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Gesundheit: Junge Bäume und Rollerskate-Platz

Leerstehende Wohnungen, bröckelnde Mauern, überwiegend sozial schwache Bewohner: Auf den ersten Blick ist die Bahnhofsvorstadt in Brandenburg nicht eben attraktiv.Wie man sie umgestalten könnte, hat sich ein fünfköpfiges Studenten-Team vom Institut für Stadt- und Regionalplanung der TU Berlin überlegt - und erhielt prompt bei einem vom Dortmunder Informationskreis für Raumplanung (IfR) ausgelobten studentischen Städtebau-Wettbewerb den ersten Preis.

Leerstehende Wohnungen, bröckelnde Mauern, überwiegend sozial schwache Bewohner: Auf den ersten Blick ist die Bahnhofsvorstadt in Brandenburg nicht eben attraktiv.Wie man sie umgestalten könnte, hat sich ein fünfköpfiges Studenten-Team vom Institut für Stadt- und Regionalplanung der TU Berlin überlegt - und erhielt prompt bei einem vom Dortmunder Informationskreis für Raumplanung (IfR) ausgelobten studentischen Städtebau-Wettbewerb den ersten Preis.Rund 60 Entwurfsteams von 20 deutschen Hochschulen hatten an der Ausscheidung teilgenommen.

Aufgabenstellung des Wettbewerbs war es, für das Quartier "Bahnhofsvorstadt" in Brandenburg ein nachhaltig orientiertes Stadtentwicklungskonzept zu entwickeln."Wir wollten mit unserem Entwurf eine Initialzündung für das Gebiet geben, die Bewohner animieren, bei der Gestaltung ihres Wohngebiets mitzuwirken", erläutert Student Carsten Rehfeldt die Grundidee seiner Entwurfsgruppe.Um die Entwicklungsmöglichkeiten des eigenen Viertels auch für Laien anschaulich zu machen, entwarfen die Studenten ein großes Puzzle, dessen Oberseite den Ist-Zustand der Bahnhofsvorstadt darstellt.Hebt der Betrachter eines der Puzzle-Stücke aus dem Bild heraus, so wird darunter sichtbar, welche neuen Nutzungen und welche Verbesserungen an der betreffenden Stelle des Quartiers denkbar sind.Carsten Rehfeldt: "Das Entwicklungskonzept sollte bürgernah und mit kreativen Mitteln dargestellt werden.Ich glaube, das ist uns gelungen."

Die Pläne der Studenten für die Brandenburger Bahnhofsvorstadt sind als flexibles Bausteinkonzept gedacht."Wir wollten dem Quartier keine fertige Planung aus einem Guß überstülpen, sondern ein flexibles Maßnahmenbündel anbieten, mit dem auch auf veränderte Rahmenbedingungen reagiert werden kann," sagt Rehfeldts Kommilitone Erik Wolfram.

Neben dem Planungspuzzle erläutern drei Schautafeln, wie das Konzept der Nachhaltigkeit für einen Stadtplatz im Zentrum der Bahnhofsvorstadt zu einem städtebaulichen Entwurf konkretisiert werden kann.Außerdem haben die angehenden Stadtplaner das Wettbewerbsgebiet in neun Teilzonen gegliedert.

Mit seiner schlechten Bausubstanz, einem mangelhaften Infrastrukturnetz, hohem Wohnungsleerstand und einem überdurchschnittlichen Anteil an sozial schwachen Bewohnern zählt der Bereich Bahnhofsvorstadt zu den Problemgebieten der Stadt Brandenburg.Auf der anderen Seite bietet die Lage an einem grünen Seitenarm der Havel interessante Entwicklungspotentiale.Daher legten die Mitwirkenden Wert auf ein umfassendes Verständnis von Nachhaltigkeit, das die Belange von Ökologie, Ökonomie und Gesellschaft zusammenführt.Das gesellschaftspolitische Moment stand dabei im Vordergrund."Wir geben den Bewohnern Anregungen zur nachbarschaftlichen Hofbegrünung, und unser Konzept sieht einen selbstverwalteten Gartenbedarfshandel, ein Bürgertreff, ein Kulturzentrum und einen Streetball- und Rollerskateplatz vor - alles unter Umnutzung bestehender, überwiegend brachliegender Flächen und Gebäuden", erläutert Erik Wolfram.

Ein besonders wichtiges Entwurfsdetail ist für ihn die neue Allee, die die Gruppe als Symbol von Nachhaltigkeit anstelle einer überdimensionierten, vierspurigen Straße plant: "Für die jungen Bäume", so Wolfram, "sollen lediglich enge quadratische Öffnungen in den Aspalt gesägt werden.Je höher die Bäume wachsen, desto mehr werden sie die Fahrbahn der alten Straße aufsprengen und schließlich überwuchern."

Die Wettbewerbsarbeit entstand als Ergebnis eines durch den Stadtplaner Frank Jost betreuten Studienprojektes.Unterstützt wurde der Wettbewerb durch die URBAN-Initiative, ein Städtebauförderprogramm der EU, das in Deutschland Vorhaben in zehn Städten finanziert.

Für den Wettbewerb wurden insgesamt drei erste Preise vergeben.Die TU-Studenten sehen die Anerkennung ihrer Leistung dadurch aber nicht geschmälert."Die ausgezeichneten Arbeiten waren untereinander sehr verschieden, es gab wohl für jeden 1.Preis einen ganz anderen Grund", glaubt Carsten Rehfeldt.

Zu den ausgezeichneten Entwürfen zählten außer dem Puzzle-Konzept eine Arbeit, die Szenarien der Quartiersentwicklung und Mitwirkungsmöglichkeiten der Bewohner in Form eines Brettspiels darstellt.Stadtplanung als "Gesellschaftsspiel" im doppelten Sinn.Die prämierten Studenten-Arbeiten stehen für den Wunsch junger Stadtplaner, die Bürgerbeteiligung in der Stadtplanung durch eine unkonventionelle Aufbereitung planerischer Inhalte neu zu beleben."Die Mitsprachemöglichkeiten müssen anschaulich sein und den Bewohnern Spaß machen", faßt Rehfeldt das Ziel zusammen.

Daß ein Studienprojekt so konkrete und befriedigende Ergebnisse bringe, sei leider eher die Ausnahme als die Regel, darin sind sich die Studierenden einig.Die Betreuung der Studenten habe sich in den letzten Semestern eher verschlechtert.Da gerade drei Professoren vor der Pension stünden, würden die Studienbedingungen weiter erschwert: Ihre Stellen werden bis auf weiteres nicht neu besetzt.Dies nährt Befürchtungen von Studenten und Mitarbeitern des Institutes, daß darüber nachgedacht werde, den Fachbereich Stadt- und Regionalplanung als solchen aufzulösen und der TU-Architekturfakultät zuzuschlagen.Das wäre auch das Ende eines eigenständigen Lehrprofils für Stadtplaner.

FRANK JÄGER

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