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Gesundheit: Mineralfasern: Wohnen im Dachgeschoss - verursacht das Krebs?

In fast allen ausgebauten Dachböden Berlins dürften künstliche Mineralfasern verbaut sein, sagt Heinz-Jörn Moriske vom Umweltbundesamt in Berlin (UBA). Bis vor wenigen Tagen hätte man von dieser Aussage kaum Notiz genommen.

In fast allen ausgebauten Dachböden Berlins dürften künstliche Mineralfasern verbaut sein, sagt Heinz-Jörn Moriske vom Umweltbundesamt in Berlin (UBA). Bis vor wenigen Tagen hätte man von dieser Aussage kaum Notiz genommen. Seit jedoch an Berliner Schulen Krebsalarm ausgelöst wurde, ist viel von Gefahr im Zusammenhang mit den Faserprodukten die Rede.

Doch Moriske, Referatsleiter für Innenraumhygiene, beruhigt. Bei richtigem Einbau bestehe überhaupt keine Gefahr. Falsch wäre es, wenn das Material offen verbaut würde, so dass Fasern in die Luft gelangen könnten. Um dies zu verhindern, wird eine dichte Verkleidung über die Mineralwolle gelegt.

Bei den fraglichen Schulen sei offensichtlich Fasermaterial in Schächte gefüllt worden, sagt Moriske. Dieses Problem gebe es für Gebäude im früheren Westteil genauso wie im ehemaligen Ostteil. Mineralwolle-Produkte finden sich zum Schallschutz auch in abgehängten Deckenkonstruktionen oder als Akustikplatten. Um ihre Funktion erfüllen zu können, müssen die Decken jedoch perforiert sein. Auf den Löchern liegt die Mineralwolle nur lose auf, die Fasern können leicht in die Raumluft gelangen.

Hauptgrund für die andauernde massenweise Anwendung der Kunstfasern ist der Wärmeschutz. Künstliche Mineralfasern kommen im Gegensatz etwa zu Asbest nicht natürlich vor. Sie werden aus anorganischen Ausgangsstoffen wie Glas, Gesteinen oder Keramiken hergestellt. Die Produkte gibt es als Filze, Matten oder Platten sowie als lose Wolle. Mineralfasern sind sehr beständig gegen Temperatureinflüsse, sie dämmen gut und sind leicht zu verarbeiten.

Es gibt jedoch auch Nachteile. Dazu gehört, dass Faserstäube frei werden, allerdings weit weniger als beim früher verwendeten Asbest. Der Gebrauch der Mineralfasern werde sich stark erhöhen, prophezeit Moriske, da die neue Energie-Einsparverordnung Anfang nächsten Jahres in Kraft trete. Die eigentlich schon für das Jahr 2000 geplante Regelung wird die bisherige Wärmeschutz- und Heizungsanlagenverordnung ablösen und die gesetzlichen Bestimmungen verschärfen.

Umso wichtiger ist es, dass der Umgang mit dem Isoliermaterial ungefährlich ist. In den 80er Jahren kamen die Ersatzstoffe für das krebserzeugende Asbest stark in die Kritik. Auch die künstlichen Fasern könnten sich in der Lunge festhaken und letztlich Krebs auslösen, hieß es. Glas- und Steinwolle wurden als vermutlich krebserzeugend in die MAK-Liste (maximale Arbeitsplatzkonzentration) aufgenommen. Fasern von "kritischer Größe" hatten in Tierversuchen Tumoren ausgelöst.

Problematisch sind demnach Fasern, die länger als fünf Mikrometer (tausendstel Millimeter) und dünner als drei Mikrometer sind. Kritisch ist es zudem, wenn das Verhältnis von Länge zu Durchmesser größer als drei zu eins ist. Dann werden die Partikel als "lungengängig" angesehen. Sie gelangen beim Einatmen tief in die Lunge und haken sich dort fest. Im Laufe vieler Jahre kann sich aus dem Krebskeim ein Tumor entwickeln. Die Gefahr ist jedoch weitgehend gebannt, wenn sich die Faser nach kurzer Zeit im Körper auflöst. Diese Biobeständigkeit ist in den letzten Jahren stark verkürzt worden, sagt Moriske. Derzeit gebe es Produkte, deren Fasern sich bereits nach dreißig bis vierzig Tagen auflösten.

Die deutschen Hersteller haben sich mittlerweile freiwillig verpflichtet, möglichst gefahrlose Produkte zu liefern. Ein Maßstab ist der Kanzerogenitätsindex, "KI". Ein "KI-Wert" von vierzig kennzeichnet die verbraucherfreundlichen Produkte. Heimwerker können sich im Baumarkt an entsprechenden Aufschriften orientieren. Manchmal ist auch der Text "frei von Krebsverdacht" auf den Fasermatten zu finden. Bei Produkten, die nicht deklariert sind, empfiehlt es sich, den Händler zu fragen. Vorsicht ist bei Fasern ausländischen Ursprungs angebracht.

Die weitere Vorsorge liegt am Heimwerker selbst. Vor allem für gute Durchlüftung ist beim Einbau des Isolationsmaterials zu sorgen. Für Handwerker, die mit großen Mengen an Fasern in Kontakt kommen, ist Atemschutz und spezielle Kleidung vorgeschrieben. Einwandfrei abgedichtet, werden keine Fasern frei. Vorsicht ist geboten, wenn im Laufe der Zeit Risse entstehen - oder wenn saniert werden muss.

Paul Janositz

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