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© dpa

Günter Schabowski: "Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort ... unverzüglich"

Der damalige Sekretär des Zentralkomitees der SED, Günter Schabowski über die entscheidenden Stunden am 9. November 1989.

Nach der Pressekonferenz fühlte ich Genugtuung. Statt nichtssagende Kommuniqués abzusondern, hatten wir erstmals ohne Zeitverzug die Weltpresse ausführlich über eine Tagung des ZK informiert. Ich war sicher, die Fluchtwelle würde abebben. Wer frei reisen durfte, brauchte nicht mehr fluchtartig das Land verlassen. Wer im Westen nicht sofort Arbeit und Wohnung bekam, würde erst mal zurückkommen. Inzwischen würden wir uns als Reformer empfehlen können. Die DDR würde sich allmählich stabilisieren.

Dann rief mich zu Hause in Wandlitz ein beunruhigter Mitarbeiter der Bezirksleitung der SED an. Am Grenzübergang Bornholmer Straße passierte Merkwürdiges: Dort hätten sich viele Menschen versammelt, die Grenzer ließen sie nicht passieren. „Das kann doch nicht sein“, sagte ich. Schon wieder eine Panne! Wer hat denn bei der Information der Grenzer Mist gebaut. Ich beschloss, nach Berlin zu fahren und notfalls kraft meiner Funktion als Politbüromitglied die Panne am Grenzübergang Bornholmer Straße aufzulösen. In Wandlitz waren die Fenster dunkel, die Menschen schliefen, aber auf der Schönhauser Allee sah ich schon von Weitem den Stau zum Grenzübergang. Wie hatten wir das Bedürfnis der Menschen unterschätzt.

Wieder zurück in Wandlitz, rief ich Krenz an: „Es läuft jetzt. Irgendeine verflixte Panne muss es bei der Benachrichtigung der Berliner Grenzer gegeben haben. Aber nun scheint es glattzugehen. Der Andrang ist unglaublich. Aber die Leute sind guter Stimmung.“ Wir waren uns einig, dass wir das alles positiv verbuchen konnten. „Die kommen wieder.“ Von einer nicht eingehaltenen Sperrfrist sagte er nichts.

Günther Schabowski

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