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PROF. TSOKOS ermittelt: Flammen in der Wohnung

Von Michael Tsokos

Für die Feuerwehr sind Wohnungsbrände in Berlin an der Tagesordnung. Dass dabei Menschen ums Leben kommen, ist glücklicherweise die Ausnahme. Passiert es dennoch, wird neben Brandermittlern von Polizei und Feuerwehr und der Kriminalpolizei auch die Rechtsmedizin involviert. Erst vor kurzem wurde nach einem Wohnungsbrand in einem Mehrfamilienhaus in Tegel die Leiche einer Frau gefunden. Es ist die zehnte Brandleiche seit Jahresbeginn, die wir untersuchen mussten – pro Jahr sind es etwa 120.

Vorrangig ist in solchen Fällen die Identifizierung des unbekannten Toten. Handelt es sich um den Bewohner der ausgebrannten Wohnung? Oder um eine andere Person, die sich zum Zeitpunkt des Brandausbruchs dort befand? Durch die Einwirkung des Feuers ist bei einer Brandleiche oft nicht mehr zu erkennen, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelte. Das ist bei der Obduktion einfach zu klären. Die inneren Geschlechtsorgane sind in der Regel unversehrt. Besteht ein konkreter Verdacht, um wen es sich bei dem Verstorbenen handeln könnte, kann dies mittels DNA-Abgleich überprüft werden. Eine verlässliche Aussage gibt auch das Zahnschema, das mit entsprechenden zahnärztlichen Unterlagen verglichen wird. Zähne werden selbst durch sehr hohe Temperaturen kaum beschädigt.

In Zusammenarbeit mit den Ermittlern müssen wir klären, ob es sich um einen Unfall, Suizid oder ein Tötungsdelikt handelt. Meistens sind Unfälle die Ursache, entweder durch defekte elektrische Geräte oder unachtsamen Umgang mit offenen Flammen. Häufig haben wir es auch mit Personen zu tun, die rauchend eingeschlafen sind. Viel seltener ist Feuer als Suizidmethode. Wenn Unfall oder Suizid ausgeschlossen und zudem Spuren von Brandbeschleuniger im Brandschutt nachgewiesen wurden, kommt nur noch ein Tötungsdelikt infrage. Dann liegt es an uns herauszufinden, ob es sich um einen Brandmord oder einen Mordbrand handelt: Hat der Täter sein Opfer zum Beispiel mittels Erdrosseln oder Stichverletzungen getötet und dann einen Brand gelegt, um seine Spuren zu verwischen? Oder hat er das Opfer durch vorsätzliches Legen eines Brandes getötet? Bei Letzterem stellen wir zum Beispiel Ruß in den Atemwegen fest, den der Betreffende während des Sterbens eingeatmet hat oder auch verschluckte Rußpartikel in Speiseröhre und Magen. Bei einem Brandmord fehlen diese sogenannten „Vitalitätszeichen“ dagegen – das Opfer war zum Zeitpunkt des Feuers bereits tot.

Michael Tsokos

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