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Fashion Week: Der harte Kern

Nach der Modewoche im Januar ist klar: Etablierte Marken geben der Berliner Fashion Week inzwischen ein solides Fundament.

Es kommt immer darauf an, aus welchem Blickwinkel man auf die Berliner Fashion Week schaut. Sieht man die Modewoche als großes Ganzes, ist das Spektrum riesig, und eine Marke kann sich aussuchen, ob sie nur einen Messestand mietet, eine Modenschau veranstaltet oder vielleicht auch alles auf einmal macht. Eigentlich ist die Show nur ein Vehikel – natürlich sind die Designer auch darüber hinaus mit ihrer Kollektionen für die Einkäufer präsent, und viele von ihnen fahren danach auch noch in eine der alten Modemetropolen, aber ihren Mittelpunkt haben sie in Berlin gefunden.

Wenn man sich als Beispiel ausgerechnet Unrath & Strano und Kilian Kerner aussucht, um die Essenz der Fashion Week zu beschreiben, wie es ein großes Nachrichtenmagazin aus Hamburg gerade gemacht hat, tut man der Veranstaltung grob unrecht. Die einen waren nicht ohne Grund insolvent und der andere wird hier in Berlin immer noch eher für sein unermüdliches Versuchen und Dranbleiben als für seine herausragenden Entwürfe lieb gehabt.

Die beiden oben Genannten gehören nicht zum harten Kern. Der hat sich nach nun acht Saisons der Mercedes-Benz Fashion Week ganz klar herausgebildet und bestimmt die modische Strahlkraft.

Dazu gehört ohne Frage das Label Kaviar Gauche, das am Freitag am Bebelplatz eine feine Kollektion zeigte, mit der man sich nicht nur an Spree und Havel, sondern auch am linken und rechten Pariser Seineufer sehen lassen kann. Die beiden Designerinnen präsentierten diesmal keine Brautmode, sondern Straßentaugliches wie moderat weit geschnittene beigefarbene Hosen, dazu weiße Blusen und schwarze Jacketts. Besonders hübsch war ein mit blumiger Spitze belegtes Lackkleid mit einem hellbeigefarbenen ärmellosen Mantel.

Und da die Modenschauen in Berlin die frühesten in der Saison sind, die im März mit der Prêt-à-porter-Woche in Paris endet, kann man schon mal ein paar gesetzte Kleidungstücke für den nächsten Winter benennen: Dazu gehören lange Strickmäntel aus Mohair, die bei Kaviar Gauche weiß und elegant, bei Perret Schaad kokonartig und bei Michalsky in Schwarz und für Männer auftauchten, bodenlange Röcke wie bei Rena Lange und Escada sowie Lederhandschuhe aus Nappaleder, die bei fast allen Schauen zu sehen waren.

Beeindruckend war die Geschlossenheit der meisten Kollektionen, was bei einem produktverliebten Designer wie Michael Michalsky besonders auffiel. Der Berliner hatte ins Tempodrom zu einem bunten Abend geladen. Erst trat eine der Lieblingsbands seiner Jugend auf, dann ließ Michalsky seine Mode von als Aliens aufgemachten Models vorführen, danach gab es die Deutschlandpremiere eines Science-Fiction-Films. Nicht nur vom Ablauf war die Schau der Mittelpunkt des Abends. Michalskys Frauen- und Männerkleidung erreichte dieses Mal ein gleich hohes Niveau. Dazu gehörten gut geschnittene Anzüge, die Farbe Fuchsia mit silbernen Verläufen auf Dreiknopf-Jacketts und engen Kleidern, ein tief ausgeschnittener Overall aus einem graumetallisch schimmernden Technostoff. Aus dem gleichen Material gab es Parkas und Jacken für Männer.

Dass Kleidung von Designern wie Lena Hoschek und Marcel Ostertag und Marken wie Mongrels in Common, Rena Lange und Schumacher immer öfter in Modemagazinen abgebildet wird, liegt daran, dass sie in Berlin so präsent sind.

Dass ihre Mode trotzdem noch lange nicht überall verstanden wird, merkt man an den hämischen Kommentaren des Hamburger Magazins, das tatsächlich immer noch darauf wartet, dass Karl Lagerfeld sich zu Berlin bekennt, obwohl der doch vor mehr als einem halben Jahrhundert Paris eroberte und inzwischen einfach zu alt für einen Neuanfang ist.

Berlin ist Berlin und das kann man inzwischen auch modisch sehen.

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