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Unterwegs mit der Kamera. Die Bloggerin zeigt ihr neustes Outfit.

© Dennis Hemstedt

Berlin Fashion Week: Der Karneval der Blogger

Die Berlinerin Sarah Zimmermann bloggt in dieser Woche über die Fashion Week. Inmitten ihrer Blogger-Kollegen muss sie dabei oft an Karneval denken. Sie würde sich von den Designern mehr Kontrolle wünschen.

Und jetzt: einmal verträumt gucken! Sarah Zimmermann steht mit überkreuzten Beinen vor einer bunt besprühten Wand in Friedrichshain, neigt den Kopf ein wenig zur Seite und lächelt mit ihren Grübchen in Richtung Kamera. Klick, klick – das Foto ist gespeichert. Ob es aber später auf dem Blog der 27-Jährigen zu sehen sein wird, muss sie erst am Computer im Vollbildmodus überprüfen. Ihre Internetseite ist nämlich nicht nur ihre Visitenkarte, dort geht es auch um guten Geschmack und Stil.

Seit 2011 sucht die Berlinerin Tag für Tag Outfits zusammen, lässt sich darin fotografieren und postet die Bilder auf ihrem Blog „Sanzibell“. In dieser Woche ist sie allerdings nicht so sehr in ihrem Kiez, sondern auf der Berlin Fashion Week unterwegs. Akkreditiert hat sie sich für nichts, sie geht nur zu den Shows und Events, für die sie eine Einladung bekommen hat, zum Beispiel von Rebekka Ruétz und Minx.

Gern wäre Sarah Zimmermann auch zur Bread & Butter gegangen, doch bislang blieb ihr der Zutritt verwehrt. Von Pressevertretern wollen die Veranstalter unter anderem wissen, bei welchem Medium und in welcher Funktion sie arbeiten, und man muss mindestens einen aktuellen Artikel einreichen. Sarah Zimmermann findet das zwar schade, aber sie hat auch Verständnis dafür.

„Vielen Bloggern geht es bei der Fashion Week nur um die eigene Show. So wie sie gekleidet sind und posieren, muss ich immer an Karneval denken“, sagt sie. Ihrer Meinung nach müssten Designer viel strenger kontrollieren, ob die Gäste etwas über ihre Shows schreiben oder nur ein Selfie von sich in der ersten Reihe schießen.

In Berlin gelangen die Blogger noch leicht in die Shows

Während Blogger in Berlin noch leicht Zutritt zu den Veranstaltungen bekommen, hat Catherine Bennett, Veranstalterin der New Yorker Fashion Week, von der Selbstinszenierung genug. „Weil das Event für die Branche bestimmt ist, wird es mit kleinen Privatveranstaltungen, geänderten Vip-Räumen und einer besser ausgewählten Akkreditierungsliste für Medien wieder exklusiver werden“, sagt sie. Dadurch soll die Mode statt der Blogger zurück in den Mittelpunkt kommen.

Sarah Zimmermann fotografiert gerne die Laufstege – auch wenn ihre Leser lieber Bilder von ihr selbst sehen würden. „Normalerweise ist mein Blog sehr persönlich. Ich zeige, wo ich gerade bin, was ich tue und was ich trage. Bei einem solchen Event kann ich aber über die neusten Trends und Kollektionen schreiben.“ Ähnlich wie eine Fachjournalistin. Auch wenn sie keine werden möchte.

„Blogs haben Printmedien als Leitmedien im Bereich Mode abgelöst“

Bis November hat die Bloggerin Recht studiert, doch eigentlich möchte sie sich mit dem beschäftigen, was schon jetzt ihr Vollzeitjob ist. „Momentan verdiene ich mit meinem Faible zwar nur ein Taschengeld, aber in Zukunft würde ich gerne in einer Agentur arbeiten und für Labels und Blogs das Marketing und die Social-Media-Arbeit übernehmen“, erzählt sie. So wie Glam Media, ein US-amerikanisches Internetunternehmen, das 4000 Internetseiten und Blogs über Mode und Lifestyle miteinander vernetzt und vermarktet. Die Kriterien, die Blogs dabei erfüllen müssen: inhaltliche Qualität, Reichweite, passende Zielgruppe und Social-Media-Präsenz.

„Blogs haben etablierte, klassische Printmedien bereits als Leitmedien im Bereich Mode abgelöst“, meint die Glam-Vizepräsidentin Katja Dalhöfer. Zwischen den Schreibern und Lesern herrsche eine größere Nähe, und Blogger seien mit der Geschwindigkeit der neuen Medien vertrauter. Dazu kommt, dass immer mehr Unternehmen und Labels mit den Betreibern der Portale zusammenarbeiten. Wird ein Blog dabei gut vermarktet, kann er pro Jahr fünf- bis sechsstellige Gewinne erzielen.

Zu der Handvoll Bloggern, die so viel verdienen, gehört Sarah Zimmermann nicht. Für die Fashion Week hat sie letzte Woche eine Kamera von Siemens – und damit ihre erste Leihgabe – bekommen. Nach dem Trubel wird sie zu einer Show von Hunkemöller nach Amsterdam eingeladen, und auf ihrem Blog gibt es ein prominent platziertes Werbebanner von Zalando. Verwerflich findet die 27-Jährige diese Art von Geben und Nehmen nicht. Wäre sie eine Journalistin, dann schon.

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