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Gesundheit: „Wir wollen hoch hinaus“

Enger kooperieren: Wie Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner Berlins Unis voranbringen will

Herr Zöllner, die Humboldt-Universität und die Freie Universität sind in die Endausscheidung um den Elite-Status gekommen. Wie schätzen Sie die Chancen der beiden Berliner Hochschulen ein?

Ich glaube, dass beide gute Chancen haben, weil sie neben ihrer unbestrittenen hohen wissenschaftlichen Qualität auch überzeugende Zukunftskonzepte vorgelegt haben. Die HU will „Humboldt ins 21. Jahrhundert übersetzen“, um sich inhaltlich und strukturell zu einer international sichtbaren Forschungsuniversität weiterzuentwickeln, die FU will zur „internationalen Netzwerkuniversität“ werden. Das sind beides sehr gute Konzepte. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig festzuhalten, dass wir drei große Gewinner haben. Auch die hervorragende wissenschaftliche Qualifikation der Technischen Universität ist durch das erfolgreiche Abschneiden bei den Exzellenzclustern unter Beweis gestellt worden.

Halten Sie es für denkbar, dass Berlin wie München zwei Eliteunis haben könnte?

Das ist sicher denkbar, wobei ich davon ausgehe, dass wir in Ruhe mit den Präsidenten zusammen über das weitere Vorgehen reden sollten. Wir sollten die Chance, die der Elitewettbewerb uns jetzt bietet, nutzen, aufeinander zuzugehen – vor allem auch auf die außeruniversitären Forschungseinrichtung. Es geht darum, nach neuen Wegen zu suchen, wie wir die jetzt erreichte gute Position absichern und ausbauen können. Dabei muss man auch daran denken, der Berliner Forschungslandschaft einen formalen Rahmen zu geben.

Denken sie da an ein gemeinsames Dach für die drei Unis, an die Gründung der vieldiskutierten „University of Berlin“?

Völlig unabhängig vom Ausgang des Elitewettbewerbs müssen wir über verstärkte Kooperationen nicht nur nachdenken und reden, sondern sie tatsächlich auch vollziehen. Ich habe mit großer Freude festgestellt, dass alle drei Unipräsidenten in der schon jetzt verstärkten Zusammenarbeit einen Grund für das erfolgreiche Abschneiden im Wettbewerb sehen. Ich appelliere aber an alle Beteiligten, jetzt nicht vorschnell zu handeln, sondern diese große Aufgabe in Ruhe anzugehen. Wer einen steilen Berg erklimmt, hebt an mit ruhigem Schritt – und wir wollen hoch hinaus. In der Ruhe liegt die Kraft.

Wenn eine der drei Berliner Unis den Elitestatus erringt, wird der Senat dann mittelfristig Mittel auf diese Hochschule umlenken? Die Differenzierung des Hochschulsystems ist ja laut dem Vorsitzenden des Wissenschaftsrats, Peter Strohschneider, das Ziel des Wettbewerbs.

Bei jeder denkbaren Wettbewerbsentscheidung wird der Senat das jeweils dann Erforderliche für die gesamte Wissenschaftslandschaft in Berlin tun.

Berlin hat in dieser Runde besonders viele geistes- und sozialwissenschaftliche Vorhaben weitergebracht. In der ersten Runde waren solche Anträge weitgehend chancenlos; wurden die Kriterien jetzt geändert?

Das glaube ich nicht. Vielmehr fehlte diesen Wissenschaftsbereichen im Gegensatz zur Naturwissenschaft die lange Erfahrung für Großanträge mehrerer Kollegen. Jetzt haben sich offenbar auch die Geistes- und Sozialwissenschaftler auf diese Art des Wettbewerbs stärker eingestellt. Dadurch kommen sie jetzt ihrer hohen Qualifikation entsprechend zur Geltung.

Schon wieder ist keine ostdeutsche Universität unter den Elitekandidatinnen. Wie erklären Sie sich das?

Die dritte Förderlinie bezieht sich ja selbst nicht mehr auf die wissenschaftliche Qualifikation. Der Erfolg in den rein wissenschaftsbasierten Wettbewerbslinien – den Forschungsclustern und den Graduiertenschulen – ist vielmehr die Voraussetzung für den möglichen Erfolg als Gesamt-Universität. Nun ist die wissenschaftliche Qualität ohne Zweifel auch in den Universitäten der neuen Länder vorhanden. Die Humboldt-Universität hat beispielsweise ebenfalls die Veränderungen in Ostdeutschland bewältigt. Die ungebrochene Universitätstradition der Hochschulen in den alten Ländern hat diese aber offenbar begünstigt, ihre universitären Zukunftskonzepte überzeugend weiterzuentwickeln.

Glauben sie, dass die ostdeutschen Unis bald aufholen können?

Nachdem ich das schon für diese Wettbewerbsrunde gehofft hatte, bin ich sicher, dass es in naher Zukunft erfolgen wird. Bund und Länder beabsichtigen ja auch, den Wettbewerb fortzusetzen, um den Universitäten in den jetzt nicht so erfolgreichen Regionen in fünf Jahren eine weitere Chance zu geben.

Sie haben durchgesetzt, dass die Politiker bei der Entscheidung im Oktober „ein gewichtiges Wort“ mitzureden haben. Was wollen Sie erreichen?

Ich habe nichts durchgesetzt, sondern wir sind einvernehmlich zu dem Ergebnis gekommen, dass wir die Wissenschaftspolitiker vor allem in der dritten Linie angemessen beteiligen müssen – in der Meinungsbildung und in der Entscheidungsfindung. Denn wir Wissenschaftsminister und -senatoren sind ja diejenigen, die die politische Verantwortung tragen.

Wollen sie auch regionalpolitische Überlegungen einbringen?

Wenn die Wissenschaftspolitiker ihre Sichtweise klarmachen, hat das nichts mit Regionalpolitik zu tun. Wir sollten weiterhin rein sachbezogene Entscheidungen treffen.

Wie können Sie Berlin konkret helfen? Werden Sie wie ein Löwe dafür kämpfen, dass Berlin zumindest eine Eliteuni bekommt?

(lacht) Ich kann noch einmal deutlich machen, dass es im Gesamtinteresse der Wissenschaft in Deutschland liegt, die von allen unbestrittene hohe Qualifikation der Wissenschaft in Berlin auch nach außen sichtbar zu machen. Das ist im internationalen Wettbewerb von zentraler Bedeutung. Denn die Stärke der deutschen Wissenschaft liegt ja zu einem Großteil in Berlin.

Das Gespräch führte Amory Burchard.

JÜRGEN ZÖLLNER , 61, ist Senator für Bildung und Wissenschaft in Berlin. Bis zum vergangenen Jahr war er Wissenschaftsminister in Rheinland-Pfalz.

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