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Gesundheit: Kein Verein für "geistig Verkalkte" - Wozu die Studierenden die Asten brauchen

Wer sich bei einer Universität einschreibt, hat meist von den hochschulpolitischen Dingen keine Ahnung. Dabei wird jeder Studierende mit der Immatrikulation automatisch Mitglied der Verfassten Studierendenschaft.

Wer sich bei einer Universität einschreibt, hat meist von den hochschulpolitischen Dingen keine Ahnung. Dabei wird jeder Studierende mit der Immatrikulation automatisch Mitglied der Verfassten Studierendenschaft. In der Regel merkt man davon aber nichts. Wenn das eigene Studium - besonders am Anfang - viel Aufmerksamkeit und Zeit erfordert, wenn man vor Prüfungen oder Referaten steht und der Kopf vor Informationen übergeht, ist alle Hochschulpolitik fern. Doch einmal im Jahr wird man zur Wahl des Studierendenparlaments aufgefordert. Dann stehen Kandidaten verschiedenster Gruppierungen hinter Ständen und bieten Kaffee und politische Ansichten an, dann lächeln Gesichter von Plakaten und buhlen um Stimmen. Was ist da los? Wozu soll man diese Leute wählen? Und was hat der Asta damit zu tun?

Das Studierendenparlament (Stupa) wird von den Mitgliedern der Verfassten Studierendenschaft gewählt, also von allen eingeschriebenen Studentinnen und Studenten - leider nur theoretisch, denn die Wahlbeteiligung schwankt meist zwischen 11 und 17 Prozent. Das Parlament wiederum wählt den Allgemeinen Studierendenausschuss, den Asta. "Er ist sozusagen die Regierung der Studentenschaft", meint Jens Herrmann, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit beim FU-Asta.

Regelmäßig den Professoren unterlegen

Der Asta hat in allen Universitäten Gremien Rede- und Antragsrecht, unterliegt aber in Abstimmung regelmäßig der Professorenmehrheit. Gegliedert ist der Asta in zwölf Referate, vom Öffentlichkeitsressort über Kultur, Finanzen und Soziales bis hin zum Frauenreferat. Apropos Finanzen: Der Asta-Haushalt, der bei der FU derzeit stolze 1,1 Millionen Mark beträgt, summiert sich aus den Semesterbeiträgen der Studierenden. Oder wie der Asta-Finanzreferent der FU, Alexander Klose, sagt: "Mit 26 Mark pro Jahr sind Sie dabei!" Geldgewinne garantiert er den Teilnehmern allerdings nicht, sondern allenfalls "eine Struktur, um konkrete Lebensinteressen durchzusetzen."

So verfügen die Asten der drei Berliner Universitäten über ein breit gefächertes Angebot. Beratung gibt es beispielsweise für BaföG-"Bewerber", Behinderte, AusländerInnen, Frauen oder Lesben und Schwule. Einmal in der Woche ist ein Rechtsanwalt mit von der Partie und steht für Fragen zur Verfügung. Auch bei Unklarheiten bezüglich Jobsuche, Wohngeld, Sozialhilfe und Versicherungen kann man sich an den Asta wenden. Außerdem stellen einige Asten kostenlos Beglaubigungen aus.

Besonders die Studienanfänger werden aufmerksam umsorgt. Ob Erstsemesterfrühstück oder Orientierungswoche am Semesterbeginn, ob es die Broschüre "Mein erstes Semester" ist oder die Internet-Seite (ganz amüsant: http://userpage.fu-berlin.de/astafin/mes/ ), willkommen ist man auf jeden Fall. Man solle sich einfach trauen, wenn manches den Neulingen auch zunächst etwas fremd erscheine, ermutigt Klose die jungen Kommilitonen: "Man kann einfach vorbeikommen", das gilt auch für das wöchentliche offene Plenum, wenn man etwas zu sagen oder ein Projekt vorzustellen hat.

Seit eh und je von linker Politik dominiert, ist der Asta keine eigenständige politische Gruppe, sondern recht bunt aus den Vertretern einzelner Listen zusammengesetzt. Da arbeiten schon mal Jurastudenten mit angehenden Psychologen zusammen, um gemeinsame Ziele zu erreichen, wie die Verbesserung der Studienverhältnisse. Wirklich große Erfolge sind allerdings selten. "Etwas Idealismus ist schon nötig", meint Sozialreferent Pascal Meiser vom FU-Asta, "der Druck hat stark zugenommen seit man auf die Praxisverwertbarkeit des Studiums achtet." Da bleibe dem Studienanfänger nicht mehr viel Zeit, "sein Fach kritisch zu reflektieren und mit den eigenen Interessen abzugleichen".

Eine "Regierung" braucht natürlich auch Nachwuchs. Was erwartet der Asta von den Studienanfängern? Es seien Leute gefragt, erklärt Klose, die nicht als "geistig Verkalkte" in die Hochschule kommen, sondern "kritische und offene Studenten, die auch mal den Mund aufmachen". Erstaunlich offen und direkt argumentieren denn auch die drei Asta-Vertreter im Gespräch, trotz anfänglicher Bedenken, sie könnten sich mit ihren Äußerungen gerichtliche Klagen einhandeln. Der FU-Asta war in einer bundesweiten Serie der bisher letzte, der wegen "allgemeinpolitischer Aussagen" mit Ordnungsgeldern in fünfstelliger Höhe bestraft wurde.

Diese "absolute Rechtsunsicherheit", was sie sagen dürfen und was nicht, erleben alle drei für ihre Arbeit als "fundamental hemmend". Inzwischen klagt eine Gruppe von HU-Studierenden auch gegen das RefRat, wie der Asta an der Humboldt-Uni heißt, vorm Verwaltungsgericht. Die größtenteils dem CDU-nahen Ring christlich-demokratischer Studenten (RCDS) angehörenden Studierenden wollen verhindern, dass das Refrat Geld für ihrer Ansicht nach nicht-studentenrelevante politische Ziele (Reisen, Schriften) Geld ausgibt.

Asta-Vertreter Klose sieht trotzdem noch Einflussmöglichkeiten für den Asta. "Es liegt in Eurem Interesse. Wenn Ihr es nicht tut, dann tut es irgendwann keiner mehr", meint Klose. Asta der Freien Universität

Kiebitzweg 23, 14195 Berlin-Dahlem, Tel.: 839091-0, Sprechzeiten: Mo-Fr 9-19 Uhr, e-mail: asta-fu@zedat.fu-berlin.de

RefRat(=Asta) der Humboldt-Universität

Unter den Linden 6, 10099 Berlin-Mitte, Tel. 20932603/-13/-14, Bürozeiten: Mo-Fr 10-16, e-mail: refrat@rz.hu-berlin.de

Asta der Technischen Universität

Marchstraße 6, Tel. 314 25 683

Jussi Nienstedt

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