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Neu dabei. Sven Volmering hat als Lehrer gearbeitet und ist jetzt im Bundestag.

© CDU

Aus dem Leben eines Abgeordneten (1): Wer, wie, wo, was: Die ersten Herausforderungen im Bundestag

Sven Volmering hat ein neues Leben - als Bundestagsabgeordneter. Tagesspiegel-Online begleitet ihn in den ersten Wochen und berichtet regelmäßig, was einem Jungparlamentarier widerfährt. Im ersten Teil: Wenn ein Lehrer nochmal zum Schüler wird.

Von Katrin Schulze

Logistik ist alles. Wer neu in den Bundestag kommt, der hat zunächst gut damit zu, sich selbst und alles drum herum zu sortieren. Im ersten Moment kann man noch gar nicht glauben, dass der große Sprung wirklich geglückt ist und im nächsten weiß man nicht mehr, was man zuerst erledigen soll. Telefonate, Flüge organisieren, alten Job abgeben, neuen aufnehmen, seinen Platz finden: in vielen Sitzungen, im Büro, in der Fraktion.

Sven Volmering aus Nordrhein-Westfalen ist jedenfalls gut beschäftigt. Über den Listenplatz 26 kam er ins Parlament, wo schon zu Beginn alles „relativ getaktet“ sei, wie er sagt. Konkret sieht das so aus: Am Montag nach dem Wahlerfolg seiner CDU geht der 37 Jahre alte Politiker ein vorerst letztes Mal in die Schule. „Was ist Nationalismus?“ lautet das Thema, Geschichte. Eigentlich wollte der Lehrer noch einmal ganz normalen Unterricht geben, doch normal ist an diesem Tag nicht sehr viel.

Schüler und Kollegen gratulieren ihm, es gibt eine kleine Verabschiedungszeremonie. Sven Volmering ist jetzt nicht mehr Sozialwissenschafts- und Geschichtslehrer in Bocholt, sondern Bundestagsabgeordneter. Schon „ein seltsames Gefühl“, erzählt er. Und dass dabei „natürlich Wehmut aufkommt“. Sieben Jahre lang unterrichtete er gerne, unter anderem, weil „man geistig immer auf der Höhe der Zeit bleibt“. Sven Volmering hofft, dass er sich dies bei der neuen Aufgabe bewahren kann.

Also ab nach Berlin. Dienstagmorgen geht der Flieger, dann kommt es „Schlag auf Schlag“, wie er es ausdrückt. Zunächst steht ein Treffen mit den Ruhrgebietsabgeordneten an, danach die Sitzung der NRW-Landesgruppe, gefolgt vom Parlamentskreis Mittelstand. Später trifft sich die Fraktion erstmals und wählt ihre Chefs. Auch seinen vorläufigen Parlamentsausweis erhält der neue Parlamentarier. Aber wie funktioniert das Geschäft hier eigentlich? Wer erledigt was? Und wo?

Für seine neuen Mitglieder hat der Bundestag eigens Informationsveranstaltungen eingerichtet. „Da wird man mit Material zugeschüttet“, sagt Sven Volmering. Es sei ein bisschen wie beim ersten Tag in der Schule oder an der Uni – nur, dass er auf einmal der Schüler ist. Sven Volmering bekommt ein provisorisches Büro Unter den Linden 71 zugewiesen und postet ein Bild davon auf Facebook. „Habt Ihr Verbesserungsvorschläge, was da noch rein sollte?“, schreibt er dazu.

Aufruf über Facebook: "Was soll da noch rein?"
Aufruf über Facebook: "Was soll da noch rein?"

© Sven Volmering

Am Mittwoch steht sein Telefonanschluss, er bekommt seine neuen Telefon- und Faxnummern. Abends kann er sich bei der Ausgabe einen Laptop abholen und erhält die neuen E-Mail-Konten. „Das geht ruckzuck“, sagt er. „Es ist wirklich beeindruckend, wie gut das funktioniert.“ Ginge es nach der Technik, das neue Leben könnte sofort starten. Sven Volmering aber muss sich erst noch einarbeiten in all die Abläufe: „Das Büro muss weiter aufgebaut, Möbel beschafft werden, die gesamte Arbeitsfähigkeit hergestellt werden.“

Damit er künftig nicht alles alleine bewältigen muss, stellt Sven Volmering zwei Mitarbeiter ein. Gut einhundert Bewerbungen sind für die Stellen eingegangen, sie haben mit dazu beigetragen, dass sein Mail-Postfach binnen kurzer Zeit voll ist. Eine dritte Helferin wird noch gesucht. "Es muss vor allem auch menschlich passen", sagt er. Schließlich werde man viel Zeit miteinander verbringen.

Zunächst hat der Politiker Glück, dass die Landesgruppe viele Aufgaben übernimmt. Zum Beispiel die Sache mit der Post. Sechs große Umschläge voller Glückwünschschreiben, den ersten Forderungen, Einladungen zu Empfängen und so weiter sind bei Sven Volmering mittlerweile eingegangen. Neue Abgeordnete sind gefragt. Firmen, Verbände, Organisationen suchen den Kontakt, auch wenn das nicht immer vollkommen unfallfrei klappt. „Da sind schon einige witzige Sachen dabei“, erzählt er. „Transparency International hat mich beispielsweise umgewandelt zu Svenja Volmering.“

Dabei ist Sven Volmering so unbekannt nun auch nicht. Er  war Landesvorsitzender der Jungen Union und ist stellvertretender Vorsitzender der Union in NRW. Dass er den Sprung in den Bundestag schafft, war trotzdem nicht selbstverständlich. Seit den 90er Jahren ist die Union nicht mehr mit einem Abgeordneten aus dem Wahlkreis 125, Bottrop-Recklinghausen III in Berlin vertreten gewesen. Bis jetzt.

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