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Schöne Show. Ehrlich und Versace.

© dpa

Fashion Week in Berlin - Giusy Versace: Mit Beinprothesen über den Laufsteg

Die Nichte des großen Modeschöpfers verlor bei einem Unfall beide Beine. Trotzdem läuft Versace bei der Fashion Week in Berlin über den Laufsteg.

Ein wenig Vorstellungskraft gehörte schon dazu. Während Sportalm gestern seine neue Herbst- und Wintermode im Kraftwerk präsentierte, zeigte das Thermometer draußen eher frühlingshafte 13 Grad an, nicht gerade die optimalen Bedingungen für gesteppte Daunenjacken im Metallic-Look, schicke Bommelmützen und klobige Moonboots. Dennoch dürfte die gut inszenierte Show einen bleibenden Eindruck beim Publikum hinterlassen haben. Als Giusy Versace zur Eröffnung in ihren stylischen, mit Dutzenden Swarovski-Kristallen besetzten Beinprothesen über den Laufsteg lief, gab es viel Beifall. Und die Botschaft: Diversität und Inklusion gehören auch in die Modewelt.

„Ich brauche keine Beine, um schön zu sein und ein erfülltes Leben zu führen“, sagt die Nichte des legendären Modeschöpfers Gianni Versace bei einem Gespräch im Vorfeld der Schau. Mit 28 Jahren verlor sie nach einem Autounfall beide Beine. „Heute habe ich zwölf Paar“, lacht sie. Und irgendwie klingt dieser Satz wie eine Ansage gegen klischeehafte Schönheitsideale, die in der Modebranche immer noch viel zu oft reproduziert werden.

Genau dieses Selbstbewusstsein bewunderte auch Ulli Ehrlich an der Italienerin. Kennengelernt haben sich die beiden Frauen 2018 in Wien bei der „Women of the Year“-Gala, wo Giusy Versace mit dem „Woman of Excellence“-Award ausgezeichnet wurde. „Ich war so beeindruckt von ihrer Geschichte und ihrem Engagement, dass ich sie unbedingt bei der Show dabeihaben wollte“, erzählt Ehrlich.

„Lebensfreude ist völlig unabhängig von Alter, Konfektionsgröße und Hautfarbe. Dieses Gefühl wollen wir mit unserer Marke transportieren“, sagt die Sportalm-Chefin, die das Familienunternehmen von ihrem Vater übernommen hat. Den Grundstein dafür legte 1953 Willi Kruetschnigg mit einer kleinen Stickerei in Kitzbühel. Später kamen Trachten- und Skimode dazu. 2004 lancierte Ulli Ehrlich als kreative Chefdesignerin sportive Damenkleidung.

„Diversität war für uns schon immer wichtig, lange bevor es ein Schlagwort wurde“, sagt Ehrlich. 1988 war Naomi Campbell erste farbige Coverfrau eines Vogue-Magazins*. [Korrekturhinweis: In der ersten Version wurde hier Sportalm-Magazin genannt.] Sportalm habe bereits vor dieser Zeit – damals noch in regulären Modekatalogen – mit farbigen Models gearbeitet. „Das tun wir immer wieder gern, auch wenn wir heute noch böse Briefe bekommen“, erzählt Ehrlich. Besonders schlimm sei es, wenn man People of Color ein Dirndl tragen lasse, sagt sie.

Um ein Zeichen für mehr Toleranz zu setzen, schickte Sportalm deshalb nicht nur Models mit Afro-Haaren über den Laufsteg. Für Aufsehen sorgten auch vier schwarze Tänzerinnen aus Wien, die statt „Size Zero“-Kleidergröße weibliche Kurven zeigten. Schließlich habe Sportalm schon immer bis Konfektionsgröße 50 Kleidung produziert, betont Ehrlich. Lebensfroh scheint das wichtigste Prädikat der neuen Kollektion zu sein. Auch wenn es im Vergleich zum Vorjahr wenig wirklich Neues zu sehen gab, ist der Spagat zwischen sportiv und feminin gelungen und die Erwartungen der klassischen Sportalm-Kundin wurden definitiv erfüllt.

Für Sportalm wird Nachhaltigkeit immer wichtiger

Dabei wurde vor allem eines klar: Das ist nichts für graue Mäuschen. Neben Animal-Prints gab es auf dem Catwalk plakative Looks in knalligen Farben zu sehen. Dennoch unterstreicht Ehrlich die Bodenständigkeit des Labels. „Wir kommen aus Kitzbühel und die Heimatstadt ist all das, wofür wir stehen. Es ist natürlich die Sportstadt der Alpen, gleichzeitig aber auch sehr glamourös und international“, sagt sie.

Ein wichtiges Thema, an dem die Sportalm-Chefin in Zukunft noch stärker arbeiten will, ist die Nachhaltigkeit. In vielen Aspekten sei man zwar schon ziemlich weit vorne, zum Beispiel mit dem eigenen Produktionsbetrieb in Bulgarien. „Wir sind aber ein gutes Stückchen davon entfernt, ganz ökologisch zu sein“, sagt Ehrlich.

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