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Gesundheit: Loch in der Welt

Bei der Makula-Degeneration wird das Augenlicht langsam zerstört – neue Therapien sollen den Prozess aufhalten

Vor 100 Jahren war die altersbedingte Makula-Degeneration, ein schweres Netzhautleiden, kaum bekannt. Heute ist sie in Industrieländern nicht nur die häufigste Netzhauterkrankung, sondern auch die häufigste Ursache dafür, dass Menschen blind werden. Ein Viertel aller über 75-Jährigen ist betroffen. Manche Experten meinen sogar, dass jeder eines Tages diese Augenkrankheit bekommen würde, wenn er nur lange genug lebte.

Die altersbedingte Makula-Degeneration kann dazu führen, dass man genau das Objekt, das im Mittelpunkt des Interesses steht, nur noch ganz schlecht erkennt. Denn ausgerechnet im Zentrum des Gesichtsfeldes verschwindet der Seheindruck.

Das Zentrum, das ist der Fleck von weniger als einem Quadratmillimeter Größe in der Mitte der Netzhaut. Er ist für das scharfe Sehen zuständig, aber auch empfindlich. Und er leidet ausgerechnet unter dem Einfluss des Lichts, das wir zum Sehen dringend brauchen. Wenn die Sinneszellen an der Stelle des schärfsten Sehens, der „Macula lutea“ (gelber Fleck) untergehen, kann man keine Gesichter mehr erkennen und nicht lesen.

Die Makuladegeneration war beim diesjährigen Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft in Berlin, zu dem sich im BCC 3000 Augenärzte versammelten, eines der wichtigen Themen. Nicht nur, weil in einer älter werdenden Gesellschaft immer mehr Menschen unter dieser Krankheit leiden. Der zweite Grund ist, dass es inzwischen einige Ansätze zur Behandlung gibt.

„Unsere wichtigste Botschaft ist, dass die Betroffenen nicht resignieren und sich nicht sozial zurückziehen sollen“, sagt der Netzhaut-Experte Frank Holz von der Uni Bonn. Denn selbst wenn im konkreten Fall keine der Therapien Erfolg verspricht, können mit modernen Sehhilfen wie elektronischen Lesegeräten und Lupenbrillen große Verbesserungen erreicht werden. Ziel ist es, die gesunden Anteile der Netzhaut rund um die Netzhautmitte optimal zu nutzen, um möglichst wieder lesen und sich selbstständig versorgen zu können.

Die Augenärzte unterscheiden zwei Formen der Makuladegeneration. Bei der trockenen Form gibt es zunächst, ähnlich wie in Blutgefäßen bei der Arteriosklerose, stoffwechselbedingte Ablagerungen unter der Netzhaut. Später sterben lichtempfindliche Zellen ab, weil sie nicht mehr richtig ernährt werden.

Wenn die Veränderung früh erkannt wird, kann man etwas dagegen unternehmen. Mit speziellen Vitaminpräparaten lässt sich dem Zelltod teilweise Einhalt gebieten. Neben den Vitaminen C und E spielen auch Beta-Carotin, Zink und Kupfer eine Rolle. „Deshalb ist die regelmäßige Untersuchung ab 50 so wichtig“, erklärte Holz. Im frühen Stadium merkt man nämlich selbst noch gar nichts. Das Gehirn gleicht das Fehlen bestimmter Seheindrücke aus.

Bei der zweiten, der feuchten Form der Makula-Degeneration, bilden sich Gefäße neu, um den Abbau von Zellen zu kompensieren. So einleuchtend diese Reaktion des Körpers ist, sie wirkt sich verheerend aus. Denn es kommt zu Schwellungen und damit zum weiteren Verlust von Nervenzellen. Wenn die Netzhaut, der Fotofilm unseres Auges, nicht mehr gerade aufliegt, sieht der Betroffene zunächst alles verzerrt. Später löst sich die Netzhaut von der Gefäßhaut ab, das ins Auge gefasste Objekt verschwindet zuletzt ganz.

Heute gibt es einige Möglichkeiten, dem Wildwuchs der Gefäße bei dieser feuchten Form der Erkrankung zu Leibe zu rücken. Man kann sie etwa mit dem Laser veröden oder Blutungen mit chirurgischen Eingriffen stoppen.

Für eine andere Form der Laserbehandlung, die photodynamische Therapie, wird ein Medikament in das Blut gespritzt, das sich in den neu gebildeten Blutgefäßen anreichert. Anschließend wird es mit Laserlicht von geringer Energie aktiviert, so dass es seine gefäßverschließende Wirkung entfalten kann.

Keine der bisherigen Methoden kann die Krankheit heilen. Auf dem Kongress wurden mehrere Studien vorgestellt, in denen neue Medikamente getestet werden. Sie richten sich gegen einen Wachstumsfaktor namens VEGF, der für die Entstehung neuer Gefäße wichtig ist, und werden ins Auge gespritzt. In Deutschland werden zwei Präparate bei der feuchten Form der Krankheit getestet. „Die vorläufigen Resultate stimmen uns hoffnungsfroh“, sagte Frank Holz von der Uni Bonn.

Adelheid Müller-Lissner

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