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Gesundheit: Wissenschaftsrat: Berliner Unis hegen wenig Sympathie für den Rat und haben sich auf eine gemeinsame Erklärung geeinigt

Sehr sympathisch sind den Berliner Universitäten die jüngsten Empfehlungen des Wissenschaftsrates nicht. Wo immer sich ihnen die Chance bietet, den Argumenten auszuweichen oder Bedenken zu begründen, tun sie es.

Sehr sympathisch sind den Berliner Universitäten die jüngsten Empfehlungen des Wissenschaftsrates nicht. Wo immer sich ihnen die Chance bietet, den Argumenten auszuweichen oder Bedenken zu begründen, tun sie es. Der Wissenschaftsrat hatte den Berliner Universitäten vorgeworfen, die Chancen zur Kooperation nach der Wende nicht aufgegriffen zu haben. Der Wissenschaftsrat konzentierte diesen Vorwurf vor allem auf die Freie Universität und die Humboldt-Uni und er beschränkte die Kritik auf die Geistes- und Sozialwissenschaften sowie die Lehrerbildung.

Die Berliner Universitäten kontern in ihrer gemeinsamen Antwort mit dem Hinweis auf die hervorragende Kooperation in den Sondernforschungsbereichen. Nun muss man wissen, dass es nur einen geisteswissenschaftlichen Sonderforschungsbereich überhaupt in Berlin gibt, aber viele Sonderforschungsbereiche in den Naturwissenschaften und in der Medizin. Dort funktioniert die Kooperation unter den Wissenschaftlern der drei Universitäten, aber eben nicht ausreichend in den Geistes- und Sozialwissenschaften.

Der Wissenschaftsrat hat auf den großen Rückstand der Berliner Fachhochschulen hingewiesen, die weit von dem bundesweiten Ausbauziel, 40 Prozent der Studienanfänger aufzunehmen, entfernt sind. Die Anregung des Wissenschaftrats, von den Universitäten ganze Studiengänge auf die Fachhochschulen zu verlagern, beantworten die Universitäten mit einer Verweigerung. Wegen der unterschiedlichen Profile der Universitäten und Fachhochschulen gebe es nur wenig Anknüpfungspunkte für Kooperationen, heißt es in der Stellungnahme. Im übrigen dürfe die Erhöhung der Ausbildungskapazitäten an den Fachhochschulen nicht zu Lasten der Universitäten gehen. Deswegen könne die Rolle der Fachhochschulen nur gestärkt werden, wenn dort zusätzliche Studienplätze "vorzugsweise in neuen Studiengängen" geschaffen würden. "Eine Auslagerung der Studiengänge Grundschulpädagogik, Informatik oder Betriebswirtschaftslehre (an die Fachhochschulen) lehnen die Universitäten ab."

Der Wissenschaftsrat hatte empfohlen, zur besseren Koordination unter den Berliner Hochschulen sowie mit dem benachbarten Brandenburg einen Landeshochschulrat einzurichten, der mit 13 auswärtigen Experten besetzt sein soll. Die Berliner Universitäten stimmen der auswärtigen Besetzung zu, aber sie wollen dem Landeshochschulrat noch weniger Kompetenzen einräumen, als es der Wissenschaftsrat tut. Eine Mitwirkung an der Landesplanung ist bereits zu weitgehend. Der Landeshochschulrat soll lediglich ein Beirat für den Berliner Senat sein. Ein Rat für den Berliner Senat ist dagegen erwünscht: Wie könnte das Land Berlin bei der Gestaltung einer neuen Hochschulpolitik in Deutschland den Vorreiter spielen?

Der Empfehlung, für jede Hochschule einen eigenen Hochschulrat zu bilden, der aus Hochschulvertretern und externen Experten wie in Baden-Württemberg zusammengesetzt sein soll, wird eine kritische Aufmerksamkeit zuteil. In strategischen Fragen der Entwicklung, Organisation und Finanzierung wollen sich die Berliner Universitäten nicht von einem Hochschulrat nach baden-württembergischen Vorbild beraten lassen, sondern wünschen sich individuelle Lösungen für jede Hochschule. Die schon an der Humboldt-Uni, der Freien Universität und der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft gebildeten Kuratorien neuer Art (besetzt mit herausragenden Persönlichkeiten) sollten in ihrer unterschiedlichen Zusammensetzung erhalten bleiben, zumindest müsse diesen Gremien genügend Zeit eingeräumt werden, um über ihre Arbeit und Bewährung fundiert urteilen zu können. Dies habe der Wissenschaftsrat nicht getan - seine abschätzigen Urteile über die Arbeit der Kuratorien könne sich nur an den Kuratorien alter Art orientiert haben, die mit Univertretern, Parteipolitikern, Senatoren und Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften zusammengesetzt waren.

Dagegen erkennen die Berliner Universitäten an, dass eine universitätsübergreifende Abstimmung zwischen den Fächern Psychologie, Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaft, Erziehungswissenschaft und Lehrerbildung notwendig ist. Auch der Anregung des Wissenschaftsrats wollen sie folgen, zwischen den Universitäten gemeinsame Zentren zu bilden. Als solche Zentren empfehlen sie Ost- und Zentralasienwissenschaften, die Antike Welt und die Lehr- und Lernforschung. Nur sollen diese Zentren nicht in der Luft hängen, sondern einer Universität fest zugeordnet werden.

Auch der vom Wissenschaftsrat empfohlenen Verlagerung einzelner Professuren in evangelischer Theologie, Sudanarchäologie, Ägyptologie und Theaterwissenschaft, Slavistik und Indologie stimmen die Universitäten zu.

Uwe Schlicht

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