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Donald Trump wurde wieder deutlich.

© dpa

US-Präsidentschaftswahl: Mr. Trump goes to Washington

Donald Trump führt seinen Wahlkampf gegen "die in Washington". Vor zwei weiteren Vorwahlen heute nimmt er Maß, wie ihm die Hauptstadt zu Gesicht steht

Das Wahljahr 2016 erinnert manche Amerikaner an die bitterböse Komödie von 1939 über die Auswahl politischen Spitzenpersonals in den USA „Mr. Smith goes to Washington“. Kurz vor zwei weiteren Vorwahlen in Arizona und Utah am heutigen Dienstag nahm Donald Trump gestern Maß in der Hauptstadt, wie ihm die Kulissen der Macht und ihre einflussreichen Politik-Bühnen zu Gesicht stehen: Er sprach mit den führenden Kommentatoren der „Washington Post“, redete vor vielen tausend Gästen auf der Jahrestagung Israel-Lobby AIPAC und gab eine Pressekonferenz auf der Baustelle eines neuen Trump-Hotels in Washington DC.

Trumps Kampagne: Ein Kreuzzug gegen die Hauptstadt

Trump und Washington, das ist keine Liebesbeziehung. Es gehört zwar zur generellen politischen Folklore in den USA, dass alle Kandidaten ihren Wahlkampf gegen die verkrusteten Strukturen in der Hauptstadt führen - selbst wenn sie seit Jahrzehnten selbst Teil dieser Machtstrukturen sind. Aber Trump hat diese Verwandlung seiner Kampagne in einen Anti-Washington-Kreuzzug bis ins Extrem gesteigert.

Der immanente Widerspruch: Wenn er Erfolg mit dieser Strategie hat, offizieller Präsidentschaftskandidat der Republikaner wird, die Wahl gewinnt und ins Weiße Haus einzieht, dann müssen der Gegen-Washington-Hetzer und die Hauptstadt samt ihrem Personal einen Weg finden, miteinander oder gegeneinander zu überleben.

Die Vorwahlen heute in Arizona und Utah

Am heutigen Dienstag stimmen die Wähler in zwei weiteren Staaten über ihren Wunschkandidaten ab. In Arizona (58 Delegierte) liegt Trump mit 38 Prozent Zustimmung vor Ted Cruz (25) und John Kasich (14). Für Utah (40 Delegierte) gibt es keine kontinuierlichen Umfragen. Beobachter rechnen mit einem Cruz-Sieg mit gewissem Vorsprung vor Trump und Kasich. Ein solcher Ausgang würde die Ausgangslage wenig verändern. Trump führt derzeit mit 680 Delegierten klar vor Cruz (424 Delegierte) und muss nicht fürchten, dass ihn ein Konkurrent noch überholen kann. Es ist aber fraglich, ob Trump die 1237 Delegierten erreicht, die für die Nominierung auf dem Parteitag nötig sind. Dann könnte es zu einer Kampfabstimmung mit offenem Ausgang kommen.

"Washington Post": Ungeeignet für das Weiße Haus

Mit seinen Auftritten in der Hauptstadt am Montag wollte Trump sein Image aufpolieren: Mehr Staatsmann, weniger Rüpel. Doch er wird das Gossensprachen-Image, das er mit seinen beleidigenden Aussagen – teils unterhalb der Gürtellinie - über Rivalen und Minderheiten geschaffen hat, nicht ohne weiteres los. Das „Editorial Board“ (die Meinungsredaktion) der „Washington Post“ befand nach dem einstündigen Gespräch – Audio mit den vollen 63 Minuten eingebettet hier, bitte etwas nach unten scrollen -: „Leider hat uns sein Besuch keine Sicherheit vermittelt, dass er sich für die Präsidentschaft eignet.“ Trump behaupte zwar, dass er „kein Radikaler“ sei. Aber seine Aussagen „lassen keinen Zweifel, was für ein radikales Risiko die Nation einginge, wenn sie ihm das Weiße Haus anvertraut“.

