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Gesundheit: Koalition gegen Krebs

Forscher in Arizona bekämpfen Tumore nach ihrem genetischen Muster

Die Revolution hat längst begonnen. Noch sei man in der Frühphase, sagt Spyro Mousses im Labor für neuartige Krebsmedikamente an der Arizona-Staats-Universität (ASU) in Phoenix. Aber schon in wenigen Jahren werde das individuelle Genmuster jedes Patienten die wichtigste Information für die Ärzte sein – und nicht mehr der pathologische Befund.

Rasant wächst das Wissen über das menschliche Genom. Mehr als eine Milliarde Dollar hat seine Entschlüsselung vor wenigen Jahren gekostet. In vier bis fünf Jahren, so schätzt der 38-jährige Kanadier mit griechischen Vorfahren, der 1998 aus dem kalten Toronto in den Wüstenstaat in Amerikas Südwesten kam, wird man das persönliche Genom für wenige tausend Dollar screenen können – mit weit reichenden Folgen für die Medizin.

Das Labor zur Entwicklung von Krebsmedikamenten ist eine der Kooperationen von Universität und Privatwirtschaft, die Phoenix und die ASU zum neuen HighTech-El-Dorado machen sollen. Spezialisten für Krebsfrüherkennung wie Spyro Mousses und Experten für Spätbehandlung wie Daniel van Hoff forschen mit Genexperten vom „Translational Genforschungsinstitut“ (TGen) und mit Ärzten der benachbarten Mayo-Klinik. Fachleute für Nanotechnik und Computerspezialisten helfen, die Geräte für die komplizierten Messreihen zu entwickeln.

Dabei geht es um immer mehr Technik in immer kleineren Geräten. Mousses weist auf einen massigen Metallwürfel mit einer Kantenlänge von einem Meter und 80 Zentimetern. Das Gerät macht „80 000 parallele Proben-Screenings; es ersetzt 300 Quadratmeter Laborfläche, ein Dutzend Techniker und spart viel Zeit.“ Der Blick aus dem Fenster fällt auf die typischen mexikanischen Kakteen. Wie mehrarmige, stachlige, grüne Kerzenleuchter ragen die bis zu drei Meter hohen Kolosse auf. Drinnen beherrschen Brutschränke und helle Laborbänke mit Abzugsanlagen das Bild.

Vor mehr als 30 Jahren hat der damalige Präsident Richard Nixon einen „Krieg gegen den Krebs“ ausgerufen. Zig Milliarden flossen in die Forschung – mit relativ bescheidenen Ergebnissen. Nur einen kleinen Teil der Krebskranken können die Ärzte heilen, bei anderen gelingt es wenigstens, den Verlauf zu verzögern. Doch immer noch bleiben viele aggressive Tumorarten tödlich. Wird sich diesmal das große Wort vom Durchbruch, von der Revolution der Medizin, erfüllen?

Man weiß inzwischen, dass die Anfälligkeit für bestimmte Krebsarten auch genetisch bedingt ist. Frauen mit Brust- oder Männer mit Prostatakrebs haben ganz bestimmte Genprofile. Und es gibt Hinweise, dass Menschen mit unterschiedlichen Genmustern verschieden auf Wirkstoffe reagieren. Mousses berichtet von Behandlungserfolgen bei Prostatakrebs mit Medikamenten, die überhaupt nicht gegen Tumoren entwickelt wurden. Bisher werde Krebs „pathologisch“ behandelt, ausgehend vom Befund: mit einem der gegen das Leiden zugelassenen Medikamente. Es gibt jeweils nur wenige Präparate. Die Entwicklung bis zur Marktzulassung kostet schließlich mehrere hundert Millionen Dollar.

Die Zukunft, sagt Mousses, ist die personalisierte Medizin, ausgehend vom individuellen Genmuster. Was nicht heißt, dass die Menschen genetisch verändert werden. Doch wenn der Arzt das persönliche Genmuster kennt, kann er ganz anders vorbeugen, diagnostizieren – und gezielter therapieren.

Brustkrebs könnte bei Patientinnen mit Genmuster A durch ein Medikament gestoppt werden, das überhaupt nicht gegen Brustkrebs entwickelt wurde. Es hilft aber, weil diese Frauen auf genau diese Wirkstoffe ansprechen. „Es geht darum, die individuell richtige Medizin zum richtigen Patienten zu bringen.“

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