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Gesundheit: Über die Wege wird noch diskutiert - Niedrigere Hafengebühren als Anreiz denkbar

Mit einem ökonomischen Anreiz-System hofft der Hamburger Senat, Umweltschäden aus dem stark wachsenden globalen Schiffsverkehr wirksam eindämmen zu können. "Wir wollen Betreibern umweltfreundlicher und sicherer Schiffe Rabatte bei den Hafengebühren gewähren", sagt Umweltsenator Alexander Porschke.

Mit einem ökonomischen Anreiz-System hofft der Hamburger Senat, Umweltschäden aus dem stark wachsenden globalen Schiffsverkehr wirksam eindämmen zu können. "Wir wollen Betreibern umweltfreundlicher und sicherer Schiffe Rabatte bei den Hafengebühren gewähren", sagt Umweltsenator Alexander Porschke. Dadurch würden sich umweltschonende Investitionen - etwa doppelte Schiffsböden oder schadstoffmindernde Abgaskatalysatoren - eher rentieren. Gleichzeitig sollen potenziell umweltschädigende Schiffe mit erhöhten Gebühren belegt werden - ein für die Hansestadt insgesamt kostenneutrales Modell.

Andere europäische Häfen haben solche Rabatt-Konzepte bereits verwirklicht. In Rotterdam gibt es seit 1995 das Anreiz-System "Green Award" - bislang 120 Schiffe, fast ausschließlich Tanker, haben das Zertifikat erworben. Dazu müssen Schiffe und deren Besatzungen die in den umfangreichen Bestimmungen festgelegten Kriterien erfüllen. Nach Erhalt des gebührenpflichtigen Zertifikats ermäßigt sich die Hafengebühr um sechs Prozent. Ein 200 000-Tonnen-Tanker, der drei Mal Rotterdam anläuft, spart damit jährlich 30 000 Dollar. Das Green Award System ist jedoch freiwillig - bislang hat sich nur rund ein Prozent der weltweiten Tankerflotte registrieren lassen. Dafür ist es das erste Anreiz-Programm mit globaler Reichweite.

Hohe Kosten für Abgassünder

Schwedische Häfen haben die Abgasqualität zum Gebühren-Kriterium erhoben. Schiffe, deren Motoren mehr als zwölf Gramm Stickoxide pro Kilowattstunde ausstoßen, zahlen fünf Kronen pro Bruttoregistertonne, bei zwei Gramm sind nur 3,40 Kronen fällig. Den unteren Wert erreichen die Frachter meist nur nach Einbau eines Schiffskatalysators, der jährlich Zusatzkosten in Höhe von rund 155 000 Mark verursacht. Um dies über Rabatte wieder einzufahren, muss das Schiff mindestens zehn Mal pro Jahr einen schwedischen Hafen anlaufen.

Für Hamburg scheidet das Rotterdamer Green-Award-Konzept aus, weil die Kriterien speziell für Großtanker ausgelegt sind, die die Hansestadt gar nicht anlaufen. Auf der Konferenz "Green Shipping", zu der sich Mitte Februar 250 Experten aus 24 Ländern im Hamburger Kongresszentrum trafen, favorisierte Umweltsenator Porschke statt dessen ein Bonus-Malus-System: Die umweltfreundlichen Schiffe sollen belohnt, die potenziell umweltschädigenden belastet werden. "Die Seeschifffahrt ist ein hart umkämpfter Markt", erklärt Porschke. Wer in den Umweltschutz investiere, riskiere Wettbewerbsnachteile. "Der Ehrliche ist nach dem derzeitigen System der Dumme." Deshalb sollen Umweltbesorgte nun für ihr Engagement belohnt und "Sünder" zur Kasse gebeten werden.

