wie es der Harvard-Forscher Dariush Mozaffarian kürzlich in einer Stellungnahme vor der Gesundheitsverwaltung der Stadt New York auf den Punkt brachte. Das Amt reagierte prompt: In New York City dürfen Restaurants seit neuestem nur noch Mahlzeiten mit weniger als 0,5 Prozent Transfettsäuren anbieten; andere US-Städte wollen bald folgen. Lebensmittel im Supermarkt müssen in den USA ohnehin längst den Gehalt an Transfetten deklarieren.

Transfette sind ungesättigte Fettsäuren. Damit gehören sie eigentlich zu den Guten, hätten sie nicht eine spezielle Form. „Ungesättigte Fettsäuren sind bei Raumtemperatur flüssig“, sagt Stefanie Rams vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde in Bonn. „Stellt man aus ihnen ein festeres, streichfähiges Fett wie Margarine her, können dabei Transfette entstehen.“ Der Knick im Molekül verschwindet, die Fettsäure streckt sich gerade. Die Folge: „Die Fettsäure wird in ihrer Gestalt und Wirkung wie eine gesättigte Fettsäure“, sagt der Lebensmittelchemiker Peter Schreier von der Universität Würzburg ( siehe Infokasten ).

In Deutschland gibt es für Transfette keine Deklarierungspflicht, und konsequenterweise weiß auch keiner so genau, in welchen Lebensmitteln sich wie viele der schädlichen Transfette befinden. Sicher ist nur, dass sie keinerlei Nährwert haben, dafür aber äußerst ungesund sind – ungesünder noch als gesättigte Fettsäuren. So ergab eine Studie im Medizinerfachblatt „Lancet“ (Band 357, Seite 746): Wer täglich fünf Gramm Transfette verspeist, erhöht sein Risiko für Herzerkrankungen um 25 Prozent.

Das Problem ist: Im Prinzip können alle Produkte betroffen sein, in denen sich „teilweise gehärtetes Pflanzenöl“ befindet, wie Margarine, Pommes, Chips, Popcorn, Gebäck, Blätterteig, Müsliriegel. Im Prinzip. „Man kann keine generelle Ernährungsempfehlung abgeben, weil es darauf ankommt, welches Fett wie verwendet wird“, sagt Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam. So tappt in Deutschland im Grunde jeder, der sich nicht nur von Obst und Gemüse ernährt, weitgehend im Dunkeln.

„Jahrelang haben wir gar nicht gewusst, welches Risiko von den Transfettsäuren ausgeht, und sie in unseren Nahrungsmitteln toleriert“, sagt Ernährungsforscher Boeing. Im Laufe der 1990er Jahre erkannte man die Gefahr, die Industrie fuhr den Gehalt der Transfette – vor allem in der Margarine – zurück. Das Resultat: Der Durchschnittsesser nimmt in Deutschland inzwischen weitaus weniger als fünf Gramm zu sich. „Im Grunde braucht man darüber nicht mehr zu diskutieren“, sagt Karl-Heinz Legendre vom Margarine-Institut für Gesunde Ernährung in Bonn.

Doch ganz so ist es leider nicht. Der Durchschnittswert sagt nämlich nicht viel über die Ernährung eines Einzelnen aus. Außerdem: Was die Transfette betrifft, hängt es bei uns nicht nur davon ab, was , sondern offenbar auch wo wir essen, wie der dänische Forscher Steen Stender kürzlich herausfand. Sein Team begab sich weltweit in diverse Filialen von McDonald’s und Kentucky Fried Chicken (KFC) und ging dem Transfettgehalt einer Portion Pommes (171 Gramm) sowie Chicken Nuggets (160 Gramm) auf den Grund. Die gute Nachricht zuerst: Wer bei KFC in Wiesbaden eine Pommes mit Chicken Nuggets bestellt, verzehrt nur eine äußerst geringe Menge an Transfetten (weniger als ein Gramm). Und nun die schlechte Nachricht: Wer das Gleiche in Hamburg bestellt, nimmt allein mit diesem Menü schon knapp fünf Gramm Transfette zu sich. In Ungarn kommt man mit exakt derselben Bestellung auf 25 Gramm Transfette – ein Wert, der aus kardiologischer Sicht geradezu jenseits von Gut und Böse liegt (Studie in: „New England Journal of Medicine“, Band 354, Seite 1650).

In einer neuen Studie haben Forscher der ETH Zürich 100 Lebensmittel auf ihren Transfettgehalt geprüft und stießen dabei auf teilweise „erschreckend hohe Werte“. Tatsächlich gibt es in Europa nur ein Land, in dem man vor Transfetten sicher ist: Dänemark. Dort hat man ein Gesetz erlassen, wonach der Verkauf von Nahrungsmitteln mit mehr als zwei Prozent Transfettsäuren (bezogen auf den Gesamtfettgehalt) verboten ist. „Von den analysierten Lebensmitteln wiesen 30 Prozent einen Gehalt an industriellen Transfettsäuren auf, der über dem in Dänemark geltenden gesetzlichen Grenzwert lag“, lautet das Fazit der Schweizer Studie. „Ihr Verkauf wäre somit in Dänemark verboten.“

Sonderbar, dass bisher noch kein Land dem Beispiel Dänemarks gefolgt ist. Dänemark hat vorgemacht, dass eine Umstellung auf andere Härtungsverfahren leicht möglich ist. Und die Kekse sollen noch so gut schmecken wie eh und je.

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