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Bekommt Clinton Unterstützung aus dem Lager des Konkurrenten?

© AFP

Nach den US-Vorwahlen in Arizona und Utah: Republikaner für Hillary Clinton

Der Widerstand gegen Trump organisiert sich in verschiedenen Strategien zur Sabotage an seiner Nominierung. Der Ausgang ist ungewiss. Ein Kommentar.

Sie sind keine Ausnahme mehr: Republikaner, die im Herbst für Hillary Clinton stimmen wollen. Clinton! Das kostet Konservative sehr viel Überwindung. Und zeigt zugleich, wie sehr sie die Aussicht anwidert, dass Donald Trump offizieller Präsidentschaftskandidat der Grand Old Party (GOP) wird. Wo immer in diesen Tagen größere Gruppen politisch interessierter Amerikaner versammelt sind, in den USA oder auch in Europa, zum Beispiel beim jährlichen Brussels Forum des German Marshall Fund (GMF), kann man diese neue Spezies treffen: Republikaner für Clinton.

"Never Trump" und ein Protestbrief der Außenpolitik-Experten

Beträchtlich ist auch die Zahl derer, die offen an einer Trump-Verhinderungsstrategie arbeiten. Die "NeverTrump"-Bewegung ruft die Wähler der verbleibenden Vorwahlen dazu auf, für andere Kandidaten zu stimmen, um zu verhindern, dass Trump die 1237 Delegierten bekommt, die er für die Nominierung auf dem Parteitag Mitte Juli in Cleveland, Ohio, benötigt. Gouverneure, Senatoren und Abgeordnete haben sich "NeverTrump" angeschlossen.

Auch prominente Außenpolitik-Experten der Republikaner haben in einem offenen Brief dazu aufgerufen, "energisch" dafür zu arbeiten, dass Trump nicht Kandidat wird. Das erklärt, warum der sich so schwer tut, seine Behauptung, ein professionelles Berater-Team um sich zu haben, mit überzeugenden Namen zu unterfüttern. Die Liste der Personen, die er am Montag nannte, löste Kritik und auch Spott aus.

Trump gewinnt Arizona, Cruz Utah

Nach den Vorwahlen in der Nacht zu Mittwoch wird Trumps Weg zur Nominierung nicht leichter. In Arizona gewann er mit 47 Prozent vor Ted Cruz (24) und John Kasich (10) und bekam alle 58 Delegierten zugesprochen. In Utah, wo am Mittwoch Morgen deutscher Zeit das Endergebnis noch nicht feststand, deuteten die bislang ausgezählten Stimmen auf einen hohen Sieg von Ted Cruz hin: mit bis zu 70 Prozent.

Nach den dortigen Regeln muss der Sieger mindestens 50 Prozent erzielen, um alle 40 Delegierten Utahs zu erhalten. Cruz schien auf sicherem Kurs dorthin. Sollte sich sein hoher Vorsprung bestätigen, wäre das ein Beleg, dass die Aufrufe, Trump zu sabotieren, Wirkung zeigen. In den Umfragen hatte Cruz nicht einmal halb so viel Unterstützung wie sein sich abzeichnender Stimmenanteil bei der Vorwahl.

Trotz dieser beeindruckenden "Verhindert Trump!"-Bewegung ist der Ausgang ungewiss. Erstens verfolgen die verschiedenen Parteiströmungen unterschiedliche Strategien. Zweitens können die Sabotageaufrufe auch unerwünschte Wirkung entfalten und Trump Wähler zutreiben. Denn sie bestätigen sein Narrativ, dass die Parteiführung gegen den Willen der Basis arbeite, die ihm doch die Führung im Rennen verschafft hat. Es sei undemokratisch, den Volkswillen mit Sabotageaufrufen zu konterkarrieren.

Verschiedene Verhinderungsstrategien

Folgende Verhinderungsstrategien entwickeln sich nun parallel. Bis zum Parteitag appellieren die Trump-Gegner an Wähler, bei den verbleibenden 18 Vorwahlen für andere Kandidaten als Trump zu stimmen. Die Entscheidung, ob Trump auf 1237 Delegierte kommt, wird wohl erst am letzten Vorwahltag, dem 7. Juni, fallen, wenn fünf Staaten abstimmen: Kalifornien (172 Delegierte), Montana (27), New Jersey (51), New Mexiko (24) und South Dacota (29).

