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Frauen & Männer: Pack die Khaki-Hose ein

Hauptsache viel nackte Haut –  und der Rest wird bedeckt mit Jeans, aufgekrempelten Shorts oder Militärjacken. Was der Sommer 2010 so alles bringt

VENICE BEACH

Diesen Sommer kann alles aus dem Schrank gekramt werden, was aus Jeansstoff ist. Hosen, Hemden, Röcke, Hüte oder Taschen – und am besten trägt man gleich alles zusammen, vor allem wiederbelebte Klassiker wie den Jeansblazer aus den 70ern.

WAIKIKI

Die Amerikaner besitzen schon seit Jahrzehnten eine Jogginghose für jede Lebenslage. Dieses Jahr feiert die Jogginghose den weltweiten Durchbruch – zur „Sportswear“ gehören Schlabberhosen mit glitzer-transparenten, bauchfreien Pullöverchen und hohen Schuhen. Wer das trägt, wirkt wie die Kreuzung aus texanischen Shoppingmallmädchen und einer Harvard-Studentin, die sich unprätentiös geben will.

HEILIGENDAMM

Gott sei Dank dürfen wir uns nun vorerst vom Powerlook der 80er verabschieden. Dafür folgt nun der romantische Stil mit verspielten Schnitten und Prints, es gibt Blumenkleidchen mit zarter Spitzenbordüre und Volants. Rosen, Stiefmütterchen und Klatschmohn im Multiprint, mit Neckholder, Spaghettiträgern oder kleinen Puffärmelchen. Und trotzdem wirkt man damit nicht wie ein verträumtes Mauerblümchen, sondern wie eine selbstbewusste Frau, die in Zeiten von Internetdating nicht den Glauben an die große Liebe verloren hat. Dazu volle rote Lippen, ein Paar halsbrecherische High Heels mit Nylonsöckchen – die Verwirrung ist perfekt.

PLATJA DE PALMA

Keinen Trenchcoat zu besitzen kommt inzwischen einer Sünde gleich. Es ist das Kleidungsstück des Jahrhunderts und hat die englische Marke Burberry, die behauptet, das legendäre Stück erfunden zu haben, zur Legende gemacht. Dior und Celine trauen sich nun mutige Nachahmungen zu. Burberry bietet den Mantel in neuem Gewand – als fliederfarbenes Minikleid aus Seide, mit in Falten gelegten Puffärmeln oder drapiertem Rocksaum. Nie zu vergessen: der obligatorische Taillengürtel. Sehr damenhaft und ausgehtauglich.

KHO PHI PHI

Der Winter war heiß – weil zarte Spitzen-BHs unter Blazern und Blusen hervorblitzten. Auch in der warmen Jahreszeit bleibt der Lingerielook und besticht nun vor allem durch Korsetts, die bei Dolce & Gabbana etwa zu schwarzen, vollständig durchsichtigen Spitzenröckchen getragen werden, bei Bottega Veneta dagegen ganz in Weiß zur pludrigen Caprihose. Alexander Wang zeigt zu unschuldigen Kniestrümpfen einen knappen weißen Body, kombiniert mit einem taillenkurzen Pullover. Hauptsache nackte Haut!

MALIBU

Ein scheinbar notwendiges Kleidungsstück sind in diesem Sommer die Shorts in aufgerollter Form. So gerollt, dass sie kurz unter dem Schritt enden, außerdem in der Taille etwas höher geschnitten und mit einem Gürtel zusammengehalten, dazu trägt man am besten ein leichtes T-Shirt und Kurzblazer und an den Füßen lässige Stiefel mit heruntergelassenem Schaft. Um ganz ehrlich zu sein: Diese modische Erscheinung ist nur etwas für top trainierte Beine.

VARADERO

Ja, der Soldatenlook ist wieder da! Mehr noch: Diesen Sommer gibt es das volle Uniformprogramm. Es ist der Trend für Amazonen und Kriegerinnen, denen es lange danach gelüstete, ihre Kampfeslust zu zeigen. Eine enge olivfarbene Militärhose mit vielen Taschen darf deshalb ebenso wenig fehlen wie eine militärisch angehauchte Jacke. Die Elemente aus der Kaserne tauchten in sehr unterschiedlicher Weise auf: ausgestellte und mit Ketten verzierte Schultern bei Balmain, mehrreihig angebrachte Messingknöpfe, der obligatorische Stehkragen oder große, geknöpfte Brusttaschen bei Marc Jacobs. Letztlich ist aber die Farbgebung aus Khaki und Grün ausschlaggebend. Um nicht mit einer Feldjägerin verwechselt zu werden, sollten die Einzelstücke mit artfremden Dingen kombiniert werden. Zum Beispiel mit Pumps aus Leopardenfell, mit Glitzertops oder Miniröcken aus Leder.

