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Gesundheit: Sachsens Hochschulen: Man hofft auf mehr Studenten

In Sachsen ringt die regierungstragende CDU der Staatsregierung beim Haushaltsentwurf 2001/02 Zugeständnisse ab. Allerdings nur auf familien- und sozialpolitischem Gebiet.

In Sachsen ringt die regierungstragende CDU der Staatsregierung beim Haushaltsentwurf 2001/02 Zugeständnisse ab. Allerdings nur auf familien- und sozialpolitischem Gebiet. Der Etat von Wissenschaftsminister Hans-Joachim Meyer hat im Landesparlament keine vergleichbare Lobby. "Das Wissenschaftsministerium muss auch einmal bluten", hört man von Finanzpolitikern.

Vergessen wird bei solcher Argumentation leicht, dass allein das wissenschaftliche Personal an Sachsens Hochschulen seit 1990 auf jetzt 9764 Stellen mehr als halbiert worden ist. Zwar bleibt der im Landtag aktuell debattierte Entwurf des neuen Wissenschaftsetats mit rund drei Milliarden Mark ungefähr konstant. Die eigentlichen Einschnitte verbergen sich jedoch hinter einem Haushaltsvermerk.

In einem ersten Schritt sollen in den kommenden drei Jahren 415 Stellen an den Hochschulen in Sachsen abgebaut werden. Trotz der überdurchschnittlichen Zahl von zu erwartenden Pensionierungen halten die sächsischen Hochschulrektoren einen solchen Aderlass für verhängnisvoll.

Was planen Finanzminister Georg Milbradt und Ministerpräsident Biedenkopf darüber hinaus? Den Verlust von weiteren 600 Stellen bis zum Jahr 2008, die Umwidmung von insgesamt 700 Stellen für einen Innovationspool und für eine gebührenpflichtige Weiterbildung. Diese Pläne hatten im Sommer zu einem Proteststurm der Rektoren geführt: Die Kürzungen würden die sächsischen Hochschulen in einer Phase steigender Studentenzahlen treffen und bisherige Standortvorteile beeinträchtigen.

Der sächsische Finanzminister Milbradt rechnet immer wieder vor, dass Sachsen durch den Geburtenrückgang viel zu wenig Landeskinder haben wird. Deswegen möchte er schon jetzt durch Personalabbau die Weichen für künftig geringere Hochschulkapazitäten stellen. Die sächsischen Hochschulen, an der Spitze die TU in Dresden, halten mit dem Argument dagegen: Ein Rückgang um ein Viertel der Studenten könnte sich frühestens von dem Jahre 2010 an abzeichnen. Von diesem Zeitpunkt sei ein Personalabbau vertretbar, meint TU-Kanzler Alfred Post.

Strittig ist vor allem die Prognose: Nach einer Modellrechnung der TU Dresden wird der dramatische "Geburtenknick" des Jahres 1990 nicht in vollem Umfang auf die Studentenzahlen durchschlagen. Das Meyer-Ministerium geht sogar optimistisch von rund 90 000 Studierenden in Sachsen aus. Schon jetzt kommen nur etwa zwei Drittel der Studierenden aus dem heimischen Sachsen und ein Drittel aus anderen Bundesländern. Auf mehr als 40 Prozent aber wird sich auch nach Auffassung der TU die "Importquote" nicht steigern lassen. Allerdings rechnet die TU mit einer wesentlichen Erhöhung des Ausländeranteils von derzeit 6 auf 16 Prozent in Dresden.

Würde man nach den Plänen von Finanzminister Milbradt schon vorher zu viele Stellen streichen, wäre eine Überlast zu erwarten, wie sie von westdeutschen Hochschulen bekannt ist und wie sie Dresden gerade mit dem Ansturm auf die Informatik-Fakultät erlebt. Für Uwe Grüning, den hochschulpolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, wäre das ein verhängnisvoller Fehler. Entscheidungshilfe in dem Streit erhofft sich die sächsische Staatsregierung von der eigens eingesetzten Hochschulentwicklungskommission unter dem Vorsitz des Stanford-Professors Hans Weiler. Deren Votum wird nicht vor Jahresende erwartet. Von dieser Kommission könnten Vorschläge für Strukturreformen ausgehen: Verstärkte Kooperation der Hochschulen untereinander, Aufgabenteilung oder gar Zusammenlegung von Studiengängen können auch Spareffekte bringen.

Wissenschaftsminister Meyer ist sich der zu erwartenden Proteste bewusst. Der Anfang der neunziger Jahre forcierte Ausbau der Dresdner TU zu einer Volluniversität könnte jetzt zum Pferdefuß werden. Keinesfalls dürften aber die Geisteswissenschaften in Dresden zu einer Art Hilfstruppe für die Ingenierwissenschaften degradiert werden, meint Meyer. Ausdrücklich spricht sich der Wissenschaftsminister für zwei Volluniversitäten in Sachsen aus und erteilt damit Dresdner Vorschlägen von einer Art Universitätsholding, um nicht von einer Landesuniversität zu sprechen, erneut eine Absage.

Eine völlig offene Frage nicht nur in Sachsen ist die akademische Weiterbildung. Ein Lieblingskind von Kurt Biedenkopf, der in diesem "quartären Bereich" 400 Stellen durch Gebühren finanziert sehen will. Auch Hans-Joachim Meyer möchte diese Nachqualifikationen aus der öffentlichen Finanzierung herausnehmen. Universitäten müssten da mit dem vorhandenen Privatmarkt gleichziehen. Aber noch sind in diesem Bereich die geringsten finanziellen Ressourcen vorhanden.

Michael Bartsch

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