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Gesundheit: „Hochwertige Fakultäten haben hochwertige Studiengänge“

Wie gut sind die neuen Bachelor-Abschlüsse? Der Hochschulexperte Hans-Uwe Erichsen zum Stau bei der Qualitätskontrolle

Herr Erichsen, die Einführung der neuen Studiengänge Bachelor und Master geht in Deutschland schleppend voran. Fünf Jahre, bevor alle Studiengänge umgestellt sein sollen, schreiben sich gerade mal gut sieben Prozent aller Studienanfänger für ein BachelorStudium ein, nur ein Viertel aller Studiengänge ist umgestellt. Doch schon mit dieser recht geringen Zahl scheinen die Akkreditierungsagenturen überfordert zu sein: Im kommenden Sommersemester werden in Deutschland 2925 Bachelor- und Masterstudiengänge angeboten, aber erst 716 davon sind akkreditiert, also auf ihre Qualität geprüft worden. Sind Sie mit diesem Verhältnis zufrieden?

Wenn man bedenkt, dass unser System erst seit fünf Jahren arbeitet, ist das eine beachtliche Zahl. Aber es stimmt, mit der jetzigen Arbeitsweise werden wir nicht in der Lage sein, bis zum Jahr 2009 alle Studiengänge zu akkreditieren.

Wenn es weiter in diesem Tempo vorangeht, werden im Jahr 2010, in dem so gut wie alle Studiengänge in Europa auf Bachelor und Master umgestellt worden sein sollen, in Deutschland gerade ein Viertel der Studiengänge akkreditiert sein. Kann sich Deutschland damit in Europa gegenüber 39 anderen Ländern sehen lassen?

Es gibt mit Sicherheit einige Länder, die noch viel zögerlicher an die Dinge herangehen als wir das tun ,wie Frankreich und einige südeuropäische Länder. Aber das kann nicht der Maßstab sein. Wir haben gesagt, dass die Akkreditierung das Mittel zur Qualitätssicherung in den neuen Studiengängen ist. Wir sollten uns deswegen an unseren eigenen Ansprüchen messen lassen. Wir müssen deshalb neue Wege beschreiten.

Wie könnte man schneller vorankommen?

Wir müssen pragmatisch überlegen, wie man andere Lösungen finden kann. Aus meiner Sicht sollten wir zu einer Kombination von institutioneller Akkreditierung und Akkreditierung von Studiengängen kommen. Dann haben wir doch eine Chance, bis 2010 vielleicht nicht 11000 neue Studiengänge akkreditiert zu haben, aber doch einen erheblichen Anteil davon.

Die institutionelle Akkreditierung würde bedeuten, dass Sie bestimmten Hochschulen gewissermaßen einen Vertrauensbonus einräumen. Sollen diese ausgesuchten Hochschulen dann eine Akkreditierung ihrer Studiengänge ohne Prüfung im Einzelfall pauschal bekommen?

Würde der Exzellenzwettbewerb der Hochschulen von Bund und Ländern wie geplant in diesem Jahr starten, würden sich dabei ja bestimmte Hochschulen hervortun und sich ein Qualitätssiegel erwerben. Doch der Wettbewerb liegt auf Eis. Trotzdem müssen wir in Zukunft größere Einheiten betrachten. Ganze Hochschulen kommen dafür nicht in Frage, wohl aber ganze Fakultäten. Erweist sich dabei deren Qualität, können wir unterstellen, dass auch einzelne Studiengänge dieser Fakultät qualitativ hochwertig sind. Diese Vermutung würden wir jedoch in Stichproben überprüfen. Man wird auch darauf dringen müssen, dass die Hochschulen ihr eigenes Qualitätssicherungssystem aufbauen. Auch diese Qualitätssicherungssysteme wird man zu begutachten haben.

Wenn das Verfahren sich nun ändert und in Zukunft mehr oder minder im Rucksackprinzip akkreditiert wird – benachteiligt das nicht jene Hochschulen, die sich schnell um die Akkreditierung ihrer Studiengänge gekümmert und dafür auch viel Geld ausgegeben haben?

Vielfach werden ohnehin schon mehrere Studiengänge zur Akkreditierung gebündelt. Nur geschah das in der Vergangenheit teilweise im Wildwuchs. In Nordrhein-Westfalen tritt in diesen Tagen ein neues Gesetz zur Akkreditierung in Kraft. Darin ist auch die Bündelung von Akkreditierungen nach näherer Regelung durch den Akkreditierungsrat vorgesehen.

Ist eine internationale Anerkennung deutscher Studiengänge ohne eine Akkreditierung eines jeden einzelnen Studiengangs überhaupt möglich?

Gegenwärtig ist sie möglich. Nur wage ich nicht zu prognostizieren, ob das noch im Jahre 2010 so sein wird. Eigentlich soll die Akkreditierung flächendeckend organisiert werden – und das nicht nur in Deutschland, sondern europaweit im Rahmen des Bologna-Prozesses. Auch die Amerikaner setzen auf die Akkreditierung. Dann kann es für Deutschland schwierig werden.

Das Interview führte Uwe Schlicht.

Hans-Uwe Erichsen ist Vorsitzender des Akkreditierungsrates der Kultusministerkonferenz und der Hochschulrektorenkonferenz.

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