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Gesundheit: Schwarzweiße Exotik: Ausstellung über das Afrika-Bild an Berliner Schulen

Hüttenromatik und Elend bestimmen das Bild von Afrika an Berliner Schulen. In rund 30 derzeit benutzten Lehrbüchern werden afrikanische Kulturen vor allem durch ihre Traditionen und Rassenunterschiede beschrieben.

Hüttenromatik und Elend bestimmen das Bild von Afrika an Berliner Schulen. In rund 30 derzeit benutzten Lehrbüchern werden afrikanische Kulturen vor allem durch ihre Traditionen und Rassenunterschiede beschrieben. Zu diesem Ergebnis kamen Studenten der Humboldt Universität in einem einjährigen Projektseminar zum Thema "Du schwarz - ich weiß?". Eine Ausstellung im Institut für Afrikanistik zeigt, welche Vorstellungen sich Schüler zwischen 13 und 20 Jahren vom schwarzen Kontinent machen.

In den ausgestellten Aufsätzen, Fragebögen und Zeichnungen werden immer wieder Elend und Not thematisiert. "Mit 14 wurde sie zwangsverheiratet, mit 19 Jahren bekam sie ihr erstes Kind" beschreibt eine 18-Jährige das Leben einer gleichaltrigen Afrikanerin. Doch auch romantische Phantasien beflügeln die Schüler in ihrer Vorstellung vom fremden Kontinent. Inmitten von Hütten, Tanz und Musik erträumt sich ein Gymnasiast ein besseres Leben: "Denn in Afrika wird alles etwas lockerer genommen." Triebe und sexuelle Lust kennzeichnen das afrikanische Miteinander in vielen Aufsätzen. Den Alltag in einer afrikanischen Großstadt können sich außerhalb von Slums jedoch nur wenige vorstellen.

Ausschnitte aus Lehrbüchern acht verschiedener Verlage zeigen, warum besonders dörfliche Traditionen das Afrika-Bild der Schüler beherrschen. Im Erdkundebuch des Schroedel Verlags aus dem Jahr 1994 heißt es: "Einige afrikanische Stämme leben als Jäger und Sammler noch auf der Stufe der Steinzeit." Auch die Beiträge der Verlage Cornelsen, Klett, Westermann sowie des Bayrischen Schulbuchverlags beziehen sich vorwiegend auf das Leben exotischer Stämme. Tellerlippen, fremdartiger Schmuck und Nacktheit können so zu allgemeinen Merkmalen des Durchschnittsafrikaners werden.

"Diese Darstellungen beschreiben das Leben, wie es vor 100 Jahren einmal war", sagt die Leiterin des Projekts, Christiane Reichart-Burikukiye. Texte über den Alltag von Gleichaltrigen oder das Leben in der Stadt kämen im Lehrmaterial eindeutig zu kurz. Zur näheren Einordnung eines afrikanischen Stammes führt das Biologiebuch des Cornelsen Verlags aus dem Jahr 1990 Weisheiten aus der Rassenkunde an: "Am Rande der Verbreitungsgebiete der großen Rassenkreise hat sich eine Reihe kleinerer, älterer Rassen erhalten. Zu ihnen gehören die Buschmänner Afrikas." Einige Altrassen seien durch starke Körperbehaarung und auffällige Augenwülste zu erkennen. "Hier wird suggeriert, daß es sich um eine Art Urmenschen handelt", bestimmt Reichart-Burikukiye den rassistischen Gehalt der Unterrichtsbücher. Äußerlichkeiten würden so zu Kriterien, um den Zivilisationsgrad eines Volks zu messen. Eine Neuauflage des Biologiebuchs erschien dieses Jahr im Cornelsen Verlag. "Das Kapitel über die Stammesgeschichte des Menschen ist völlig neu überarbeitet worden", sagt Verlags-Sprecherin Irina Pächnatz. Statt über Altrassen belehrt das aktuelle Buch nun über die Vielfalt der menschlichen Art. Wegen der Finanzknappheit seien an den Schulen aber weiter veraltete Bücher in Gebrauch.

Anik Waldow

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