In dem Gespräch nannte Trump erstmals Namen seiner außenpolitischen Berater: Keith Kellogg, Carter Page, George Papadopoulos, Walid Phares and Joseph E. Schmitz. Sie sind wenig bekannt und gelten als zweitklassig. Auf Rückfrage von Journalisten bekannten einige von ihnen, sie hätten zwar außenpolitische Analysen für Trumps Wahlkampfteam geschrieben, bisher aber keine Gelegenheit gehabt, mit Trump selbst zu sprechen.

Absage an die Nato, Europa soll mehr zahlen

Aufsehen erregen Trumps Äußerungen zur Nato: Die USA sollten sich fragen, welche Vorteile die Allianz für Amerika bringe; jedenfalls sollten die Verbündeten einen deutlich höheren Teil der Kosten tragen. Ähnliches sagt Trump über US-Partner in Asien, zum Beispiel Südkorea.

Sein Auftritt bei American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) wurde nicht ganz so kritisch bewertet. Doch Hillary Clinton erntete mit ihrer Rede vor der Jahresversammlung der Israel-Lobby deutlich mehr Applaus als Trump. Sie bekannte sich zu unverbrüchlicher Treue zu Israel. „Israels Sicherheit ist nicht verhandelbar." Unter Bezug auf Trumps Aussage, dass er einen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern vermitteln wolle, warf sie ihm vor, er sei unzuverlässig in seiner Haltung zum Nahostkonflikt: „Wir brauchen keinen Präsidenten, der am Montag sagt, er sei neutral, am Dienstag, dass er pro-Israel sei, und am Mittwoch wieder etwas anderes.“

Trump liest vom Teleprompter ab

Außenpolitik ist für Trump ungewohntes Terrain, das war schon an Äußerlichkeiten abzulesen. Sein Team verteilte ein Rede-Manuskript, was es sonst nicht tut. Und Trump las seine Rede vom Teleprompter ab, statt frei zu sprechen. Er bekräftigte, dass er den Atom-Deal mit Iran über die Aufsicht über dessen Nuklear-Anlagen rückgängig machen werde. „Hillary Clinton, die im Übrigen eine totale Katastrophe (als Außenpolitikerin) ist, und Präsident Obama haben Israel sehr, sehr schlecht behandelt.“ Er erinnerte daran, dass seine schwangere Tochter Ivanka mit einem orthodoxen Juden verheiratet und zum Judentum übergetreten ist. „Wir werden bald ein wunderschönes jüdisches Baby haben.“

Auf die Frage, ob sein Grundsatz, dass Amerikas Verbündete selbst für die Kosten ihrer militärischen Sicherheit aufkommen sollen, auch für Israel gelte, gab Trump widersprüchliche Antworten. „Oh, ich glaube, sie werden das eines Tages tun“, sagte er zunächst. Später korrigierte er sich: Israel sei ein besonderer Fall, auf den dieser Maßstab nicht anwendbar sei.

Die Pressekonferenz: Werbung für Trumps Hotel

Für die Pressekonferenz hatte er eine Kulisse gewählt, die seine ökonomischen und politischen Interessen verbindet: Ein neues Trump-Hotel mit der Adresse 1100 Pennsylvania Avenue, das im September eröffnet. Es ist nur fünf Straßenblocks vom Weißen Haus entfernt. Auch dieser Termin weckte phasenweise Zweifel an der Ernsthaftigkeit von Trumps Präsidentschaftsambitionen. Die ersten fünf Minuten widmete er einer unverhohlenen Reklame für das Hotel und seine luxuriösen Ausstattungsdetails bis hin zur Dicke der Marmor-Platten. Bei der Auswahl der Journalisten, die dann eine Frage stellen durften, fiel auf, dass er unverhohlen mit einer attraktiven Afroamerikanerin flirtete, die sich als freie Journalisten vorstellte, und ihr ein Bewerbungsgespräch anbot. Da die Publikation, für die diese Alicia Watkins angeblich schreibt, unbekannt und online nicht zu finden ist, äußerten andere Journalisten den Verdacht, es habe sich um eine von Trump bestellte Frage gehandelt. Watkins bestritt das aber gegenüber der „New York Times“.

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