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Gesundheit: Tiere im Winterquartier: Wer hier lebt, braucht ein dickes Fell

Flamingos bekommen kalte Füße, Trampeltiere legen sich ein dickes Fell zu. Enten plustern sich auf.

Flamingos bekommen kalte Füße, Trampeltiere legen sich ein dickes Fell zu. Enten plustern sich auf. Manche Nager lassen sich gar nicht mehr draußen blicken, ja, nicht einmal die Eisbären sehen besonders glücklich aus. Bloß Rentiere und einige Pinguine scheinen sich zu freuen. Es ist Winter, brrr!

Nur gut, dass sich der Mensch warm anziehen kann. Mit Mütze, Schal und Mantel findet er auch im Winter den Weg in den Zoo - und wundert sich: Wie hält ein Trampeltier nur diese Kälte aus? Sollte es nicht im Stall bleiben, sich von einer künstlichen Sonne den Pelz bestrahlen lassen und auf den nächsten Sommer warten?

"Ganz und gar nicht", meint Ragnar Kühne, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Zoologischen Gartens Berlin. "Trampeltiere sind an extreme Klimazonen angepasst und müssen in der Natur zum Teil Temperaturen bis zu 50 Grad plus, aber auch bis zu minus 30 Grad aushalten." Tatsächlich scheint es den zu den Kamelen gehörenden Tieren im Zoo prächtig zu gehen. Gelangweilt, fast ein wenig arrogant blicken sie aus ihrem dicken Winterfell auf den fröstelnden Besucher herab. Als wollten sie sagen: "So ein schönes, dickes Fell wie wir bekommt ihr nie." Auch andere große Säugetiere wie Bisons, Esel oder der Japanische Serau, ein ziegenartiges Tier, legen sich im Winter ein dickes Fell zu. Das Winterhaar ist meist wolliger und wärmer, ähnlich wie die Daunen der Vögel. Wie gut ein Fell oder Gefieder aber isoliert, hängt unter anderem davon ab, wie viel Luft es einschließt. Deshalb plustern sich Vögel bei klirrender Kälte auf, andere Tiere stellen die Haare auf. Selbst beim Menschen gibt es noch ein Überbleibsel des Haarsträubens: die Gänsehaut.

Geradezu perfekt nutzen Rentiere Luft als Isolationsmittel. Die Haare der nordischen Hirschart haben Luftkammern, die sie das ganze Jahr über vor Kälte schützen. Trickreich sind auch die Eisbären: Ihr Pelz ist nämlich zum Teil gar nicht weiß, sondern durchsichtig. Die Glashaare bündeln das spärliche Winterlicht und leiten es direkt auf die Eisbärenhaut. Weil die sehr dunkel ist, wird die Lichtenergie schnell absorbiert und in Körperwärme umgewandelt. Dennoch: Selbst Eisbären liegen lieber in der warmen Frühlingssonne als im kalten Winterwind.

Nur die Pinguine, die normalerweise kaum aus ihren gekühlten Innenbereichen herauskommen, freuen sich: Endlich dürfen auch sie ihren Schnabel in die frische Luft halten. "Die meisten Tiere im Zoo kommen gut mit unseren winterlichen Temperaturen zurecht", bestätigt Kühne. "Lediglich Murmeltiere und Siebenschläfer werden eingewintert, aber die verschlafen ohnehin einen großen Teil ihres Lebens", sagt der Zoologe und deutet auf drei große Kisten in einem Arbeitsraum im Innern des Schafsfelsen.

Wie überdimensionale Seemannskisten sehen die Winterquartiere der Nager aus. Durch Luken können die Tierpfleger die Tiere kontrollieren. Stören darf man sie jetzt allerdings nicht mehr. Das Aufwachen würde sie sehr viel Energie kosten, denn Murmeltiere und Siebenschläfer sind echte Winterschläfer. Das heißt: Ihre Körpertemperatur ist auf ungefähr fünf bis null Grad gesunken, sämtliche Körperfunktionen laufen auf Sparflamme. Die dafür nötige Energie ziehen sie aus ihrem dicken Fettpolster, das sie sich angefressen haben, kaum, dass die Tage kürzer wurden. Wachen sie im Frühjahr auf, hängt ihnen die Haut wie ein zu groß gewordener Overall am Körper.

Während die Nager die Zeit verschlafen, werden vor allem solche Vögel aktiv, die eigentlich auf der anderen Seite der Erdkugel zu Hause sind. Zum Beispiel Pelikane, Ibisse und Löffler. Es ist Paarungszeit. Damit ihnen dabei nicht zu kalt wird, beziehen diese Vögel während des Winters ihre Quartiere im Wirtschaftshof des Zoos. Andere Vögel wie die Flamingos kommen nur nachts und bei eisiger Kälte in die Innenräume.

"Den Flamingos sieht man sehr schnell an, wann sie frieren", sagt Kühne. "Besonders empfindlich sind ihre nackten, langen Beine. Wird es kalt, ziehen sie ein Bein an und plustern sich auf. Schließlich setzen sie sich, um auch das zweite Bein zu schützen - dann wird es Zeit, dass sie reingeholt werden."

Auch einige tropische Säugetiere bleiben in den Wintermonaten in ihren Innengehegen. So können sich die Brüllaffen, Klammeraffen und Gibbons mit unserem Klima ganz und gar nicht anfreunden. Sie mögen es lieber kuschelig warm. Und Giraffen haben bei Eis und Schnee schlichtweg Ausgehverbot: Sie könnten sich sonst ihre langen Beine brechen.

Bei den meisten Tieren aber bleibt auch im Winter die Tür nach draußen offen. Dann sorgen die Tierpfleger dafür, dass ihre Schützlinge nicht allzu mutig werden. Denn nicht alle Tiere gehen bei Kälte instinktiv ins Warme. Tiere aus warmen Klimazonen werden von der Natur gar nicht mit dem Problem Kälte konfrontiert. Ihnen muss der Tierpfleger erst zeigen, dass man drinnen keine kalten Füße bekommt.

Julia Thurau

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