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Gesundheit: Schneeflocke statt Lawine

Kulturbewegte wollten „Kinder zum Olymp“ schicken – vergebens

„Das war eine sehr schöne Antwort, aber was hat das mit einem Baumstamm zu tun, auf den mit einer Axt geschlagen wird?“ Nadja und die anderen von der Musik-AG des Kölner Königin-Luise-Gymnasiums haben eben die Aufführung der „Stücke der Windrose“ von Mauricio Kagel erlebt. Jetzt löchern sie den Komponisten mit Fragen. Später werden die zehn- bis 13-Jährigen noch Passanten in der Fußgängerzone überfallen – „Kennen Sie Kagel?“. „Plug-in“ heißt das Projekt von WDR und dem Kölner Büro für Konzertpädagogik. Eins von Hunderten im Land, das Kinder und Jugendliche auf Kultur loslässt.

Was herauskommt, wenn Erwachsene darüber vorwiegend mit Erwachsenen reden, war vergangene Woche in Leipzig zu besichtigen. „Kinder zum Olymp!“ forderte ein zweitägiger Kongress, veranstaltet von der Kulturstiftung der Länder, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers. Ein Buch zur Tagung versammelt 85 Beispiele, von Schülern, die in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister als Führer arbeiten bis zum Rap-Tanz-Projekt an der Staatsoper Hannover. Ein Schneeball, der zur Lawine wird, solle die Veranstaltung im Leipziger Gewandhaus sein, sagt Karin von Welck, Generalsekretärin der Kulturstiftung.

Die Tagungsredner verbreiten erstmal jene Ermutigungspoesie, die offenbar immer entsteht, wenn Freunde der Kultur zu Kulturleuten über Kultur sprechen. „Kunst und Kultur sind kein Luxus, sondern ein Grundnahrungsmittel für jede und jeden und für alle in einer zivilisierten Gesellschaft“, sagt Bundespräsident Johannes Rau.

Einen Stock tiefer hat sich im Foyer eine kleine Projektmesse wie eine Wagenburg zum Kreis gruppiert. „Oben erzählen die uns, was getan werden müsste, und wir machen das seit Jahren mit winzigen Etats“, ärgert sich Anke Eberwein vom Büro für Konzertpädagogik. Allein in den letzten beiden Jahren seien die Budgets für Jugendbildung und -Kultur um zehn Prozent gesunken, rechnet Gitta Connemann, Vorsitzende der Enqête-Kommission „Kultur in Deutschland“ vor. Doch die Kämmerer, die Schmalhansel, die allerorts Küchenmeister sind, fehlen bei dem Kongress, auch Vertreter aus der Wirtschaft sind rar. Unter den 450 Teilnehmern sind vor allem Vertreter von Kulturinstitutionen und -verbänden, Künstler, Lehrer, Kultur- und Bildungspolitiker.

Am Ende, nach über 20 Podien, Lesungen, Vorträgen liegt ein „Leipziger Manifest“ an der Garderobe aus. Ein „Bündnis zwischen Politikern, Pädagogen, Eltern, Jugendlichen, Medien, Kulturinstitutionen und Stiftungen“ wird darin gefordert. „Etwas konkreter dürfte es schon sein“, meint die Frau, die die Jacken bewacht.

Mehr im Internet unter:

www.kinder-zum-olymp.de; www.kulturstiftung.de; www.bpb.de

Das Buch „Kinder zum Olymp! Wege zur Kultur für Kinder und Jugendliche“ ist erscheinen im Wienand Verlag, Köln 2004 (352 S., 14,80 Euro).

Jürgen Kleindienst

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