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Michalsky heftet die Sedcards der ausgewählten Models an seine Pinnwand

© Thilo Rückeis

Besuch beim Modelcasting: Michalsky’s Next Topmodel

Der Designer, den seine TV-Auftritte deutschlandweit zum Star gemacht haben, beendet heute die Fashion Week mit seiner Schau.

Da stehen sie, drei junge Frauen in schwarzen Skinnyjeans, engen schwarzen Tops, mit Mappen und iPads in der Hand. Sie warten auf das Zeichen von Michael Michalsky, ihren Walk zu zeigen: „Ich sage jetzt eins-zwei-drei, dann lauft ihr.“ Noch mal Schultern zurück, und die drei staksen los. Vor den schwarzen Ledersesseln bleiben Saskia, Avalon und Priscilla stehen, machen eine Pose und das passende Schlauchgesicht. Das geht so: Backen einsaugen, Mund spitzen, Kinn runter. Michalsky und seine Mitarbeiterin wischen auf den iPads herum, darauf sind die schönsten Fotos der Kandidatinnen zu sehen. Die drehen sich jetzt um die eigene Achse, und zurück geht’s. Dann kommt das Urteil, „Bitte, Avalon, kommst du noch mal auf drei nach vorne? Nein, nicht du, Saskia!“ Michalsky schüttelt den Kopf.

Das ist keine Szene aus „Germany’s Next Topmodel“, an Michalskys Seite sitzen auch nicht Heidi Klum oder Thomas Hayo. Der Designer sucht bei einem Casting die passenden Models für seine eigene Schau, mit der er heute Abend die Berliner Fashion Week beendet.

Den Models scheint es egal zu sein, dass es nur um eine Show geht und nicht gleich um die TV-Karriere. Einige sind trotzdem spürbar aufgeregt. Vielleicht hoffen sie, dass es sie weiterbringt, wenn sie vor Michalskys Augen bestehen. Mehr als 200 stellen sich vor, um bei der Schau mitlaufen zu können, gebraucht werden am Ende noch nicht mal 30.

Hinter den Kulissen werden die Kleider mit Hochdruck passend gemacht
Hinter den Kulissen werden die Kleider mit Hochdruck passend gemacht

© Thilo Rückeis

Auch der Pressechefin ist aufgefallen, dass das Interesse an Michalskys Casting sehr groß ist. Mehr als 400 Frauen und Männer haben ihre Sedcards geschickt. Deshalb lässt Michael Michalsky auch drei Models auf einmal laufen. Er ist ganz der Profi, macht das routiniert und freundlich, ruft, wenn die Mädchen reinkommen: „Englisch or Deutsch?“ und erklärt dann, was zu tun ist. Nur wenige Augenblicke später entscheidet er sich für oder gegen ein Model. Die Ausgewählten dürfen sich fotografieren lassen. Das Polaroid steckt Michalsky an eine Pinnwand, schon nach einer halben Stunde ist eine beachtliche Galerie entstanden.

Und dann gibt es doch einen Germany’s-Next-Topmodel-Moment. Ein blondes Model bleibt stehen, nachdem es schon wegschickt wurde: „Erinnerst du dich an mich?“, fragt sie. Michalsky schaut sie einen Moment an: „Bist du die Mutter?“ Sie nickt. Michalsky erkundigt sich nach dem Kind, mit dem ist alles in Ordnung. In einer Folge von GNT hatte diese junge Frau erzählt, wie sie mit 18 Jahren ein Kind bekam, ohne dass sie etwas von ihrer Schwangerschaft bemerkte.

Aber jetzt muss das Casting weitergehen. Michalsky hat sichtlich Spaß daran. Auch weil er seit einigen Saisons keine normalen Kollektionen mehr entwirft, sondern Haute Couture. Die gibt es zwar eigentlich nur in Paris, aber der 50-Jährige findet, dass exklusive Kleidung, die der Trägerin auf den Leib geschneidert wird und den entsprechenden Preis hat, auch nach Berlin passt. „Wenn man erst einmal mit der Haute Couture anfängt, wird man süchtig und will nie wieder Ready-to-wear machen“, sagt er.

Erst, wenn der Chef es sagt, dürfen sich die Mädchen wieder rühren
Erst, wenn der Chef es sagt, dürfen sich die Mädchen wieder rühren

© Thilo Rückeis

Es ist seine dritte Haute-Couture-Saison, und er ist mit der Entwicklung zufrieden: „Am Anfang habe ich paar historische Zitate verarbeitet, aber jetzt ist es futuristischer, rasierklingenscharf.“ Er hat die „Michalsky-Pagodenschulter“ entwickelt. Die sei zu aufwendig und kompliziert, um sie in großen Stückzahlen anzufertigen.

Er holt ein schwarzes Korsett vom Bügel, es ist aus Kreppstoff und mit Stäbchen versteift: „Es sieht aus wie eine Skulptur. Ich finde, das passt, wenn man bedenkt, welche Rolle die Frau in unserer modernen Gesellschaft spielt. Das ist Schutz, soll bequem sein und ist gleichzeitig ein Angriffspanzer. Frauen müssen ja in vielen Bereichen noch kämpfen“, erklärt er.

Vor ihm warten die nächsten drei Mädchen geduldig auf ihren Auftritt, während Michalsky entspannt in seinem Ledersessel sitzt und ausführlich darlegt, was er von der Feminismusdebatte hält: „Ich glaube, dass es nie reicht, weil es immer noch Benachteiligungen von Frauen gibt.“ Er kann sich darüber aufregen, dass Frauen immer noch weniger verdienen als Männer.

Das Berliner Topmodel Franziska Knuppe muss sich nicht vorstellen, sie wird gleich eingekleidet
Das Berliner Topmodel Franziska Knuppe muss sich nicht vorstellen, sie wird gleich eingekleidet

© Thilo Rückeis

Dann kommt er noch mal auf „Germany’s Next Topmodel“ zu sprechen: „Ich finde auch, dass Heidi Klum eine Superfeministin ist. Sie ist eine sehr erfolgreiche Frau, die vier Kinder hat, aber trotzdem ihr Leben so lebt, wie sie das möchte. Die ist vollkommen selbstbestimmt.“ Ihm ist egal, dass er mit dieser Meinung Widerspruch hervorruft: „Die Diskussionen gibt es nur, weil sie als Model angefangen hat.“ Er sagt dann noch, dass er in Berlin alles cool findet und die Schwanengesänge über die Mode leid sei, dann dreht er sich um und die drei Mädchen dürfen endlich ihren Walk vorführen.

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