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Interview: "Ich sehe ihm an, wenn er was ausheckt"

Knut wird Mittwoch ein Jahr alt und darf immer noch im Bett von Pfleger Thomas Dörflein schlafen. Der hat ihn aufgezogen, steht aber schon bereit für neuen Nachwuchs.

Vor einem Jahr hätte niemand für möglich gehalten, dass einmal ein Eisbär aus dem Zoo und ein Pfleger zu den bekanntesten und beliebtesten Berlinern in aller Welt gehören würden. Doch dann kamen Knut und Thomas Dörflein. Morgen wird der Bär ein Jahr alt – wir haben uns mit seinem Ziehvater unterhalten.

Herr Dörflein, können Sie kurz reden?

Gleich, ich bin gerade im Schlachthaus, ich muss gefrorene Rinderviertel zerhacken. So, jetzt geht’s.

Bekommt denn Knut morgen was Besonderes zu essen – oder sogar ein Geschenk?

Nein, von mir bekommt der einen Schlag weniger auf den Hintern.

Das klingt, als ob Sie von einem Kind reden …

Er ist und bleibt ein Tier. Aber wenn ich ihn wie ein Kind beschreiben soll, dann würde ich sagen: Er ist ein totales Einzelkind, es ist nur wichtig, was ihn interessiert. Er ist sehr zärtlich, aber auch frech. Wenn er was ausheckt, dann sehe ich ihm das schon vorher durch so einen schelmischen Gesichtsausdruck an.

Haben Sie Geburtstagspost bekommen?

Fragen Sie nicht. Ich war nur ein paar Tage weg, und jetzt liegt wieder so ein Riesenstapel Post auf meinem Schreibtisch. Die Leute schicken aus aller Welt Geschenke, Spielzeug zum Beispiel.

Was sind denn die absurdesten Knut-Produkte, die so bei Ihnen gelandet sind?

Ach, da gibt es mit Knutbildern versehene Wanduhren, bestickte Handtücher, so was wird mir alles zugeschickt …

Sie würden wieder einen Bären aufziehen ?

Ja, wenn die Bärinnen ihren Nachwuchs verstoßen sollten, würde ich das wieder tun. Die Wärmebrüter laufen schon warm.

Könnte das ein Spielgenosse für Knut werden?

Nein, der Bär würde das nicht verstehen und das Kleine wohl für etwas halten, womit er spielen kann.

Viele Besucher fragen sich, ob sich Knut ganz allein auf der Anlage nicht langweilt.

Nein, der findet immer etwas, womit er sich beschäftigten kann. Die Zoobesucher werfen aber verbotenerweise oft was rüber, als Spielzeug, das muss ich dann von der Anlage holen. Plastik darf er zum Beispiel gar nicht bekommen.

Sie selbst kommen auch außerhalb der Arbeit selten zur Ruhe …

Wenn ich einkaufen gehe, spricht mich jeder Dritte an und sagt, ich soll Knut grüßen. Selbst im Dunkeln erkennen mich die Leute, die müssen ja gute Augen haben. In der Schweiz und in Dänemark sind die Menschen dezenter. Was mich sehr gestört hat, war, dass die Boulevardmedien versucht haben, meine ganze Verwandtschaft auszuspionieren.

Ruhe haben Sie nur hinter den Kulissen?

Ich bin ja schon sehr früh morgens hier, hole Knut raus, und manchmal darf er dann ausnahmsweise kurz mit ins Bett neben meinem Büro, zum Nuckeln. Er ist doch immer noch ein Kind und total liebebedürftig. Ich weiß, dass das irgendwann mal vorbei sein wird. Aber ich freue mich darüber, dass er so schön wächst.

Gibt es Eindrücke, von denen Sie noch Ihren Enkelkindern erzählen werden?

Jedenfalls sind das nicht die Besuche von Prominenten – die kommen und gehen. Aber bestimmte Erlebnisse mit dem Tier, die werde ich nie vergessen.

Das Gespräch führte Annette Kögel.

Thomas Dörflein, 44, arbeitet seit 1980 im Zoo und ist zuständig fürs Futter-Schlachthaus, sechs Windhunde, fünf Wölfe, neun Nasenbären, 33 Bären – und Knut.

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