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Gesundheit: Verschlüsselt (Kommentar)

In der Forschung geht es seit jeher nicht nur um die Erweiterung des Wissens. Die Akteure streben auch hier nach Geld, Ruhm und Pöstchen.

In der Forschung geht es seit jeher nicht nur um die Erweiterung des Wissens. Die Akteure streben auch hier nach Geld, Ruhm und Pöstchen. In der täglichen Flut der Veröffentlichungen aber fällt es ihnen immer schwerer, auf sich aufmerksam zu machen. Um so heftiger entlädt sich ihr Zorn dann über diejenigen, die vorschnell mit neuen Ergebnissen und Theorien an die Öffentlichkeit treten.

Als der amerikanische Biologe Craig Venter kürzlich bekannt gab, 99 Prozent des menschlichen Erbguts entschlüsselt zu haben, tobten führende Genomforscher hierzulande. "Die Aussage war und ist falsch", sagen sie. Am heutigen Montag stellen sie gemeinsam mit japanischen Kollegen die bis auf wenige Lücken komplette Erbinformation des menschlichen Chromosoms 21 vor. Es ist erst der zweite von insgesamt 24 verschiedenen menschlichen Erbträgern, den Forscher in Millionen biochemischer Buchstaben aufgedröselt und publiziert haben. Ein kleines, aber nicht unbedeutendes Chromosom, verwickelt in Erkrankungen wie das Down-Syndrom oder Alzheimer.

Haben die Forscher, die an dem öffentlich geförderten Humangenom-Projekt arbeiten, damit die Nase vorn? Oder hinken sie dem Firmenchef Craig Venter hinterher? Was könnte dieser mit seinem Wissen anfangen?

Wo die Selbstkontrolle der Forschung außer Kraft gesetzt ist, wie im Fall von Venter, fällt es schwer, auf solche Fragen verlässliche Antworten zu geben. Mit der allseits florierenden Wissensproduktion aber wachsen der Publikationsmarkt und der Markt für verwertbares Wissen rasant weiter. Möglicherweise werden wir uns daran gewöhnen müssen, nicht mehr ohne weiteres beurteilen zu können, was "wahr" ist.

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