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Gesundheit: Magere Wirkung

Fettarme Kost senkt das Risiko für Krebs und Herzleiden nicht – so das Fazit einer 400 Millionen Dollar teuren Studie

Wer auf Fett verzichtet, lebt gesünder. Aber stimmt das wirklich? Die größte Studie, die jemals gemacht wurde, um diesen Zusammenhang zu beweisen, kommt nun zu einem ernüchternden Ergebnis. Danach wird weder das Risiko für Krebs noch für Herzkrankheiten durch fettarme Kost gesenkt. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt „Jama“ veröffentlicht.

415 Millionen Dollar kostete die Studie aus dem „Women’s Health Initiative“- Programm der Nationalen Gesundheitsinstitute der USA. Für acht Jahre wurden die Ernährungsgewohnheiten von fast 50 000 Frauen zwischen 50 und 79 beobachtet. 40 Prozent der Frauen willigten ein, ihre Ernährung auf fettarme Kost mit viel Obst, Gemüse und Getreide umzustellen. Die restlichen 60 Prozent ernährten sich weiter wie gewohnt.

Am Anfang nahmen die „Magerkost“-Frauen 24 Prozent ihrer Kalorien über Fett auf, bei den Frauen mit normaler Ernährung betrug der Anteil 35 Prozent. Nach sechs Jahren lag er bei 29 (Magerkost) und bei 37 (normale Kost). In der Diätgruppe aßen die Frauen täglich eine Portion Obst oder Gemüse mehr.

Nach acht Jahren sahen die Wissenschaftler nach, wie häufig in den beiden Gruppen Brust- oder Dickdarmkrebs und Herzleiden auftraten. Das (mit Ausnahme von Brustkrebs auch für Männer gültige) Ergebnis: es gab praktisch keinen Unterschied – egal, ob sich die Frauen fettreduziert oder normal ernährt hatten.

Ganz vom Himmel fällt die Untersuchung nicht. In den letzten Jahren gab es immer mehr Zweifel daran, dass man mit spezieller Ernährung Krebs verhüten kann:

– Im Januar 2005 veröffentlichten europäische Forscher Ergebnisse der „Epic“-Studie mit Daten von 286 000 Frauen. Es fand sich kein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Brustkrebs und dem Verzehr von Obst und Gemüse.

– Im Dezember 2005 kam eine Analyse von 13 Studien im Fachblatt „Jama“ zu dem Ergebnis, dass eine faser- und ballaststoffreiche Ernährung das Darmkrebsrisiko nicht senken kann.

– Auch Untersuchungen mit den Vitaminen A, C und E zur Krebsvorbeugung verliefen enttäuschend.

Allerdings hat die jetzige Studie auch Schwächen. Ihr Design basiert auf dem Wissen zu Anfang der 90er Jahre, als man nicht zwischen „guten“ und „schlechten“ Fetten unterschied, sondern Fett an sich als „böse“ ansah. Heute dagegen ist man der Meinung, dass man von gesunden Fetten (zum Beispiel aus Oliven, Fisch oder Nüssen) ruhig mehr zu sich nehmen kann. Beim Fett kommt’s nicht nur auf Masse, sondern auch auf Klasse an.

Es könnte auch sein, dass acht Jahre zu kurz sind, um Effekte einer Diät zu beobachten – oder dass diese zu spät kommt. Auch waren die Unterschiede zwischen den Frauen mit Magerkost und mit normaler Ernährung nicht besonders groß. „Man weiß heute, dass viel Obst und Gemüse Risikofaktoren für Herzleiden wie Blutdruck, Diabetes und Cholesterin günstig beeinflussen“, sagt Matthias Schulze vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Rehbrücke. „Aber die Frauen in der Niedrigfett-Gruppe haben nur unwesentlich mehr Obst und Gemüse gegessen.“

Von einem Freispruch für Pommes, Bratwurst und Eisbein kann auch jetzt nicht die Rede sein. Der Nutzen von Obst, Gemüse und guten Fetten ist belegt, nur sollte er nicht überschätzt werden. Ernährung ist lediglich ein Teil des Lebensstils. „Die Leute denken immer, es kommt darauf an, was sie essen“, sagt Barbara Howard, eine an der Studie beteiligte Wissenschaftlerin. „Aber sie achten nicht darauf, wie viel sie essen, ob sie rauchen oder zu wenig Bewegung haben.“ Alles zusammen entscheidet neben den Genen über Anfälligkeit für Krankheiten.

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