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David Fischer ist Gründer des digitalen Streetwear-Magazins Highsnobiety.

© Highsnobiety

Interview mit David Fischer von Highsnobiety: „Das kannst du nur live erleben“

David Fischer von „Highsnobiety“ plädiert dafür, dass Geschäfte das anbieten, was man nicht digital erleben kann: Beratung, Erlebnis und Wissensvermittlung.

Highsnobiety“ ist eine digitale Plattform, auf der es um alle Spielarten der Streetwear und Männermode geht. Vor gut 15 Jahren von David Fischer gegründet, ist das Magazin international hoch angesehen. Jetzt trägt Fischer mit dem Format „Berlin, Berlin“ zum ersten Mal etwas zur Fashion Week bei.

Lässt es Sie als Mann des Digitalen kalt, was gerade mit den Geschäften in den Städten passiert?

Überhaupt nicht. Ich bin ein richtiger Einzelhandelsfan! Gerade Mode kann man nicht nur digital erleben. Für mich geht nichts darüber, in einen tollen Laden zu gehen und dort Mode zu erleben, anzufassen und anzuprobieren.

Wir brauchen also auch in Zukunft Läden?
Nur, wenn da ein Topverkäufer drinsteht, der nach ein paar Minuten erkennt, was du magst und was für ein Typ du bist und dir dann tolle Sachen zeigt, die du sonst nicht finden würdest. Effizienter als online einzukaufen geht ja nicht.

Es geht um den Überraschungseffekt?
Ich gehe in Berlin gern zu Harveys am Kurfürstendamm. Das kannst du nur live erleben! Wenn der Inhaber dir eine Hose von Yohji Yamamoto raussucht, dir zeigt, wie die genäht wurde. Solche Mode kannst du digital gar nicht verkaufen. Eigentlich müsste Harveys dafür bezahlt werden, wenn ich bei ihm einen Blazer von Issey Miyake anprobiere und ihn dann im Internet bestelle. Denn den hätte ich bestimmt nicht bestellt, wenn ich ihn nicht live anprobiert hätte.

Das Berliner Label Beinghunted ließ hundert Berlinerinnen und Berliner überall in der Stadt fotografieren, wie hier Joy Denalane.
Das Berliner Label Beinghunted ließ hundert Berlinerinnen und Berliner überall in der Stadt fotografieren, wie hier Joy Denalane.

© Julia Schoierer

Es braucht also ein anderes Geschäftsmodell?
Ja, das muss man sich genau anschauen: Für was werden Einzelhändler bezahlt? Das hat Nike extrem früh erkannt. Um Turnschuhe zu verkaufen, brauchen sie niemanden, die haben coole Produkte, die extrem gefragt sind. Aber sie brauchen weiterhin die Verbindung zur lokalen Community und Läden wie Civilist, der sie mit der Skaterszene in Berlin in Verbindung bringt. Und sie brauchen den Voo-Store für den Kontakt zur Modeszene.

Es geht um Vergewisserung, dass man den Schuh mit der richtigen Aussage kauft?
Und darum zu wissen, wie man den Schuh stylt. Im Voo-Store haben sie mir gesagt, welcher Schuh mit der plissierten Hose von Issey Miyake bombastisch aussieht. Deshalb wird es Einzelhändler immer geben. Aber einfach die Tür aufmachen, Produkte auf die Stange hängen, das kann man vergessen. Es geht um Kommunikation, Erlebnis, Wissensvermittlung.

Müssten Kunden für die Beratung bezahlen?
Man muss in beide Richtungen denken. Eigentlich müsste auch Yohji Yamamoto für diese Beratungsleistung bezahlen. Harveys hat drei Hosen, daran verdient Yamamoto vielleicht 1000 Euro. Es wäre cool, wenn Harveys fünf Euro davon bekommt. Im Internet gibt es das ja. Wenn du auf highsnobiety.com gehst und wir dir ein Produkt empfehlen und das mit nike.com verlinken und du kaufst den Schuh, kann es gut sein, dass wir fünf Prozent von Nike bekommen, weil wir den Kunden gebracht haben.

Für den Einzelhandel ist der Aufwand größer.
Es gibt noch viele andere Möglichkeiten. Für eine Marke wäre es interessant zu wissen: Wie lange stand diese Frau im Laden von Andreas Murkudis vor unserem Kleid? Zu welcher Taschenfarbe greifen die Kunden am meisten? Dafür könnte Murkudis bezahlt werden.

Braucht man noch klassische Modenschauen?
Wenn man sich die klassische Fashion Week anschaut, lohnt sich das Investment nur noch für die größten Marken, weil da sehr viel Influencer, Stars, Presse, und Einkäufer in den Schauen sitzen. Aber wenn du diesen Effekt nicht generierst, ist es einfach nur Verschwendung.

Glauben Sie, dass es in Zukunft alternative Formate geben wird?
Bei vielen ist die Message angekommen, dass es auch ohne geht. Als Marke bist du in einem Hamsterrad und funktionierst nach der Formel für die letzten Jahrzehnte. Jetzt sind alle Läden dicht, Printanzeigen werden eingestampft, Modenschauen fallen aus, und auf einmal merken die Unternehmen, dass sie trotzdem wachsen und profitabel sind, weil sie nicht mehr so hohe Werbeausgaben hatten.

Bisher haben Sie nie bei der Fashion Week mitgemacht. Warum jetzt?
Wir sind sehr international ausgerichtet und haben nie viel in Deutschland gemacht. Vor ein paar Monaten hatten wir Gespräche zur Fashion Week mit dem Senat. Mit „Berlin,Berlin“ wollen wir Berliner Marken eine internationale Bühne geben. Es gibt digitale Inhalte, eine globale Posterkampagne und virtuelle Kunst, die man in der Stadt erleben kann. Es würde mich freuen, wenn das der Startschuss ist und wir das Thema Fashion Week noch mal neu denken können.

Auch weil die Berliner Messen in Frankfurt eine neue Fashion Week machen?
Wir müssen uns keine Gedanken machen über Showrooms und Messen. Das wird es in Zukunft alles in Frankfurt geben. Wir können uns jetzt überlegen, was unsere perfekte Fashion Week wäre.

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