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Gesundheit: Physik-Gesetze in der Kaffeebüchse

Freies Experimentieren: 25 Jahre Projektlabor an der TU VON THOMAS DE PADOVAEin Königreich für Tüftler und Bastler.Hier oben, in den Räumen 231 bis 244 im Physik-Neubau der Technischen Universität, sind die Schränke bis oben hin voll mit Trichtern und Mörsern, Linsen und Okularen, Elektroden und Lautsprechern, Strommeß- und Schreibgeräten.

Freies Experimentieren: 25 Jahre Projektlabor an der TU VON THOMAS DE PADOVA

Ein Königreich für Tüftler und Bastler.Hier oben, in den Räumen 231 bis 244 im Physik-Neubau der Technischen Universität, sind die Schränke bis oben hin voll mit Trichtern und Mörsern, Linsen und Okularen, Elektroden und Lautsprechern, Strommeß- und Schreibgeräten.Selbst Kaffee- und Coladosen finden in dem Labor gelegentlich ihre eigentliche Bestimmung: an einer Kurbelwelle hängend, als Bestandteile eines "Stirling-Motors". Das Dosenwerk - kein Meisterstück des Schweizer Künstlers Jean Tinguely, sondern von Physik-Studenten der ersten Semester zusammengebaut - läuft.Zwar nur mit einer Umdrehung pro Sekunde, "aber auch ein 5000 Mark teurer Stirling-Motor bringt es nur auf fünf bis sechs Umdrehungen pro Sekunde", sagt Peter Heide, Leiter des Projektlabors.Den vielen Schülern, die in den kommenden Tagen zur 25-Jahr-Feier des Projektlabors an der TU erwartet werden, ist der Büchsenmotor sicherlich ein instruktives Beispiel dafür, wie man auch mit wenig Geld Grundgesetze der Physik, in diesem Falle der Wärmelehre, im Experiment nachweisen kann. Damit die Schüler derlei noch mehr sehen und ausprobieren können, etwa wie man den Klang eines Kassettendecks über ein Lichtsignal an einen Lautsprecher weitergibt, haben Studenten und Tutoren in den vergangenen Tagen eine Reihe origineller Experimenten aufgebaut.Die meisten Versuchsanordnungen haben sie im Laufe ihres Studiums - getreu den Vorstellungen der geistigen Urheber des Projektlabors - selbst konzipiert. "Das Projektlabor an der TU ist einzigartig in Deutschland", sagt Heide.Und jeder, der in Bonn oder Hamburg Physik studiert, kann ihm das bestätigen: Als junger Physik-Student hat man in der Regel wenig Gelegenheit dazu, seine Kreativität im Experiment unter Beweis zu stellen.Das traditionelle Praktikum im Grundstudium führt stattdessen durch einen festen Kanon von Versuchen aus den Gebieten Mechanik, Wärmelehre, Elektrizitätslehre und Optik. An der TU haben die Physikstudenten seit 25 Jahren die Möglichkeit, zwischen der klassischen Praxisausbildung und dem Projektlabor zu wählen.Die Idee des Projektlabors geht auf die späten 60er Jahre zurück.Damals suchten Studierende der Fachschaft Physik nach einer Alternative zu der tradierten Form des physikalischen Praktikums.Auf ihre Initiative hin stellte die Stiftung Volkswagen zum Wintersemester 1968/69 für drei Jahre Tutorenmittel zur Verfügung.Interessierte Studierende erhielten so die Gelegenheit zu beweisen, daß es bereits vom ersten Semester an möglich ist, Experimente in kleinen Gruppen theoretisch vorzubereiten, aufzubauen und auszuwerten und darüber hinaus die gesellschaftlichen Implikationen physikalischer Arbeit zu reflektieren. "1971 wurde das Projektlabor dann auf Beschluß des Fachbereichsrates - ein aüßerst knapper Beschluß - bewilligt", sagt Heide.Und trotz anfänglicher Bedenken sei es inzwischen fest im Physikstudium verankert und werde von den Studierenden gut angenommen.Etwa 60 Prozent der Studenten bevorzugten heute das Projektlabor.Sie arbeiten dort in Teams zu sechs oder sieben Studenten zusammen und werden von einem Tutor betreut. Von den einst 15 Tutorenstellen sind aufgrund der Sparauflagen nur noch elf übriggeblieben.Theodor Herrmann ist schon seit drei Semestern als Tutor dabei.Der Physik-Student betreut die jüngeren Semester und kümmert sich zudem um den Zustand der elektrischen Geräte. Zum Jubiläum des Projektlabors hat er ein einfaches Experiment einer ehemaligen Studentengruppe nachgebaut: In einen gläsernen Wasserbehälter legt er unterschiedlich geformte Hindernisse, bunte Bauklötze oder handgesägte, stromlinienförmige Holzstücke.Streut er nun kleine Kaliumpermanganat-Kristalle in die Flüssigkeit, so läßt sich an den feinverteilten, lilafarbenen Kristallen das Strömungsverhalten des Wassers rund um das Hindernis beobachten."Auf diese Weise kann man leicht nachprüfen, wo und bei welchen Strömungsbeschwindigkeiten sich Turbulenzen zeigen", sagt Herrmann. Dem Besucher mag ein solches Experiment im Vergleich zu den Hochpräzissionsmessungen in modernen Forschungsalabors geradezu spielerisch erscheinen.Die Einfachheit gilt indessen seit jeher als Vorzug in naturwissenschaftlicher Beweisführung.Und daher werden denn auch die Versuchs-Protokolle der bislang 243 Projektgruppenalle fein säuberlich in Ordnern im Projektlabor aufbewahrt: für die Lehre an der TU unterdessen ein kostbarer Ideenschatz. Über "die Bedeutung des Projektarbeit für die Qualität der Lehre" spricht heute um 17 Uhr Inga Tschiersch (Aachen) im Physikgebäude der TU, Hardenbergstraße 36, Hörsaal P164.Um 19 Uhr wird eine Ausstellung im Projektlabor, Räume PN231 bis 244, eröffnet.Zu den Tagen der offenen Tür am 25.und 26.November von 10 bis 18 Uhr lädt das Labor Schüler der Physikkurse Berliner Gymnasien mit ihren Fachlehrern ein.Informationen: 31425057

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