Bleibt Trump unterhalb der 1237 Delegierten, wollen seine Gegner den Parteitag zu einer "Brokered Convention" oder "Contested Convention" machen und eine Mehrheit für einen anderen Kandidaten erreichen. "Brokered" meint, dass dies durch Verhandlungen geschieht, am Ende also konsensual durch Kompromiss. "Contested" steht für einen gespaltenen Parteitag mit Kampfabstimmung. Das würde eine gespaltene Partei hinterlassen, die uneinig in die Hauptwahl am 8. November geht und deshalb geringe Aussicht auf einen Sieg hat.

Die Voraussetzung für "Brokered" oder "Contested" ist, dass kein Kandidat in der ersten Abstimmung auf dem Parteitag die mindestens 1237 Delegiertenstimmen erhält. Danach werden die Delegierten von ihrer Bindung an einen Kandidaten befreit. Jeder Bundesstaat hat dafür eigene Regeln.

Neues Schreckgespenst: ein Trump-Cruz-Ticket

Trump ist dabei nicht wehrlos. Auch er kann sich um Bündnisse bemühen, mit deren Hilfe er auf die nötige Delegiertenzahl kommt. Einige Trump-Gegner befürchten, dass Trump den Zweitplatzierten Ted Cruz zu seinem Vizepräsidentschaftskandidaten machen könnte und so dessen Delegierte oder zumindest einen Teil von ihnen überzeugt, für das "Ticket Trump/Cruz" zu stimmen: mit Trump als Präsidentschaftskandidaten und Cruz als seinem Vize.

Für den Fall, dass Trump offizieller Kandidat wird, will ein Teil der Republikaner einen "Third Party"-Kandidaten unterstützen. Nach dem Parteitag wäre es zwar zu spät, um einen weiteren Kandidaten aufzustellen und seinen Namen auf die Wahlzettel in allen 50 Bundesstaaten zu bringen. Die Fristen dafür sind in den Staaten verschieden, laufen aber vor dem Sommer ab.

Es gibt jedoch einen Ausweg: Bei jeder Präsidentschaftswahl sind ein Dutzend kleiner Parteien auf dem Wahlzettel: die Libertarian Party, die Constitution Party, die Green Party, die Conservative Party, die Communist Party und einige mehr. Sie erhalten in der Regel nur Bruchteile der Stimmen, weshalb niemand über sie berichtet. Sie sind aber auf dem Stimmzettel. Trump-Gegner könnten sich mit einer dieser Parteien einigen, dass sie einen prominenten konservativen Spitzenkandidaten zur Verfügung stellen. Er würde dieser Kleinpartei Stimmen zutreiben - und Trump stimmen nehmen.

Die GOP geht so oder so gespalten in die Hauptwahl

Eine solche zusätzliche Sabotagestrategie wird jedoch wohl kaum nötig sein. Bereits der Parteitag droht die republikanische Wählerschaft zu spalten und der Partei die Siegeschance im Herbst zu nehmen. Gelingt es, die Nominierung Trumps zu verhindern, wären dessen Anhänger empört. Sie stellten ein gutes Drittel der Wähler bei den republikanischen Vorwahlen und wären wohl kaum motiviert, im November für einen anderen Kandidaten der GOP zu stimmen. Dieselbe Mobilisierungslücke tritt ein, wenn Trump Kandidat wird, nur eben spiegelbildlich. Dann wären die Trump-Gegner in der Partei nicht bereit, bei der Hauptwahl gegen Hillary Clinton für ihn zu stimmen.

So oder so deutet vieles auf eine vernichtende Niederlage für die Republikaner im Herbst hin. Und viele ihrer Anhänger trösten sich schon jetzt: Das werde die Partei endlich zwingen, sich mit einem überzeugenden Programm neu aufzustellen.

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