Die zunehmende Ausflaggung der Handelsflotten in Billigländer ist mit einem Verfall bei den Umwelt- und Sicherheitsstandards einhergegangen. So fuhr der am 12. Dezember vor der bretonischen Küste zerbrochene Tanker "Erika" unter maltesischer Flagge. Eigentümerin ist eine große griechische Reedereigesellschaft, Verwalterin ist eine italienischen Firma in Ravenna, gechartert schließlich wurde der Unglückstanker von der französischen Ölgesellschaft Totalfina über einen englischen Makler, der dafür eine indische Besatzung anheuerte. Ein solches - wohlkalkuliertes - Gestrüpp von Gesellschaften und Zuständigkeiten erschwert es nicht zuletzt den Justizbehörden, die Verantwortlichen dingfest zu machen.

Während die Teilnehmer des Hamburger Green-Shipping-Kongresses Anreiz-Systeme übereinstimmend als erfolgversprechend betrachten, sehen sie die Chancen für eine politische Lösung auf europäischer Ebene in naher Zukunft eher schlecht. Ideal wäre es, wenn alle europäischen Häfen gemeinsam verbindliche Umweltschutzauflagen erließen - gleichsam als Solidarbasis gegen die Umweltsünder. Der politische Wille dazu sei zwar im Prinzip da, sagt Cornelius de Keyzer vom Hafen-Management in Rotterdam.

In der Praxis jedoch würden solche Übereinkünfte durch die ökonomische Konkurrenz erschwert, in der die Häfen zueinander stehen - sowie durch unterschiedliche Vorstellungen über die Details solcher Regelungen in den einzelnen EG-Mitgliedsstaaten: "Ich glaube, dass wir in den nächsten Jahren drei unterschiedliche Konzepte aus drei Ländern vorliegen haben", sagt der ehemalige Kapitän. "Es ist sehr schwer, die verschiedenen Auffassungen unter einen Hut zu bringen." Dagegen würde das Rotterdammer Green-Award-System bereits jetzt auf unbürokratische Weise eine wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten.

In Hamburg und in der deutschen Bucht sind Umweltschützern vor allem die häufigen Ölverschmutzungen ein Dorn im Auge. Als Gegenmaßnahme erwägt der Senat der Hansestadt Zwangsabgaben für alle im Hamburger Hafen abgefertigten Schiffe - ein Konzept, für das sich auf dem Kongress auch Schleswig-Holsteins Umweltminister Rainder Steenblock stark machte: Die meisten Schiffe werden mit Schweröl betrieben - eine zähflüssige Masse aus Raffinerieabfällen, die vor dem Einleiten in die Maschine erwärmt und gereinigt werden muss. Dabei fallen ein bis zwei Prozent der Masse als schlammiger Rückstand an, den verantwortungslose Kapitäne häufig ins Meer pumpen.

Gratis-Ölschlammentsorgung half

90 Prozent der Ölverschmutzungen in der Deutschen Bucht gehen auf solche illegalen Einleitungen zurück. In einem Pilotprojekt der Bundesregierung konnten Schiffe ihre Ölschlämme von 1988 bis 1991 kostenlos in deutschen Häfen entsorgen lassen. Die Ölverschmutzung der Küsten sank rapide. Doch 1991 wurde das Programm aus Kostengründen eingestellt. Hamburg machte bis 1994 weiter, seitdem zahlen die Hanseaten die Hälfte der Kosten. Dennoch ging die Zahl der Entsorgungen wieder deutlich zurück. Nun erwägen die Hamburger, den Ölschlamm-Service in Rechnung zu stellen, ob er wahrgenommen wird oder nicht.

Gerade an diesem Beispiel zeigt sich, wie schwer eine gemeinsame europäische Lösung - und nur die würde greifen - zu finden ist. Zwar will das Europaparlament über eine entsprechende Richtlinie demnächst abstimmen. Aber bereits jetzt deutet sich an, dass Großbritannien und Frankreich nicht mitziehen wollen: Die beiden Länder plädieren dafür, nur tatsächliche Ölentsorgungen zu berechnen. Dies würde Schiffseigner und Kapitäne motivieren, die Menge anfallenden Ölschlamms gering zu halten - also weiter ab ins Meer damit?

Claus-Peter Sescin

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