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Gesundheit: Investitionen in junge Köpfe

Die Schering Stiftung will Traditionen aufbrechen und den Dialog zwischen Disziplinen fördern

Dass ein Philosoph zum Vorsitzenden des Stiftungsrates berufen wurde, darf man sicher als Signal werten. Die Schering Stiftung, ausgestattet mit einem Kapital von 20 Millionen Euro, will vor allem junge Menschen fördern und Grenzen überwinden zwischen Etabliertem und Experimentellem. Nur jung zu sein, reicht aber nicht aus, um in den Genuss von Geldern der international operierenden Stiftung zu gelangen. Man muss herausragende Fähigkeiten besitzen, in der Lage sein, Traditionen aufzubrechen und sich in Grenzbereiche vorwagen wollen. Lebenswissenschaften und Chemie spielen auch künftig eine Rolle, aber sie sollen im Zusammenhang mit philosophischen und ethischen Fragen gesehen werden. Gefördert werden nicht nur Doktorarbeiten, sondern auch kleinere Symposien zu besonderen Fragen. Nicht ausgeschlossen, dass eines mal den Titel „Ethik für Gentechniker“ trägt.

Was Wissenschaft darf und kann, darüber wird auch künftig erbittert gestritten werden, warum nicht in kleinen, aber feinen Foren, in denen auch der Nachwuchs sein Problembewusstsein beizeiten ausbauen kann. An relevanten Fragen, die sich aus neuen Forschungsergebnissen ableiten, herrscht schon jetzt kein Mangel. Hauptzweck der gemeinnützigen Stiftung ist die Förderung von Wissenschaft und Kultur.

Der Philosoph Jürgen Mittelstraß, der zum Vorsitzenden des Stiftungsrates berufen wurde, erklärte das beim Gründungsfestakt damit, dass unter den kulturellen Zwecken einer Gesellschaft diejenigen verstanden werden, „unter denen sich der Mensch mit der Natur und mit sich selbst unter einer Vernunftperspektive auseinander setzt.“ Wissenschaft und Kunst bilden die Grundlage dafür. Beide dienten der andauernden Menschwerdung, der Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse und der Mehrung des Reichtums kultureller Optionen. Die Welt bewohnbarer zu machen, sei ein hohes Ziel des stiftenden Willens.

Die Schering Stiftung will Initiativen wecken und auszeichnen. Sie werde ältere Wissenschaftler, die innerlich jung geblieben sind, nicht ausschließen, dabei vor allem aber in junge Köpfe und junge Hände investieren: „Alte Köpfe denken bei allem Neuen daran, was sie verlieren, junge Köpfe daran, was sie gewinnen.“ Gerade bei jungen Leuten könne man mit vergleichsweise kleinen Beträgen sehr viel bewirken, hieß es. Man wolle allerdings kein Briefkasten für Förderanträge sein.

Fortschritt in Verantwortung

Bundespräsident Johannes Rau sagte beim Festakt zur Gründung, dass der Gedanke der Stiftung viel mehr Platz greifen solle in unserer Gesellschaft. Stiftungen wirkten der beklagenswerten Tendenz, dass Eigennutz vor Gemeinwohl gehe, entgegen und verbänden ökonomische und mitmenschliche Realitäten. Sie seien zwar nicht dazu da, staatliche Aufgaben zu ersetzen, aber für das „ Zusätzliche“ unverzichtbar. Etwa 11 000 Stiftungen, von großen professionell geführten Netzwerken bis zum kleinen Ein-Mann-Betrieb, gebe es in Deutschland, sagte Rau.

Dem Schering-Stiftungsrat gehören Jürgen Mittelstraß, Hubertus Erlen, Horst Bredekamp, Manfred Erhardt, Albin Eser, Jutta Limbach und Günter Stock an. Auch wenn die Stiftung international operiert, soll der Standort Berlin einen besonderen Stellenwert einnehmen. Hubertus Erlen, der Vorstandsvorsitzende von Schering, verwies auch auf das bisherige Engagement seines Unternehmens, die Vergabe des Ernst Schering Preises an herausragende Wissenschaftler aus den Bereichen Biologie, Medizin und Chemie, die Einrichtung von Stiftungsprofessuren an Berliner Universitäten, die langjährige Förderung des Wissenschaftskollegs und das internationale Stipendienprogramm für Doktoranden und Postdoktoranden.

Mit dem Stiftungskapital, das nach einem wirtschaftlich erfolgreichen Jahr zur Verfügung gestellt wurde, steht die Förderung nur gewissermaßen auf eigenen Beinen, ist unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung. Der mit 50 000 Euro dotierte Ernst Schering Preis für herausragende Leistungen in den Bereichen Biologie, Medizin oder Chemie fällt künftig in den Aufgabenbereich der Stiftung, deren Rat auch die Preisträger nominiert. Vor allem im Grenzgebiet zwischen Wissenschaft und Gesellschaft will die Stiftung den Dialog fördern. „Fortschritt in Verantwortung“ lautet eines der Leitmotive. Biologen, Chemiker, Mediziner und Pharmazeuten, die nicht älter als 28 Jahre sind und ihr Studium abgeschlossen haben, können sich um ein Doktoranden-Stipendium bewerben. Im Stiftungsvorstand sind Monika Lessl für Wissenschaft und Ilona Murati-Laebe für Kultur zuständig (Postanschrift: Schering Stiftung, 13342 Berlin). Eine erste Entscheidung zur Kunstförderung ist bereits gefallen. Im September soll im Hamburger Bahnhof eine Einzelausstellung des Briten Ron Mueck gefördert werden, der 2001 auf der Biennale Aufsehen erregt hatte.

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