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Gesundheit: Neue Schläuche, alter Wein

Von George Turner, Wissenschaftssenator a. D.

Ständig gibt es alte Vorschläge von immer neuen Leuten. Wenn heute die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen als eine richtungweisende Errungenschaft aufgrund neuer Erkenntnisse verkauft wird, bleibt vergessen, dass Ralf Dahrendorf bereits 1967/68 auf die Notwendigkeit eines gestuften Studiensystems hingewiesen hat. Denn es war zu erwarten, dass die Studentenzahlen steigen. Der Arbeitstitel der im Auftrage des Landes Baden-Württemberg verfassten „Hochschulgesamtpläne“ lautete „Kurz- und Langstudiengänge“. Die Standesvertretung der Professoren diskreditierte die Vorschläge als „Billig- oder Discount-Studium“.

Auch die Konstruktion der Hochschulleitung in Anlehnung an das Vorstandsmodell von Unternehmen wird derzeitig als besondere Innovation gefeiert. Der Wissenschaftsrat hat die Professionalisierung der Hochschulleitung in der Form der Präsidialverfassung bereits bald nach 1960 vorgeschlagen. Einzelne Landesgesetze setzten die Idee durch die Einführung der Präsidialverfassung auch um. Dort, wo die Wahlgremien allerdings eine Zusammensetzung in die Richtung einer Drittelparität hatten, trat nicht der gewünschte Erfolg ein: Es wurden nicht profilierte Professoren oder Kandidaten aus Verwaltung und Wirtschaft gewählt, sondern Vertreter des Mittelbaus.

Die Übertragung ökonomischer Grundsätze auf die Hochschulen wird ebenfalls als Neuigkeit verkauft. Dabei wird nicht zur Kenntnis genommen, dass es eine sehr detaillierte Darstellung aus dem Jahr 1976 gibt („Wibera“-Projektgruppe/Bolsenkötter: Ökonomie der Hochschule). Hier findet sich alles, was es zu diesem Thema zu sagen gibt. Die ganze Richtung passte seinerzeit allerdings der ministeriellen Wissenschaftsverwaltung nicht, bedeutete sie doch eine Verlagerung von deren Kompetenzen an die Universitäten.

Auch die Tatsache, dass beim Ranking keine pauschalen Urteile über Universitäten abgegeben werden können, sondern nach Fächern und speziellen Fragen zu differenzieren ist, wurde bereits 1986 in der Deutschen Universitätszeitung dargelegt. Das CHE (Centrum für Hochschulentwicklung) in Gütersloh erweckt nicht nur bei diesem Thema den Eindruck, als habe es die tiefen Teller neu erfunden.

Fazit: Alles schon mal da gewesen.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: g.turner@tagesspiegel.de

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