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Die Tasche ist ein Klassiker bei Bottega Veneta. Für die Herbst/Winter-Saison ist sie mit einem Medaillon aus Porzellan eingefasst.

© promo

Gesellschaft: Mit der Hände Arbeit

Bottega Veneta hat für die Berliner Porzellanmanufaktur KPM eine luxuriöse Jubiläumskollektion entworfen – und feiert damit das Handwerk.

Die Kartoffel liegt in Woltmanns Büro. Sie hat Dellen und dunkle Stellen. Neulich hat er sie seiner Frau untergeschmuggelt, um zu testen, wie echt sie aussieht. Die Knolle ist aus Porzellan, und mit ihr feiert die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM) ihr 250-jähriges Bestehen. Die Kartoffel hat den Test bestanden, um ein Haar wäre sie im Kochtopf gelandet. KPM ist eines der ältesten Unternehmen Berlins, 1763 wurde es von Friedrich dem Großen gegründet – einem Liebhaber von Porzellan und Kartoffeln.

Viel schöner ist es ja, wenn die richtige Geburtstagssause von jemandem anderen ausgerichtet wird. Im Falle von KPM ist das Bottega Veneta. Da wird KPM-Inhaber Jörg Woltmann fast ein wenig rührselig, so sehr freut er sich darüber, dass sich eines der bedeutendsten Luxusunternehmen der Welt eine eigene kleine Kollektion zu Ehren von KPM ausgedacht hat. Dazu gehört die „Knot“, eine Tasche mit Metallspange, die aussieht wie eine kleine Box und mit dem typischen Bottega-Veneta-Flechtmuster überzogen ist.

Sie ist ein Klassiker bei Bottega Veneta. Von KPM kommt in dieser Saison das Porzellanmedaillon, das in der Mitte der Tasche eingelassen ist und mit von Hand geschnittenen Engeln verziert wurde. Dazu kommen noch Ringe, Ketten sowie Armbänder und -reifen.

Tomas Maier hat eine Schule für Lederverarbeitung gegründet

Verantwortlich für Bottega Veneta ist Tomas Maier. Der 55-Jährige ist einer der wichtigsten Designer aus Deutschland – und das in aller Heimlichkeit. Wo Karl Lagerfeld rumpelt und chargiert, poliert und verfeinert Maier. Der gebürtige Pforzheimer hat als Kreativdirektor dafür gesorgt, dass in den vergangenen 13 Jahren aus einem angeschlagenen italienischen Unternehmen mit verblasstem Glanz ein erfolgreicher Hersteller von Luxuswaren mit zweistelligen Wachstumsraten geworden ist.

Das könnte daran liegen, dass Tomas Maier geradezu ein Fetischist der Handarbeit ist. Auf der Website von Bottega Veneta gibt es das Video „Hände eines Handwerkers“. Vier Minuten lang sieht man Hände in Nahaufnahme. Sie nähen, falten, schmirgeln, biegen, flechten, malen, formen, schneiden, bis die Taschen, Kleider, Ketten, Schuhe und Porzellanteller fertig sind. 2006 hat Tomas Maier in Florenz die „Scuola della Pelletteria“ gegründet, damit die Kunst der Lederverarbeitung an die nächsten Generationen weitergegeben wird. Für alles andere sucht er sich Spezialisten.

Immer wieder fährt Maier, der in Florida lebt und in New York arbeitet, nach Deutschland und besucht dort Werkstätten, 2008 die der Königlichen Porzellan-Manufaktur in Berlin. Gerade zwei Jahre war es da her, dass das Land eines seiner ältesten Unternehmen nicht mehr weiterführen wollte, es stand kurz vor der Schließung. Der Privatbankier Woltmann kaufte es und konzentriert sich seither darauf, den Unterschied deutlich zu machen zwischen KPM und dem Rest der Porzellanhersteller. Der liegt auch hier an den Händen: Sie schneiden die Porzellanmasse, formen das Geschirr, bemalen es und unterschreiben ganz am Schluss auf der Unterseite.

„Was die machen, ist Magie“, befand Maier. Die wollte er auch für seine Firma nutzen. Seit seinem Besuch in Berlin wird das Service „Urbino“ für Bottega Veneta mit einem Flechtmuster bemalt. „Es hat lange gedauert, bis unsere Mitarbeiter das malen konnten. Aber wir gehören zu den Besten“, sagt Woltmann.

Ein Unternehmen wie KPM gehört in die Hände des Staates

Tomas Maier verkauft in seinen eigenen Läden in Miami und Palm Beach neben eigener Bademode auch Geschirr von KPM. „Er ist ja ein absoluter Verfechter der Tischkultur und der Manufakturen.“ Und da ist Jörg Woltmann bei seinem wichtigsten Thema angelangt: „Es gibt Geld für alles Mögliche, aber der Erhalt der Manufakturen wird zu wenig berücksichtigt.“ Das seien deutsche Kulturgüter. „Wir haben 250 Jahre Geschichte zu verwalten. Dafür gibt es eigentlich Museen, aber hier wird es von einer Privatperson gemacht – nämlich von mir.“ Eigentlich, findet Woltmann, gehört so ein Unternehmen wie KPM in die Hände des Staates: „Aber die befassen sich nicht mehr damit, vielleicht haben sie nicht mehr die Sensibilität dafür. Meine Meinung ist: Wenn der Staat nicht mehr will, sind Bürger gefordert, das Erbe fortzusetzen.“

Vor anderthalb Jahren hat Jörg Woltmann Tomas Maier in Palm Beach wiedergetroffen. Da kam auch das Thema 250 Jahre KPM auf. „Ich war so positiv überrascht, dass sie eine Jubiläumskollektion planen. Es war ja nicht unsere Initiative. Wir machen keinen Schmuck wie Meissen.“ Woltmann geht es um Konzentration: „Wir müssen nicht jedes Jahr ein neues Service herausbringen. Wir sind kein Modelabel. Mode bedeutet, immer etwas Neues zu machen, wir machen Dinge für Generationen.“ Das bestverkaufte Service von KPM ist „Kurland“, das um 1790 für den Herzog von Kurland entworfen wurde.

Bei KPM hat man das Gefühl, dass die Vergangenheit lebendig gehalten wird – da ist kein Gang in verstaubte Archive nötig, aus denen etwas hervorgekramt wird. „Wir schwelgen nicht in der Vergangenheit. Meissen macht jetzt ein neues Service, an das Bauhaus angelehnt. Das haben wir vor achtzig Jahren gemacht, als es aktuell war.“

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