CÔTE D’AZUR

Die weiße Bluse gehört neben einer gut geschnittenen Jeans, einem Trenchcoat, einem Blazer und zeitlosen Schuhen zu den Klassikern, die in jedem Schrank einer gut gekleideten Frau zu finden sein sollten. Eine weiße Bluse passt immer und zu allem, hat schon die Großmutter gesagt. Ob mit Kurzarm, Langarm, leicht offen oder bis zum Anschlag geknöpft. Es sollte nur beachtet werden, dass sie schlicht und tailliert geschnitten ist, ohne viel Klimbim, denn das Weiß will durch Reinheit glänzen. Dazu kann die ganze Wildheit und Experimentierfreude, die in einem steckt, ausgelebt werden: Die Bluse gleicht jeden Kleidungs-Wahnsinn so galant aus, dass er für das Auge erträglich bleibt.

ST. PETER-ORDING

Abgesehen von den wilden Prints, die diese Frühjahr/Sommer-Saison bestimmen, ist farblich vieles neutral und harmonisch gehalten. Nude, Beige, Khakitöne und Weiß dominieren. Laszive Spitzenoberteile in Creme zu kamelfarbenen Chinohosen wie bei Stella McCartney. Sandfarbene Anzüge zu Jesussandalen wie bei Chloé oder bodenlange Stretchkleider in Offwhite, die das Bein umspielen wie bei Akris. Diesen Sommer geht es nicht darum, durch Knalligkeit zu punkten, sondern durch Understatement. Eine spannende, teils asymmetrische Schnittführung sorgt dafür, dass es nicht langweilig wird.

BONDI BEACH

Wer glaubt, Berlin liege am Meer und der Bundespressestrand sei das Gleiche wie der Bondi Beach in Sydney, darf weiter träumen. Denn der Surfertrend bringt leichte Flatterkleidchen mit Batikoptik von Louis Vuitton und Proenza Schouler. Und Neopren-Radlerhosen unter zerrissenen Jeansshorts von Topshop. Dazu die Haare wirr zusammengebunden, so als würde der Sand noch in ihnen kleben.

MIAMI BEACH

Um Grazie und Anmut geht es in dieser Saison nicht unbedingt. Die Schuhmode zum Beispiel wird klobig und klumpfüßig: leichte Holzclogs mit Absatz von Louis Vuitton, die sehr an Frau Antje aus der Käsewerbung erinnern. Ansonsten sind Plateauschuhe, Fesselriemen und Knopfnieten unumgänglich. Prada und Michael Kors präsentieren Schuhe wie aus dem Weltall, vollständig in durchsichtigem Plastik. Dsquared treiben es auf die Spitze – mit geschnürten Klarsichtplastikstiefeln, die nur von Stripperinnen oder Go-go-Tänzerinnen inspiriert worden sein können.

COPACABANA

Bei Taschen und Schmuck ist Karneval angesagt. Bestes Beispiel ist die goldene Nashornumhängetasche von Giles oder das durchsichtige Miniaturköfferchen aus Hartplastik von Fendi. Prada und Loewe setzen bei ihren Minihandtaschen weiterhin auf Klarsichtplastik in Verbindung mit Leder oder Baumwolle und verausgaben sich mit Edelstein-Verzierungen.

Der Schmuck ist groß und wuchtig, beschränkt sich aber vornehmlich auf überdimensionale Armreifen. Schwer beladene Handgelenke in Orange und Weiß gibt es bei Jean Paul Gaultier, wilde Konstruktionen aus hunderten goldenen Metallstäbchen bietet Roland Mouret, aber Vorsicht: Die Widerhaken haben Zerstörungspotenzial. Ein wenig Mädchenhaftigkeit zwischen all der Klarheit und Strenge zaubern die bunten Haarschleifen von Luella oder Marc Jacobs.

Ob Surfergirl, Pseudo-Soldatin oder romantisches Blumenmädchen – in diesem Sommer darf man gleich mehrere Rollen spielen. Für die multiple Persönlichkeit der Frau eine sehr dankbare Aufgabe.

Jemima Gnacke

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