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Die Stimmkarten für die Wahl der Bundestagspräsidenten.

© Sven Volmering

Aus dem Leben eines Abgeordneten (2): Und jetzt kommt auch noch Nachwuchs

Ein Termin jagt den anderen. Sven Volmering weiß als neuer Bundestagsabgeordneter derzeit nicht, was er zuerst angehen soll. Und dann steht auch noch die Geburt seines ersten Kindes jeden Moment bevor. Teil zwei unseres Abgeordneten-Logbuchs.

Von Katrin Schulze

Alles unter Vorbehalt. Sagt Sven Volmering. Im Moment kann der neue Bundestagsabgeordnete einfach nicht genau planen. Er weiß nicht, ob er seine vielen Termine wird einhalten können oder doch kurzfristig alles absagen muss. Nein, Sven Volmering ist nicht unzuverlässig. Aber an diesem Sonntag ist der errechnete Termin: Seine Frau und er erwarten Nachwuchs. Und bei der Geburt will er "unbedingt dabei sein". Das neue Leben des Sven Volmering ist damit gleich doppelt aufregend: Der Einzug in den Bundestag mit all den organisatorischen Aufgaben und die Familienplanung. „Sehr viel auf einmal“, sagt er denn auch. „Ich bin noch dabei, das alles zu verarbeiten.“

Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis der 37 Jahre alte CDU-Politiker wirklich sortiert ist - logistisch, aber eben auch gedanklich. Sven Volmering vergleicht es mit der Zeit, als er zum Landesvorsitzenden der Jungen Union in Nordrhein-Westfalen aufstieg. Damals habe es ein Jahr lang gedauert, bis er so richtig eingearbeitet war, alles einmal gemacht hatte. Jetzt, in seinem neuen Job in Berlin, beginnt er wieder von vorn: "Ich bin in einer Phase, in der ich es selbst noch nicht realisiert habe. Und immer wieder kommen neue Eindrücke hinzu."

Gänsemarsch durch den Bundestag

Zum Beispiel die ersten Sitzungen im Bundestag. Am Montag vergangener Woche nimmt Sven Volmering an seiner ersten Fraktionssitzung mit Anwesenheitspflicht teil. Im Gegensatz zu ein paar Kollegen denkt er daran, sich in eine Liste einzutragen und postet seine Unterschrift bei Facebook. Prompt erntet er den Kommentar "Streber!". Dabei ist Sven Volmering froh, dass nach und nach "das eine oder selbst kann". Die kleinen Erfolge eines neuen Abgeordneten.

In anderen Angelegenheiten dauert es ein bisschen länger. "Grundsätzlich irre ich in den Räumlichkeiten des Bundestages noch ein bisschen durch die Gegend", sagt Sven Volmering. Zwar findet er die Plenarsaal- und die Fraktionsebene inzwischen schon, aber ab und zu landet er trotzdem noch bei den Linken oder den Grünen. Da geht es ihm nicht anders als seinen 229 anderen Kollegen, die neu in den Bundestag eingezogen sind. "Manchmal ist das auch so eine Art Gänsemarsch mit den Neuen. Da gehen alle einem hinterher."

Wie im Fernsehen

Für die Abgeordneten, die schon länger dabei sind, ergibt sich so ein mitunter ulkiges Bild, und sie sparen auch nicht mit Witzen: Schon Plätze reserviert im Plenum? Handtücher ausgelegt? Andererseits ist es natürlich im eigenen Interesse der Älteren, dass sich die Neuen schnell in die Arbeit finden. So lernt Sven Volmering in der Landesgruppensitzung am Montagabend, wie er kleine Anfragen stellt und wie große, tauscht sich aus über die Wünsche bei der Ausschussverteilung und hört sich die Erfahrungsberichte der anderen Newcomer an.

Volles Plenum. Volmerings Sicht während der ersten Sitzung.
Volles Plenum. Volmerings Sicht während der ersten Sitzung.

© Sven Volmering

Richtig offiziell und festlich aber wird es einen Tag später. Am Morgen vor der konstituierenden Sitzung des Bundestags geht es in die St.-Hedwigs-Kathedrale. Es ist der Moment, als Sven Volmering nochmals bewusst wird, was hier eigentlich passiert ist. "Ein bisschen unbeschreiblich" nennt er es: "Man kennt das alles aus dem Fernsehen und plötzlich ist man selber dabei." Während des Gottesdienstes rattert es in seinem Kopf. Er hat es tatsächlich geschafft, den großen Sprung in die ganz große Politik. Was jetzt wohl auf ihn zukommen wird?

Die erste Sitzung

Viel Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, bleibt nicht. Seine allererste Bundestagssitzung steht bevor. Und entgegen allen Unkenrufen herrscht natürlich freie Platzwahl. Wohin es geht? Relativ weit nach hinten, zu einem Sessel in der "dritt- oder viertletzten Reihe, weil es auch zu meiner Mentalität und meiner Lehrererfahrung passt", sagt Sven Volmering. Gewählt wird der Bundestagspräsident und seine Vizepräsidenten. Dafür liegen Stimmkärtchen in Fächern aus, draußen um die Ecke. Wieder bildet sich eine Schlange mit neuen Parlamentariern, Gänsemarsch durchs Plenum.

Bei der namentlichen Aufrufung muss er lange warten. "V" wie Volmering eben, wobei das gar nicht so einfach zu sein scheint - so komisch, wie sein Name dann betont wird. Voooolmering. "Trotzdem ein besonderes Erlebnis", sagt der Abgeordnete. Eine Mischung aus Stolz und dem Bewusstsein für viel Verantwortung, "eine Riesenverantwortung", wie er es nennt, macht sich breit. Trotzdem ist nach zwei Empfängen und einem Personalgespräch an diesem Abend um 22 Uhr Schluss. Irgendwann kann man einfach nicht mehr aufnehmen

Termin folgt derzeit auf Termin. Sven Volmering fährt mit dem Zug zurück in den Wahlkreis, denn da liegt mindestens genauso viel Arbeit an wie in Berlin. Er absolviert seinen Antrittsbesuch beim Bürgermeister in Dorsten, geht zur Jungen Union, baut sein Büro auf und so weiter. Erst am kommenden Mittwoch will Sven Volmering wieder nach Berlin reisen - zur nächsten Fraktionssitzung. Wenn das Baby nicht vorher kommt.

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