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Gesundheit: Zur Einweihung kam Königin Louise

Studenten der Museumskunde erforschen das Haus des Bildhauers Gottfried Schadow VON JOACHIM HOFEREinsam steht der aus Gips modellierte Kopf des berühmten Künstlers in der Ecke, das Gesicht grimmig in den leeren Raum gerichtet.Grund zum Klagen hätte Gottfried Schadow heute eigentlich nicht: Sein Atelier wird inzwischen zwar von anderen Künstlern belegt, dafür könnte sich der Bildhauer gleich in elf leerstehenden Zimmern ausbreiten.

Studenten der Museumskunde erforschen das Haus des Bildhauers Gottfried Schadow VON JOACHIM HOFER

Einsam steht der aus Gips modellierte Kopf des berühmten Künstlers in der Ecke, das Gesicht grimmig in den leeren Raum gerichtet.Grund zum Klagen hätte Gottfried Schadow heute eigentlich nicht: Sein Atelier wird inzwischen zwar von anderen Künstlern belegt, dafür könnte sich der Bildhauer gleich in elf leerstehenden Zimmern ausbreiten.Als Büste, kalt und starr, mag er zum Geschehen in seinem früheren Haus freilich nur noch schweigen.Dabei ist im letzten halben Jahr richtig Leben eingekehrt in die mächtige Villa unweit des Brandenburger Tors.Studierende der Museumskunde an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft haben sich des alten Gemäuers in einem Seminar angenommen, haben sich nach früheren Bewohnern, Besuchern, Kunstwerken umgeschaut und die geschichtsträchtige Umgebung erkundet."Wir wollten einfach kein Projekt nur für den Papierkorb machen", begründet Bernd Rottenburger, einer der sieben beteiligten Studenten, die Wahl des ungewöhnlichen Studienobjekts.Jetzt präsentieren sie ihre zum Teil bislang unbekannten Funde - wie es sich für angehende Museologen gehört - in einer Ausstellung im Schadow-Haus. Zwischen Kränen, Baugruben und Neubauten: Das ehemalige Wohn- und Atelierhaus von Schadow ist das letzte noch existierende Künstlerhaus des Klassizismus in Berlin.1802 ließ der Bildhauer mit dem Bau beginnen, 1805 zog er mit seiner Familie in das weitläufige Gebäude."In einem Brief an Goethe schilderte der Dichter Achim von Arnim schon 1806 voller Bewunderung den luxuriös gestalteten Innenhof", erzählt Seminarleiterin Sybille Einholz. Unten der Linoleumboden, rechts und links Tapeten.Dazwischen, auf die Wand gemalt, das prachtvolle Fresko von Eduard Bendemann, dem Schwiegersohn Schadows.Ein einzigartiges Kleinod nazarenisch-romantischer Malerei - in einer leerstehenden Wohnung im ersten Stock des Anwesens.Noch fehle der Schadow-Gesellschaft das Geld, um die elf Zimmer zu renovieren, erklärt Professorin Einholz.Hier steht auch die Büste Schadows - wo der Muff der DDR seit dem Auszug der letzten Mieter vor zwei Jahren noch nicht verflogen scheint."Zu DDR-Zeiten", berichten die Studenten, "sollen von hier aus die ausländischen Botschaften abgehört worden sein".Das Anwesen gehört mittlerweile dem Bund, im Erdgeschoß hat sich die Schadow-Gesellschaft eingerichtet, dort sind die Zimmer bereits modernisiert.In den weißgetünchten, hohen Räumen trafen sich die angehenden Museologen bislang zu ihren Besprechungen. Wahrlich, die sieben Studierenden hatten einiges zu diskutieren: Da waren so aufregende Funde auszuwerten wie das bisher nicht bekannte Testament des Bildhauers."Auf die Spur des wertvollen Dokuments kamen wir, weil wir nicht im Nachlaß von Schadow, sondern in den Unterlagen seines Schwiegersohnes Bendemann suchten", erläutern die Studenten ihre mühevolle Archivarbeit.Nach vielen Stunden im Landesarchiv kann das Projektteam heute beeindruckende Besucherlisten präsentieren: Schon zur Einweihung des Hauses kam Königin Louise.Napoleons Kunstkommissar stieg hier ab, während er die Quadriga vom Brandenburger Tor abmontieren ließ.Als er noch Kronprinz war, gab sich Ludwig von Bayern die Ehre."Er war von den Werken Schadows begeistert und hat nach seinem Besuch 15 Büsten für die Ausstattung der Walhalla in Auftrag gegeben", berichtet Bernd Rottenberg."Doch hinterher war Ludwig nicht besonders zufrieden mit den Arbeiten". Im Sommer werden die sieben Schadow-Forscher dann zu den ersten Absolventen des Diplomstudiengangs Museumskunde an der FH für Technik und Wirtschaft gehören.Neben Leipzig wird dieser Studiengang in Deutschland nur in Berlin angeboten."Wir wollen den Fachwissenschaftlern unter die Arme greifen", erklärt Rottenburger die Berufspläne der Museumskundler, "doch die sehen das etwas anders, begreifen uns als Konkurrenten".Im Wettbewerb um die wenigen Arbeitsplätze in Galerien und Museen ist die jetzt beginnende Schau ihrer Ergebnisse sicher keine schlechte Empfehlung. Die Ausstellung "Das Schadowhaus im 19.Jahrhundert" ist bis 23.März jeweils am Freitag, Sonnabend und Sonntag von 11 bis 17 Uhr geöffnet.Schadowhaus, Schadowstraße 10-11, Mitte.

JOACHIM HOFER

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