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Gesundheit: Im Bierlabor herrscht Alkoholverbot

Was für ein Studienobjekt! "Nicht so süß, durstlöschend und erfrischend", beschreibt Annette Noack die Vorteile des Bieres.

Was für ein Studienobjekt! "Nicht so süß, durstlöschend und erfrischend", beschreibt Annette Noack die Vorteile des Bieres.Vor allem sei es ein reines Getränk, man weiß, was man sich da hinter die Binde gießt.

So ein ausgefallenes Fach studiert nicht jeder.An der Technischen Universität ist Annette Noack für das Brautechnische Fachstudium eingeschrieben.Nach zwei Jahren im Hörsaal, im Labor und in der Brauerei ist sie Diplom-Braumeister und kann sich auf leitende Posten in der Getränkeindustrie bewerben.Absolventen ihres Studiengangs kontrollieren die Flaschenabfüllung oder die Zusammensetzung des Biers, arbeiten in Zuliefererbetrieben oder haben sogar den Sprung in den Vorstand einer Brauerei geschafft."Auch von der Limonadenindustrie werden gern Diplom-Braumeister eingestellt, weil sie sich neben Bier auch mit anderen kohlensäurehaltigen Getränken bestens auskennen", sagt Carsten Zufall, Dozent und Mitarbeiter des Forschungsinstituts für Technologie der Brauerei und Mälzerei.

Ein großer Teil der Seminare findet nicht auf dem Campus der TU, sondern auf dem Gelände der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei (VLB) in Wedding statt.Dort beschäftigen sich die Studenten mit der Analyse des Biers, seiner Herstellung und mit dem technischen Innenleben einer Brauerei.Als Nebenfächer stehen unter anderem Betriebswirtschaft und Elektrotechnik auf dem Stundenplan.

Der Ruf des deutschen Hopfentrunks lockt Studenten aus aller Herren Ländern an die TU.Häufig werden sie von einer Firma ihres Heimatlandes entsandt, um in Berlin die Grundlagen der Bierproduktion kennenzulernen.Im Gegenzug haben deutsche Absolventen die Möglichkeit, sich nach dem Examen in Kolumbien, Japan, Kamerun oder sonstwo eine Stelle zu suchen.Gerade der Markt in Südamerika ist jetzt am Wachsen.Doch "Diplom-Braumeister werden auch von der deutschen Industrie weiterhin dringend benötigt", weiß Carsten Zufall.Der Student Björn Stegemeyer hält die Berufschancen hierzulande für "durchwachsen", im Ausland hingegen für "gut".

Obwohl die Studienordnung keine Praktika vorschreibt, arbeiten viele Studenten in den Semesterferien in Brauereien.Das ist durchaus lukrativ - sie verdienen dabei Gehälter, die die übliche Entlohnung von Tusma-Jobs weit übersteigen.

Aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands bringen sie Rezepte mit.Die werden dann in der Versuchsanstalt gemeinsam getestet.In den Versuchsanlagen wird während des Studiums regelmäßig das kostbare Naß produziert.Von Berufs wegen dürfen die künftigen Braumeister den Gerstensaft verkosten - ohne ihn, wie bei einer Weinprobe üblich, schnell wieder auszuspucken.Doch "im Labor herrscht Alkoholverbot", beteuert Carsten Zufall.

Annette Noack und Björn Stegemeyer loben den hohen praktischen Anteil ihrer Ausbildung.Regelmäßig stehen sie in weißen Kitteln an den Anlagen der Versuchs- und Lehranstalt oder im Labor.Die meisten Kommilitonen haben eine Lehre zum Brauer und Mälzer abgeschlossen.Bei der Immatrikulation für das Brautechnische Fachstudium müssen sie einschlägige Berufserfahrungen vorweisen, im Gegensatz zu den künftigen Diplom-Ingenieuren, die sich nach einem Grundstudium der Biotechnologie an der TU auf Brauwesen spezialisieren.Diese weisen nur das Abitur vor, studieren aber fünf Jahre und beschäftigen sich intensiver mit den theoretischen Grundlagen der Verfahrenstechnik und Biochemie.Pro Jahrgang nehmen nur rund fünfzehn Ingenieure und zwanzig Braumeister an den Kursen teil.

Für die spätere berufliche Kooperation sei das gegenseitige Kennenlernen in kleinem Kreis wichtig, sagt Annette Noack, da "viele Geschäfte zwischen den Brauereien so laufen, daß man einfach seine ehemaligen Kommilitonen anruft." Als Frau ist Noack unter den Bierspezialisten fast eine Exotin, da die Brauerei eine traditionelle Männerdomäne ist.Nach wie vor konzentrieren sich weibliche Beschäftigte, so es sie überhaupt gibt, aufs Labor und die Qualitätssicherung.Die ältere Generation der Bierproduzenten steht den Kolleginnen eher skeptisch gegenüber.Doch Annette Noack will sich von den Vorbehalten nicht abschrecken lassen.Zu groß ist die Liebe zum Getränk und zum Brauen.Was zählt, ist ihre Erfahrung.

Voraussetzung für das zweijährige Brautechnische Fachstudium sind der Realschulabschluß und eine Lehre zum Brauer/Mälzer oder drei Jahre Arbeit in einer Brauerei.Bei Abiturienten genügt ein Jahr.Während des Studiums werden handwerkliche Fähigkeiten und Wissen über Biochemie, Mikrobiologie und Hefephysiologie vermittelt.Voraussetzung für das fünfjährige Studium zum Diplom-Ingenieur ist das Abitur.Diese Ausbildung, die ein Grundstudium der Biotechnologie einschließt, orientiert sich stärker an die theoretischen Grundlagen der Verfahrenstechnik und Biochemie.Information: 4508 0262

JOSEFINE JANERT

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