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Mode: Heidi Klums "Making the Cut": Esther Perbandt - "Ohne diese Show würde es mir schlecht gehen"

Esther Perbandt ist die einzige Deutsche bei Heidi Klums Designer-Sendung. Im Interview erzählt sie über ihre Erlebnisse in der Casting Show.

Esther Perbandt hat in Berlin treue Fans, die ihre Kleidungsstücke sammeln wie andere Kunst. Seit diesem Donnerstag könnte ihre Fangemeinde sehr viel internationaler werden: Die Designerin ist Kandidatin der von Amazon produzierten Castingshow „Making the Cut“. Heidi Klum führt von Amerika aus durch ein Programm, in dem sie nicht das schönste Model, sondern den besten Designer finden soll. Dafür lässt sie zwölf Designerinnen und Designer aus fünf Ländern gegeneinander antreten, unter ihnen Esther Perbandt. Vor einem Jahr bekam sie eine E-Mail, ob sie nicht Lust hätte, bei Heidi Klums Sendung mitzumachen. Dafür verließ sie für mehrere Monate Berlin und tauschte ihren Alltag gegen Drehtage in New York, Paris und Tokyo. Vor laufender Kamera entwarf sie im Rekordtempo Haute-Couture-Kleider und ließ sich von Jurymitgliedern wie dem Model Naomi Campell bewerten. Warum es eine gute Entscheidung war, bei einer Castingshow mitzumachen, erzählt sie hier.

Wie erleben Sie die Situation gerade?
Ich war die letzten zwei Wochen zwölf Stunden täglich im Atelier. Ich bin super gern allein. Die Wucht, mit der es jetzt gerade andere trifft, spüre ich nicht. Ich lese viele Berichte von Trendforschern, die haben schon vorher gesagt: Es wird alles anders. Deshalb beobachte ich mit viel Spannung, was gerade passiert.

Haben Sie viel zu tun?
Dass ich hier so lange sitze, hat natürlich mit der Show zu tun. Der Laden ist zu, ich hätte jetzt keine Aufträge. Ich habe die letzten sechs Monate nichts anderes gemacht, als mich darauf vorzubereiten, dass die Show losgeht. Und alles dafür getan, dass ich digital gut aufgestellt bin. Es kommt jetzt Aufmerksamkeit aus der ganzen Welt.

Was machen Sie genau?
Ich muss jetzt bei Instagram rausballern, das fällt mir nicht leicht. Und ich habe eine neue Website, einen neuen Webshop. Dort habe ich den T-Shirt-, und Schmuckbereich ausgebaut, was man halt online auf die Schnelle kauft. Auch die Suche im Internet habe ich optimiert. Wir haben es geschafft, dass mein Name als Erstes auftaucht, wenn man „Making the Cut Allstars“ eingibt.

Warum haben Sie mitgemacht?
Für mich war es Glück im Unglück. Ohne diese Show würde es mir jetzt wahrscheinlich auch richtig schlecht gehen. Meine erste Reaktion war: Das mache ich nicht, ich bin doch nicht kommerziell. Dann habe ich es sacken lassen und dachte: Was habe ich zu verlieren? Seit einem Jahr habe ich keine Großkunden. Ich hatte keine Lust mehr, in Paris auf einer Messe zu stehen und zu hoffen, dass ein Händler vorbeikommt.

Was war Ihre Alternative?
Ich habe mich aus dem Zyklus herausgezogen. Es muss nicht zweimal im Jahr etwas komplett Neues sein. Meine Entwürfe sind schwarz und zeitlos, die Kunden kommen rein und wollen die Hosen, die sie vor drei Jahren gekauft haben. In den Schnitten und Details steckt so viel Arbeit, da wäre es schlimm, alles nach zwei Monaten in den Sale zu packen, nur weil die anderen Händler das tun. Ich habe seit anderthalb Jahren nichts mehr im Sale gehabt. Und es funktioniert.

"Ich dachte: keine Familie, keine Kinder, warum eigentlich nicht?"

Sie haben also alles runtergefahren?
Ich mache jede Saison neue Sachen, aber nicht mehr 40 Looks, das ist für mich total unwirtschaftlich und ungesund. Und ich merke: Ich verkaufe vielleicht ein bisschen weniger, aber dafür zu einem viel höheren Preis.

Waren Sie reif für eine Castingshow?
Ich dachte: keine Familie, keine Kinder, warum eigentlich nicht? Ich muss mich ja auch neu präsentieren. Der Markt verändert sich so sehr, wenn ich mit 80 Jahren noch mein Label führen will, muss ich gucken, wie sich die Welt verändert. Und das ist doch das Geilste: Ich gehe zu einem Riesen wie Amazon, wo alles konträr zu mir ist, und schaue, wie er das macht. Ich fühlte mich wie Alexander von Humboldt auf Forschungsreise.

Wie war es, im Wettbewerb zu anderen Designern zu stehen?
Ich hatte mehr Konkurrenzkampf erwartet und war überrascht, wie toll und hilfsbereit die Gruppe war. In den ersten zwei Episoden bin ich nur gerannt, ich habe nichts gegessen und getrunken. Vor der Situation hatte ich richtig Angst, ich habe 15 Jahre nicht mehr genäht und keine Schnitte mehr gemacht.

Mussten Sie alles selber machen?
Man musste vorher ankreuzen, ob man zeichnen, Schnitte machen und nähen kann. Ich habe Zeichnen angekreuzt, das geht schon.

Davon merkt man in der Show aber nichts.
Ich habe ja 15 Jahre draufgeguckt und diskutiere viel mit meiner Schnittmacherin. Aber was bei mir im Laden hängt, das könnte ich nicht nähen. Alles selber zu machen, ist ja auch nicht die Aufgabe von Designern. Aber in der Show musstest du das. Deshalb habe ich so geschwitzt.

Was hat Ihnen Kraft gegeben?
Ich kenne meine Handschrift, und die wollte ich der Welt zeigen. Als ich wusste, ich mache das, habe ich aufgehört, Alkohol zu trinken. Ich war immer fit. Ein schlechter Tag und du bist raus.

Hatten Sie auch Spaß?
Ich habe es sehr genossen, ein Haute-Couture-Kleid zu nähen. Da habe ich einfach rumprobiert und Pailletten und Tüll gekauft. Das war, als schickt man mich zurück auf den Spielplatz. Es war toll zu sehen, was aus einer Esther rauskommt, wenn sie nicht die ganze Zeit gucken muss, ob es verkäuflich und tragbar ist.

Was passierte nach den Dreharbeiten?
Als ich nach Hause kam, habe ich erst einmal Rolf Heimann von der Hess-Natur-Stiftung angerufen, das ist eine Initiative für Nachhaltigkeit. Wir haben das letzte halbe Jahr daran gearbeitet, meine Richtlinien für Nachhaltigkeit aufzustellen. Die haben sich genau angeschaut, welche Stoffe ich verwende, wie ich produziere und kommuniziere, es geht vor allem um Transparenz. Ich bin so dankbar, dass alle Schritte, die mich so viel Mut gekostet haben, genau die richtigen waren.

„Making the Cut“ läuft seit dem 27.3. auf Amazon Prime.

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