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Gesundheit: "Studiengebühren sind keine Hürde"

Stifterverband und Centrum für Hochschulentwicklung stellen ihr Studienbeitragsmodell vorVON THOMAS GEHRINGERPrall gefüllte Bibliotheksregale, Hörsäle mit rundum intaktem Mobilar, ausreichend Labor- und Praktikumsplätze, aufgeräumte Studienpläne und Professoren, die sich stets um Verständlichkeit bemühen: eine solche Anhäufung nahezu paradiesischer Zustände ist an Hochschulen natürlich Utopie.Und wird es wohl auch bleiben; denn sie hat ja ihren Preis.

Stifterverband und Centrum für Hochschulentwicklung stellen ihr Studienbeitragsmodell vorVON THOMAS GEHRINGERPrall gefüllte Bibliotheksregale, Hörsäle mit rundum intaktem Mobilar, ausreichend Labor- und Praktikumsplätze, aufgeräumte Studienpläne und Professoren, die sich stets um Verständlichkeit bemühen: eine solche Anhäufung nahezu paradiesischer Zustände ist an Hochschulen natürlich Utopie.Und wird es wohl auch bleiben; denn sie hat ja ihren Preis.Die Idee, daß die Studierenden selbst einen großen Teil dieses Preises zu erbringen haben, wenn sich die Zustände ändern sollen, haben der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) gestern detailliert erläutert.In einjähriger Arbeit haben sie ein "Studienbeitragsmodell" entwickelt, das gestern in Bonn der Öffentlichkeit präsentiert wurde.Damit könne die Lehre erheblich verbessert werden, behauptete CHE-Chef Detlef Müller-Böling, der auf die Hochschulen Millionenbeträge zufließen sieht.Das Konzept klingt allerdings nach Quadratur des Kreises: Die Hochschulen sollen über mehr Geld verfügen können, ohne daß staatliche Haushalte zusätzlich zur Kasse gebeten werden.Und für die Studierenden soll es auch noch sozialverträglich sein.Wie wir bereits berichteten, sieht das Modell eine Darlehensregelung für einkommensschwache Studierende vor.Wer die geforderten Studiengebühren nicht sofort zahlen kann, muß ein Darlehen aufnehmen, kann mit der Rückzahlung aber warten, bis er den mit dem Studium erhofften beruflichen Erfolg auch erreicht hat.Bei einem niedrigeren Einkommen oder Arbeitslosigkeit wird eine langsamere oder gar keine Rückzahlung fällig, und nach 25 Jahren soll die Rückforderung vollständig entfallen.Zur Abwicklung der Darlehen schlagen der wirtschaftsnahe Stifterverband und das CHE, eine Einrichtung der Hochschulrektorenkonferenz und der Bertelsmann Stiftung, die Einrichtung einer Studienkreditanstalt (SKA) vor.Die SKA übernimmt für die Studierenden vorerst Zinsen und Tilgung und gibt somit den Banken, die zwar den marktüblichen Zinssatz fordern, aber keine Bedingungen an die Darlehensvergabe knüpfen wollen, die gewünschte Sicherheit.Die SKA wiederum speist sich aus den Rückzahlungen der Absolventen und einer aus den Studiengebühren gebildeten Rücklage."Es ist für Studierende aus einkommensschwachen Familien objektiv keine Hürde vorhanden", erklärte Müller-Böling.Freilich bleiben dieser Gruppe die Aussicht auf eine spätere Rückzahlung von vermutlich mehreren tausend Mark - wenn auch nur bei entsprechendem Einkommen - und die Zinsen als zusätzliche Kosten.Genaue Rechenbeispiele fehlen in dem Modell; dafür bietet es in Einzelfragen mehrere Lösungen an.Dadurch soll es angesichts der unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Bundesländern anpassungsfähig bleiben und außerdem die Konkurrenz der Hochschulen untereinander erhöhen.So schlagen die Autoren mehrere Varianten vor, wie die grundsätzliche Zahlungspflicht der Studierenden eingeschränkt werden könnte, um Abschreckungseffekte zu verhindern.So könnten die ersten beiden Semester beitragsfrei bleiben, und ein bestimmter Prozentsatz an Studienplätzen könnte für leistungsstarke Bafög-Empfänger als Freiplätze vergeben werden.Auch könne die Höhe der Gebühren zwischen 1000 und 1500 Mark pro Semester betragen, oder aber sie werde nach den Pro-Kopf-Gesamtausgaben für die Lehre berechnet.Offen bleibt auch, wer die Gebührenhöhe bestimmen soll: Sie könnte genau gesetzlich geregelt werden, oder aber die Hochschulen werden ermächtigt, die Höhe innerhalb einer bestimmten Bandbreite selbst festzulegen.Manfred Erhardt, Generalsekretär des Stifterverbandes, würde es am liebsten den Hochschulen überlassen, die Einzelheiten bei der Gebührenerhebung auszuarbeiten."Die Studierenden werden künftig viel stärker schauen, zu welcher Hochschule sie gehen wollen", hofft Erhardt.Ein Anreiz könnte etwa sein, während der Regelstudienzeit Zinsfreiheit anzubieten, was natürlich auch den Druck erhöhen soll, das Studium möglichst schnell zu durchlaufen.Trotz der politisch aussichtslosen Lage glauben die Autoren nicht, daß sie sich die Mühe umsonst gemacht haben.Wenn nicht Wahlkampfzeiten wären, seien Studiengebühren auch jetzt schon durchzusetzen, meinte Erhardt.Das CDU-Mitglied plädierte dafür, das Thema offensiv anzugehen, "weil es uns sonst aus der Hand genommen wird".In fünf Jahren würden die "einfallsreichen Finanzminister" Studiengebühren einführen, die dann allerdings in den löchrigen Haushalten verschwinden.Erhardt verweist an dieser Stelle gerne auf seine Zeit als Berliner Wissenschaftssenator.Damals habe der Koalitionspartner SPD Studiengebühren abgelehnt, doch die sozialdemokratische Finanzsenatorin habe selbst Gebühren eingeführt, die den Hochschulen aber nicht zugute kämen."Auf kaltem Weg Studiengebühren einführen, die nicht sozial abgesichert sind", nannte das Detlef Müller-Böling."Das wollen wir mit unserem Modell verhindern."

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