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Gesundheit: Immunsystem: Fette greifen den Abwehrkräften unter die Arme

Fett macht dick. Nicht nur unter Wissenschaftlern ist bekannt, dass Fette in Nahrungsmitteln enthalten sind, die dem Organismus als Energielieferanten dienen.

Fett macht dick. Nicht nur unter Wissenschaftlern ist bekannt, dass Fette in Nahrungsmitteln enthalten sind, die dem Organismus als Energielieferanten dienen. Überschüssiges Fett speichert der Körper zum Leidwesen vieler Menschen in Zellen als Depot für magere Zeiten. Neben dieser populären Funktion erfüllen die Fettsäuren außerdem eine wichtige Aufgabe bei der Bildung von Zellwänden.

Seit etwa zwanzig Jahren sehen die Mediziner Fette jedoch in einem neuem Licht: "Wir wissen inzwischen, dass diese Substanzen bei der Signalübertragung zwischen den Zellen mit anderen Botenstoffen, etwa Neurotransmittern und Hormonen, wie in einem Orchester zusammenspielen", erklärt Takao Schimizu. Der Wissenschaftler von der Universtiät Tokio erhält heute in Berlin den mit 100 000 Mark dotierten Ernst-Schering-Preis. "Das ist der höchstdotierte Wissenschaftspreis in Deutschland", berichtet Monika Lessl, Geschäftsführerin der Schering-Forschungsgesellschaft.

Der japanische Wissenschaftler bekommt den Preis für seine grundlegenden Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Eicosanoide. Das sind Stoffe, die - wie die Hormone - verschiedene lebensnotwendige Vorgänge im Körper steuern. Sie regulieren den Blutdruck, sind an der Blutgerinnung und an der Herzfunktion beteiligt, sie steuern Entzündungs- und Immunreaktionen und spielen überdies auch bei der Fortpflanzung eine Rolle.

Takao Schimizu erforscht diese Multitalente der zellulären Kommunikation bereits seit zwanzig Jahren. Nach seinem Medizinstudium in Tokyo arbeitete der heute 53-Jährige unter anderem im Stockholmer Labor von Bengt Samuelsson. Der Schwede erhielt 1982 für die Aufklärung von Struktur und Funktion der Eicosanoide den Nobelpreis für Medizin.

Eine Hauptgruppe der Eicosanoide sind die Leukotriene; mit diesen Substanzen hat sich Takao Schimizu in den letzten Jahren an der Universität Tokyo hauptsächlich beschäftigt. Das Immunsystem verwendet Leukotriene als Botenstoffe, um Entzündungs- und Abwehrreaktionen zu steuern. Leukotriene bewahren den Körper besonders vor den Folgen krankmachender Mikroorganismen.

Wo die Fette festkleben

Ein Zuviel dieser Stoffe kann jedoch zu allergischen und entzündlichen Erkrankungen führen, wie beispielsweise Arthritis oder Asthma. Damit die Leukotriene ihre Wirkung entfalten können, müssen sie an bestimmte Bindungsstellen andocken. Bisher gelang es den Wissenschaftlern jedoch nicht, diese Rezeptoren ausfindig zu machen. Auch der schwedische Nobelpreisträger scheiterte bisher an dieser schwierigen Aufgabe.

Takao Schimizu und seinen Mitarbeitern gelang es 1997 den Rezeptor für ein bestimmtes Leukotrien ausfindig zu machen und zu charakterisieren. Leise, beinahe schüchtern berichtet der Japaner von der neuesten Entdeckung seines Teams: "Wir haben dieses Jahr einen weiteren Rezeptor für dieses Leukotrien gefunden." Da die beiden Rezeptoren in verschiedenen Geweben vorkommen, vermuten die Forscher, dass sie auch unterschiedliche Funktionen haben.

Hilfe gegen Gewebeschäden

Die Entdeckung der Bindungsstellen betrifft nicht nur die reine Grundlagenforschung. Der japanische Wissenschaftler hofft, dass diese Erkenntnisse auch neue Behandlungsmöglichkeiten bieten. Wenn die Struktur der Rezeptoren bekannt ist, können die Mediziner möglicherweise Gegenspieler der Leukotriene herstellen. Diese Antagonisten könnten die Rezeptoren blockieren und dadurch verhindern, dass die Leukotriene ihre Wirkung entfalten. Wenn ein Organ längere Zeit nicht durchblutet wurde, beispielsweise nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, könnte der Einsatz der Antagonisten dann Gewebeschäden vermeiden.

"Auch Abstoßungsreaktionen bei Transplantationen könnten durch diese neue Therapieoption vielleicht gemildert werden", erwartet Takao Schimizu. Der Preisträger ist sich in jedem Fall sicher: "Nach dem Genom-Zeitalter werden die Fette eine herausragende Bedeutung in der medizinischen Forschung erhalten."

Manuela Röver

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