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Gesundheit: Wie umweltverträglich ist die TU?

Studenten einer Projektwerkstatt wollen Emissionen analysieren VON MARTINA KRETSCHMANNRauchende Köpfe, der Vorlesungssaal ist mal wieder überfüllt und überheizt.Also Fenster auf!

Studenten einer Projektwerkstatt wollen Emissionen analysieren VON MARTINA KRETSCHMANN

Rauchende Köpfe, der Vorlesungssaal ist mal wieder überfüllt und überheizt.Also Fenster auf! Nach dem letzten Seminar geht Student Anonymus zur Toilette.Beim Hinausgehen ignoriert er die defekte Wasserspülung und vergißt, das Licht zu löschen.In der Verwaltung sitzt die Sekretärin Frau Unbekannt und sortiert alte Papiere aus den Aktenordnern - in den Müll. Bei all diesen Tätigkeiten werden Energie und Ressourcen verbraucht, die bei ihrer Gewinnung Emissionen verursacht haben: Kohlendioxid, Stickstoff, Kohlenwasserstoffe und andere Luftschadstoffe.Stefan Saladin und Holger Tabke wollen herausfinden, wie stark die TU auf diese Art (nicht nur) die Berliner Luft belastet.Die beiden Studenten der Energie- und Verfahrenstechnik haben dazu die Projektwerkstatt "Emissionsanalyse der TU" gegründet und im letzten Herbst mit den Vorbereitungsarbeiten begonnen.Ab dem Sommersemester wird das Projekt als Lehrveranstaltung angeboten. "Das Ingenieurstudium ist einfach sehr verschult, und außer der reinen Technik gibt es kaum Lehrinhalte", kritisiert Holger Tabke."Wir wollten ein Thema interdisziplinär und als Ganzes betrachten und dabei bereits erlerntes technisches Wissen anwenden." Dafür haben sie sich einen nicht gerade kleinen Gegenstand ausgesucht."Wir wollen die Energie-, Stoff- und Verkehrsströme der TU erfassen und anhand dieser Daten errechnen, wie hoch die Emissionen der TU sind", erläutert Holger Tabke die vor ihnen liegende Aufgabe.Am Ende wollen sie Vorschläge entwickeln, wie der Schadstoffausstoß verringert werden kann.Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Zuerst einmal müssen jetzt die Daten gesammelt werden.Der Licht- und Wärmeverbrauch der TU kann über die Mengenabrechnungen der Uni-Verwaltung ermittelt werden.Stoffströme, wie die Mengen der an der TU benötigten Büromaterialien, Computer, Möbel und Laborausstattungen wollen sie bei der Lager- und Materialverwaltung recherchieren.Die Zahlen über Abwasser- und Müllmengen liegen an der TU teilweise schon vor.Die Umweltverträglichkeitsanalyse soll aber nicht am Uni-Portal halt machen: Auch der TU-bezogene Verkehr und die dadurch verursachte Luftverschmutzung sollen analysiert werden. Wichtiges Hilfsmittel für die Studenten ist das Computer-Simulationsprogramm "Gemis".Das "Gesamte Emissions-Modell Integrierter Systeme" kann zum Beispiel anhand der verbrauchten Kilowattstunden Strom errechnen, wieviel Kohlendioxid bei der Erzeugung des Stroms vom Kraftwerk in die Luft geblasen wurde. Das Besondere ist, daß auch die davor entstehenden Emissionen berücksichtigt werden: Für den Transport der Kohle zum Kraftwerk mit der Bahn wird wiederum Strom verbraucht, der Abbau der Kohle im Bergwerk erfolgt mit Maschinen, deren Herstellung ebenfalls Energie verschlungen hat.Sogar die Emissionen, die die in den Maschinen verwandten Schmiermittel bei ihrer Herstellung verursacht haben, werden in Gemis mitberechnet, sagt Stefan Saladin. "In der Uni lernt man so etwas als Prozeßketten kennen.Aber zwischen dem, was der Professor an die Tafel malt, und der Realität liegen doch Lichtjahre!" bemängelt Holger Tabke.Eine erste Modellrechnung der beiden Ingenieure in spe hat ergeben, daß allein der Stromverbrauch der TU jährlich 48.000 Tonnen Kohlendioxid-Ausstoß verursacht.Zum Vergleich: Ein Einfamilienhaus, das von vier Personen bewohnt wird, produziert nach Gemis 20 Tonnen Kohlendioxid. Um die Datenberge zu ermitteln und zu verarbeiten, werden Holger Tabke und Stefan Saladin noch viele helfende Hände brauchen.Die zukünftigen Energie- und Verfahrenstechniker hoffen auf "zahlreiche Mitstreiter aus allen Fachbereichen". Erste Ideen, wie man an der TU Energie und Ressourcen einsparen und dadurch mittelbar die Emissionen verringern würde, haben die Studenten schon."Das interne Postsystem sollte durch E-Mail ersetzt werden, das würde viel Papier sparen", schlägt Stefan Saladin vor.Holger Tabke ergänzt: "Die Wärmedämmung der Gebäude muß verbessert und die Heizungs- und Klimatechnik modernisiert werden.Es gibt immer noch Heizkörper, die nicht regelbar sind".Und solange das so ist, wird die Temperatur in manchen Hör- oder Seminarsälen weiter über das Fenster reguliert werden.

MARTINA KRETSCHMANN

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