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Gesundheit: Schöner Schein

Auch Frauen lassen sich bei der Partnersuche vor allem vom Aussehen leiten

Die meisten glauben fest daran: Männer wollen schöne Frauen, und Frauen wollen Männer mit Geld und Geltung. Diese Ansicht genießt sogar seit den 70er Jahren wissenschaftliche Würden. Danach hat die menschliche Evolution verschiedene Strategien bei Männern und Frauen ausgelesen. Solche Männer, die sich mit schönen, jungen Frauen paarten, hatten im Durchschnitt mehr und gesündere Nachkommen. Und Frauen, die sich mit Männern zusammentaten, die über einen hohen Status verfügten, brachten mehr von ihren Genen durch als andere Frauen. Denn ihre Kinder, sagen Evolutionsbiologen, profitierten von der Macht und den Gütern der Alphamännchen.

Neue Untersuchungen erschüttern diese Sichtweise. Der Humanbiologe Alexander Pashos von der Freien Universität Berlin hat 180 junge heterosexuelle Singles nach deren Verhalten bei Datings befragt. Überraschendes Ergebnis: Männer und Frauen stimmen in ihren Partnervorlieben überein. Beide halten demnach die physische Attraktivität eines gesuchten Partners für wichtiger als dessen gesellschaftlichen Status.

Gefragt, was denn bei einer Person entscheidend ist, damit man sich mit ihr verabredet, gaben 98 Prozent der Männer und 90 Prozent der Frauen an, „gutes Aussehen“ und „eine sexuell attraktive Erscheinung“ seien wichtig. Dagegen meinten fast zwei Drittel der Männer und mehr als die Hälfte der Frauen, der sozioökonomische Status des gewünschten Partners, ob er einen angesehenen Job hat und in guten finanziellen Verhältnissen lebt, sei unwichtig. Überdies fand Pashos keinen Anhaltspunkt für die geläufige Ansicht, dass vor allem Suchende mit niedrigem Status einen Partner mit hohem Status wünschen.

Dagegen trat ein bemerkenswerter Zusammenhang zwischen der Attraktivität der Singles und der Anzahl ihrer sexuellen Beziehungen zu Tage: Die Männer, die von den Frauen als am attraktivsten eingestuft wurden, hatten zugleich die meisten Sexpartnerinnen (mehr als vier pro Jahr). Andersherum hatten die schönsten Frauen nur eine mittlere Zahl sexueller Beziehungen. Frauen mit vielen Beziehungen schnitten im Aussehen deutlich schlechter ab.

Sabine Freising von der Technischen Universität Dresden kam nach Auswertung von 400 Kontaktanzeigen und 284 Fragebögen zum Schluss, dass „die Attraktivität eines Partners, anders als in bisherigen Studien, von Frauen ebenso so hoch bewertet (wurde) wie von Männern“. Bereits frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass die Schönheit einer kennen gelernten Person darüber bestimmte, ob man sie mochte und wieder sehen wollte. Überdies wurde aufgedeckt, dass Frauen das Ausmaß unterschätzen, in dem sie sich von der Attraktivität eines Mannes leiten lassen.

Schönheit ist immer auch relativ, abhängig von Normen der Gesellschaft sowie vom Wissen über die Personen. Viele kennen die Erfahrung, dass ein Mensch schöner wird, wenn man vertrauter mit ihm wird. Dies haben amerikanische Forscher kürzlich in Untersuchungen bestätigt. Positive oder negative Charaktereigenschaften machten Personen in den Augen derer, die sie kannten, schöner oder unattraktiver.

Dass beide, Männer wie Frauen, nach Schönheit Partner suchen, steht im Einklang mit der sozialen Rollentheorie. Sind Frauen in der Macht- und Einkommensverteilung benachteiligt, dann sind sie bestrebt, die Nachteile mit der Wahl eines Partners mit hohem Einkommen und Status auszugleichen. Haben Frauen jedoch gleichberechtigt teil an der Verteilung von Macht und Wohlstand, verschwindet dieser Unterschied in der Partnerpräferenz. Eine Auswertung von Daten aus 37 Ländern schien zunächst zu bestätigen, dass Frauen mehr als Männer auf Status achten. Denn Frauen in 36 Ländern bewerteten das Einkommen eines möglichen Partners höher als dies umgekehrt Männer bei Frauen taten.

Interessanterweise war der Unterschied in Entwicklungsländern groß, in denen Frauen besonders benachteiligt waren. Schwach ausgeprägt dagegen war er in westlichen Ländern wie Niederlande, Deutschland und Großbritannien.

Als erwiesen gilt, dass sich Partner mit gleichen Eigenschaften nach dem Motto Gleich und Gleich gesellt sich gern, häufiger verbinden. Dies gilt für physische Attraktivität, soziale Schicht, Bildung und Persönlichkeitsmerkmale.

Wieweit machen Charakter und Persönlichkeit einen Menschen attraktiv? Alexander Pashos meint, es reiche nicht ganz, wenn Männer nur gut aussehen. Um Frauen wirklich anzuziehen, müssten sie zusätzlich charismatisch erscheinen. Und nicht nur das. Beinahe alle, jeweils 97 Prozent der Frauen und der Männer, gaben an, Fähigkeiten eines Partners seien ihnen wichtig oder sehr wichtig. Aber Persönlichkeitsmerkmale offenbaren sich nicht auf Anhieb und können sich erst später im Verlaufe des Kennenlernens auswirken. Wer seinen Partner vor allem mit „inneren Werten“ überzeugen will, muss also hartnäckig sein – sonst siegt der schöne Schein.

Peter Düweke

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