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Gesundheit: Meere des Mars

Nasa-Experten glauben, anhand neuer Satellitenbilder auf dem Roten Planeten ein Netz von ausgetrockneten Flüssen und Seen erkennen zu können

Von Rainer Kayser, dpa

Zahlreiche ausgetrocknete Flussläufe sowie Küstenlinien ausgetrockneter Seen deuten darauf hin, dass es auf dem heute staubtrockenen Mars einst offenes Wasser gab. Allerdings beginnen und enden die Flussläufe oft abrupt und bringen die Planetenforscher damit in Erklärungsnöte: Wo kam das Wasser so plötzlich her, und wo blieb es?

Mit Hilfe von Höhenmessungen der amerikanischen Sonde Mars Global Surveyor und Computermodellen gelang es Nasa-Forschern nun zu zeigen, dass die Flüsse einst durch große, flache Seen miteinander verbunden waren. Die Flüsse und Seen bildeten nach Ansicht der Wissenschaftler ein verzweigtes Wassernetz, ähnlich den Großen Seen und ihren Verbindungsflüssen in Nordamerika.

Die Raumsonde Mars Global Surveyor kartografiert mit einem Laser-Messgerät die Höhe der Marsoberfläche mit einer Genauigkeit von besser als fünf Metern. Auf Basis dieser Daten konnten Marc Kramer vom Ames Research Center der Nasa in Moffett Field in Kalifornien und seine Kollegen ein akkurates dreidimensionales Modell eines Teils der Marsoberfläche erstellen, das von mittleren nördlichen bis zu mittleren südlichen Breiten reicht. Anhand dieses Modells simulierten die Forscher dann im Computer den Fluss des Wassers.

„Wir haben bei unserer Untersuchung herausgefunden, dass viele dieser scheinbar unterbrochenen Flussläufe in Wahrheit durch große Niederungen miteinander verbunden sind, bei denen es sich vermutlich um alte, ausgetrocknete Seen handelt", erläutert Kramer. Diese Niederungen ähnelten in Größe und Ausdehnung den nordamerikanischen Großen Seen, so der Forscher.

Ein weiteres wichtiges Indiz sei, dass die Niederungen stromabwärts langsam flacher werden. Dies deute auf eine Zunahme von Sediment-Ablagerungen hin, wie sie auch bei irdischen Seen zu beobachten ist.

Die große Schneeschmelze

Bislang hatten viele Marsforscher vermutet, dass die flussartigen Strukturen über lange Zeiträume durch lokal heraussickerndes Grundwasser geformt worden seien. Die neue Analyse zeigt nun, dass es vermutlich doch ein über längere geologische Zeiträume existierendes Netz von Flüssen und Seen gegeben hat.

„Unklar bleibt allerdings auch weiterhin, wie lange und unter welchen klimatischen Bedingungen diese Wassersysteme existiert haben“, so Kramer. Eine Antwort darauf könnten weitere Analysen der Sedimentablagerungen in den ausgetrockneten Seen liefern. Diese wollen die Forscher nun mit der Infrarotkamera „Themis“ an Bord der Sonde Mars Odyssey vornehmen.

Unterdessen zeigt eine Studie von Philip Christensen von der Arizona State University, dass es an einigen Stellen auf dem Mars durch schmelzenden Schnee noch heute flüssiges Wasser geben könnte. Auf den Bildern der amerikanischen Marssonden zeigen sich an Kraterrändern oder an Berghängen häufig „Gullies“. Diese Abflussrinnen deuten auf die Existenz von flüssigem Wasser an oder nahe der Oberfläche des roten Planeten in der jüngsten Vergangenheit hin.

Bislang hatten die Marsforscher versucht, die Abflussrinnen durch den Austritt von Grundwasser zu erklären. Allerdings finden sich die Abflussrinnen vor allem in mittleren geographischen Breiten, in Regionen also, in denen die Existenz von flüssigem Grundwasser auf Grund der niedrigen Temperaturen extrem unwahrscheinlich ist.

In seiner jetzt in der Online-Ausgabe des Fachblatts „Nature“ veröffentlichten Studie zeigt Christensen, dass die Rinnen im Verlauf von einigen 1000 Jahren durch schmelzenden Schnee entstehen können: In seinem Modell wird im Verlauf wärmerer Klimaperioden Schnee von den Polen in die mittleren Regionen transportiert. Dort lagert sich der Schnee ab und kann in geschützten Lagen lange Zeit überdauern.

„Überreste von Schnee sind heute noch in mittleren Breiten an polwärts gerichteten Abhängen zu finden“, sagt Christensen. Innerhalb von 5000 Jahren könne der schmelzende Schnee genügend Wasser produzieren, um die Abflussrinnen zu erklären. „Das Auftreten von flüssigem Wasser in jüngster Vergangenheit könnte sogar geeignete Bedingungen für Lebensformen geschaffen haben“, meint Christensen.

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