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Gesundheit: Prestigeobjekte: Wie andere Städte große Bibliotheken bauen

Paris Nationalbibliotheken sind Prestigeangelegenheiten. Wer hätte das besser verstanden als Frankreichs früherer Staatspräsident François Mitterrand, der in die Reihe der Grand projets, mit denen er sich in die Geschichte seines Landes einschrieb, auch eine neue Nationalbibliothek einfügte, dem legendären Ruhm der „alten“ zum Trotz.

Paris

Nationalbibliotheken sind Prestigeangelegenheiten. Wer hätte das besser verstanden als Frankreichs früherer Staatspräsident François Mitterrand, der in die Reihe der Grand projets, mit denen er sich in die Geschichte seines Landes einschrieb, auch eine neue Nationalbibliothek einfügte, dem legendären Ruhm der „alten“ zum Trotz. Doch es ging in Paris nicht allein um ein neues Gebäude, sonderen zugleich um einen ambitionierten Städtebau. Denn der Pariser Osten war seit jeher das Stiefkind der Stadtplanung. Hier wohnten die Armen, ballten sich Industrie und Bahnanlagen. Auf einem aufgelassenen Bahngelände, spektakulär bis ans Seine-Ufer erweitert, sollte die neue Bibliothèque nationale entstehen. Ein 1989 ausgelobter Wettbewerb kürte als Sieger Dominique Perrault, Berlinern vertraut als Architekt der Olympia-Sportanlagen. In seiner Heimatstadt sah er eine große Grundplatte mit vier Ecktürmen vor, die, aufgeschlagene Bücher symbolisierend, die Magazine für zwölf Millionen Bücher bergen, währen die eigentlichen Lesesäle sich unter der Platte in zwei Ebenen um einen baumbestandenen Innenhof gruppieren. Dabei ist die obere Ebene der Allgemeinheit zugänglich – gegen Eintrittsgebühr –, die untere allein den Wissenschaftlern, die die Notwendigkeit der Benutzung nachweisen müssen, genau wie es im alten Haus der Brauch war.

London

Die beengten Raumverhältnisse der alten, so ungemein ehrwürdigen British Library verlangten seit Jahrzehnten nach einer durchgreifenden Lösung. Erweiterungen waren innerhalb des umschließenden Gebäudekomplexes des British Museum, als dessen Teil der kuppelförmige Lesesaal Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet worden war, nach einer Reihe schäbiger Baracken schlicht nicht mehr möglich. Doch der Neubau in der Nähe der großen Bahnhöfe im Norden Londons zog sich als unendliche Geschichte hin. Mitte 1999 war der phasenweise Umzug beendet – in einen Gebäudekomplex, der schon von seinem verschachtelten Äußeren her das Gegenteil des streng zentralistischen „Round Reading Room“ darstellt. Umgerechnet rund 500 Millionen Euro waren bis dahin in den Neubau geflossen. Er machte immer wieder durch Verzögerungen und gravierende technische Probleme von sich reden. Zwölf Millionen Medieneinheiten finden nahe St. Pancras Platz, auch an Ausstellungsräume ist – wie in Paris – gedacht worden. 1206 Leseplätze bieten lediglich elf Prozent mehr Kapazität als im Altbau, doch ist die Diskussion um die Notwendigkeit der Vor-Ort-Arbeit ohnehin im Gange. Schmuckstück des Hauses ist die in einer gläsernen „Vitrine“ untergebrachte „King’s Library“ Georgs III., die jeder Besucher beim Gang in die diversen, nach Geistes- und Naturwissenschaften getrennten Lesesäle passiert.

Moskau

Auch in der russischen Hauptstadt wird gebaut – langsam, aber sicher, wie die Direktion der „Leninka“ versichert: Die Russische Staatsbibliothek, die 1992 ihren Ehrentitel Leninbibliothek verlor, aber weiter so genannt wird, soll bei laufendem Betrieb totalsaniert werden. Dach und Fenster des beeindruckenden Hauptgebäudes in Sichtweite des Kreml sind weitgehend erneuert. Gebaut wurde das Haus seit Anfang der 30er Jahre, vollendet erst um 1960. Jetzt wird ein Lesesaal nach dem anderen rekonstruiert. Fertig gestellt ist unter anderem der prächtige, im stalinistischen Stil ausgestattete Forscher-Lesesaal. Die Sanierung des historischen Paschkov-Gebäudes, in dem 1862 die erste gebührenfreie öffentliche Bibliothek Moskaus eröffnet wurde, will man im kommenden Jahr abschließen. Und in direkter Nachbarschaft des Bibliothekskomplexes, zu dem auch ein 19-stöckiges Speichermagazin gehört, soll bis 2011 ein monumentaler Neubau entstehen. Seine Finanzierung – ersten Berechnungen zufolge kostet er 150 Millionen US-Dollar – ist allerdings noch nicht gesichert. Aber ein Grundstück für den 14-stöckigen Bau mit sieben über-, sieben unterirdischen Etagen an der Metrostation Alexandergarten wurde dem Projekt schon zugeteilt. Viel Platz für die größte Bibliothek Europas und nach der Library of Congress in Washington zweitgrößte der Welt.

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